Rechts der Natur (intimaque juris naturae pene- tralia, wie er in der Vorrede (p.4.) schreibt,) führen wolle. Er fordert alle Gelehrten auf, das, was er ge- schrieben, zu überlegen, und ihre Gedancken darüber zu eröfnen, damit man endlich zu einer Gewißheit ge- lange, und viele, sonst unsterbliche, Streitigkeiten ihre Endschaft erreichen möchten. Wer dieses lieset, der dencket, der Hr. Prof. Manzel wolle diejenige Wissen- schaft, die wir insgemein das Recht der Natur nen- nen, auf einen andern Fuß setzen, und zu einer grössern Gewißheit bringen: Denn diese Wissenschaft muß es unstreitig seyn, über deren Verwirrung er in der Vor- rede klagt: Weil, ehe seine primae lineae Juris naturae vere talis zum Vorschein gekommen sind, niemand an sein Jus Naturae vere tale gedacht hat. Allein der Aus- gang giebt es, daß dis dem Hr. Prof. niemahlen in den Sinn gekommen sey. Er gedencket des Juris Naturae, womit wir uns bißher beholfen haben, in seiner gan- tzen Schrift kaum zweymahl, und sagt nichts mehr von demselben, als, daß es nicht das rechte Jus Natu- rae sey. Er bessert und bauet also nicht; sondern er reis- set nieder. Er verwirft unser altes Jus Naturae, und bringt ein gantz neues zum Vorschein: Doch will er nicht, daß wir uns nach demselben richten sollen: Er er- laubt uns bey dem alten zu bleiben: Nur meint er, man müsse es nicht ein Recht der Natur; sondern ein natür- liches Recht nennen. Eine wichtige Anmerckung, die wohl wehrt ist, daß die gantze Schaar der Gelehrten derselben weiter nachsinne!
Ew. Hochwohlgeb. sehen aus diesem allem, daß der Hr. Prof. Manzel durch seine Dissertation nicht das geringste zur Verbesserung derjenigen Wissenschaft,
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Rechts der Natur (intimaque juris naturæ pene- tralia, wie er in der Vorrede (p.4.) ſchreibt,) fuͤhren wolle. Er fordert alle Gelehrten auf, das, was er ge- ſchrieben, zu uͤberlegen, und ihre Gedancken daruͤber zu eroͤfnen, damit man endlich zu einer Gewißheit ge- lange, und viele, ſonſt unſterbliche, Streitigkeiten ihre Endſchaft erreichen moͤchten. Wer dieſes lieſet, der dencket, der Hr. Prof. Manzel wolle diejenige Wiſſen- ſchaft, die wir insgemein das Recht der Natur nen- nen, auf einen andern Fuß ſetzen, und zu einer groͤſſern Gewißheit bringen: Denn dieſe Wiſſenſchaft muß es unſtreitig ſeyn, uͤber deren Verwirrung er in der Vor- rede klagt: Weil, ehe ſeine primæ lineæ Juris naturæ verè talis zum Vorſchein gekom̃en ſind, niemand an ſein Jus Naturæ vere tale gedacht hat. Allein der Aus- gang giebt es, daß dis dem Hr. Prof. niemahlen in den Sinn gekommen ſey. Er gedencket des Juris Naturæ, womit wir uns bißher beholfen haben, in ſeiner gan- tzen Schrift kaum zweymahl, und ſagt nichts mehr von demſelben, als, daß es nicht das rechte Jus Natu- ræ ſey. Er beſſert und bauet alſo nicht; ſondern er reiſ- ſet nieder. Er verwirft unſer altes Jus Naturæ, und bringt ein gantz neues zum Vorſchein: Doch will er nicht, daß wir uns nach demſelben richten ſollen: Er er- laubt uns bey dem alten zu bleiben: Nur meint eꝛ, man muͤſſe es nicht ein Recht der Natur; ſondern ein natuͤr- liches Recht nennen. Eine wichtige Anmerckung, die wohl wehrt iſt, daß die gantze Schaar der Gelehrten derſelben weiter nachſinne!
Ew. Hochwohlgeb. ſehen aus dieſem allem, daß deꝛ Hr. Prof. Manzel durch ſeine Diſſertation nicht das geringſte zur Verbeſſerung derjenigen Wiſſenſchaft,
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Rechts der Natur (intimaque juris naturæ pene-
tralia, wie er in der Vorrede (p.4.) ſchreibt,) fuͤhren
wolle. Er fordert alle Gelehrten auf, das, was er ge-
ſchrieben, zu uͤberlegen, und ihre Gedancken daruͤber
zu eroͤfnen, damit man endlich zu einer Gewißheit ge-
lange, und viele, ſonſt unſterbliche, Streitigkeiten ihre
Endſchaft erreichen moͤchten. Wer dieſes lieſet, der
dencket, der Hr. Prof. Manzel wolle diejenige Wiſſen-
ſchaft, die wir insgemein das Recht der Natur nen-
nen, auf einen andern Fuß ſetzen, und zu einer groͤſſern
Gewißheit bringen: Denn dieſe Wiſſenſchaft muß es
unſtreitig ſeyn, uͤber deren Verwirrung er in der Vor-
rede klagt: Weil, ehe ſeine primæ lineæ Juris naturæ
verè talis zum Vorſchein gekom̃en ſind, niemand an
ſein Jus Naturæ vere tale gedacht hat. Allein der Aus-
gang giebt es, daß dis dem Hr. Prof. niemahlen in den
Sinn gekommen ſey. Er gedencket des Juris Naturæ,
womit wir uns bißher beholfen haben, in ſeiner gan-
tzen Schrift kaum zweymahl, und ſagt nichts mehr
von demſelben, als, daß es nicht das rechte Jus Natu-
ræ ſey. Er beſſert und bauet alſo nicht; ſondern er reiſ-
ſet nieder. Er verwirft unſer altes Jus Naturæ, und
bringt ein gantz neues zum Vorſchein: Doch will er
nicht, daß wir uns nach demſelben richten ſollen: Er er-
laubt uns bey dem alten zu bleiben: Nur meint eꝛ, man
muͤſſe es nicht ein Recht der Natur; ſondern ein natuͤr-
liches Recht nennen. Eine wichtige Anmerckung, die
wohl wehrt iſt, daß die gantze Schaar der Gelehrten
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 769. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/861>, abgerufen am 23.11.2024.
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