Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
des Hrn. Manzels so gut statt, als in der Republick
des göttlichen Plato. Jch begreife gantz deutlich, daß
diese Gemeinschaft, unter vollkommenen Menschen,
nicht die geringste üble Folge haben könne, ja fast
nothwendig sey. Denn vollkommene Menschen le-
ben in einer vollkommenen Freundschaft. Eine voll-
kommene Freundschaft erfordert eine vollkommene
Gemeinschaft aller Dinge: Eine vollkommene Ge-
meinschaft aller Dinge würde nicht vollkommen
seyn, wenn die Weiber davon ausgenommen.

Diese Gemeinschaft nun kan keinen Unfug und
Streit anrichten, weil sie eine vollkommene Freund-
schaft zum Grunde hat. Daß wir jetzo die Gemein-
schaft der Weiber als einen Greuel, und eine, der allge-
meinen Ruhe nachtheilige, Sache ansehen, und das
mit Recht, das rührt aus unserer Eyfersucht her. (*)

Dieses
(*) Als ich dieses schrieb, hatte ich noch nicht gelesen was
Mr. Bayle in den Nouvelles lettres de l' auteur de la
Critique generale de l Historie du Calvinisme du P.
Maimbourg Lett. 17.
von den Wirckungen und von
dem Nutzen der Eyfersucht sagt. Es freuet mich, daß
unsere Gedancken so genau übereinkommen, und ich
kan mich nicht enthalten, das, was ich hier von der
Gemeinschaft der Weiber und von der Eyfersucht sage,
mit den Worten dieses vortreflichen Mannes zu erläu-
tern, und zubestärcken. Il faut se desabuser, schreibt
er, une fois pour toutes de l' opinion que l'on a, que
les homines se sont conduits par les idees de la raison
daus l'etablissement des Societez. S'ils avoient consul-
te la raison, ils n'auroient pas fair ce qu'ils ont fait a l'
egard du Sexe. Ils auroient veu que pour n'avoir pas
tant de choses a garder, il falloit faire une grande diffe-
rence entre la Possession d'un champ ou d'une vigne, &
la Possession d'une femme, puisqu'un champ est une

(o)
des Hrn. Manzels ſo gut ſtatt, als in der Republick
des goͤttlichen Plato. Jch begreife gantz deutlich, daß
dieſe Gemeinſchaft, unter vollkommenen Menſchen,
nicht die geringſte uͤble Folge haben koͤnne, ja faſt
nothwendig ſey. Denn vollkommene Menſchen le-
ben in einer vollkommenen Freundſchaft. Eine voll-
kommene Freundſchaft erfordert eine vollkommene
Gemeinſchaft aller Dinge: Eine vollkommene Ge-
meinſchaft aller Dinge wuͤrde nicht vollkommen
ſeyn, wenn die Weiber davon ausgenommen.

Dieſe Gemeinſchaft nun kan keinen Unfug und
Streit anrichten, weil ſie eine vollkommene Freund-
ſchaft zum Grunde hat. Daß wir jetzo die Gemein-
ſchaft der Weiber als einen Greuel, und eine, der allge-
meinen Ruhe nachtheilige, Sache anſehen, und das
mit Recht, das ruͤhrt aus unſerer Eyferſucht her. (*)

Dieſes
(*) Als ich dieſes ſchrieb, hatte ich noch nicht geleſen was
Mr. Bayle in den Nouvelles lettres de l’ auteur de la
Critique generale de l Hiſtorie du Calviniſme du P.
Maimbourg Lett. 17.
von den Wirckungen und von
dem Nutzen der Eyferſucht ſagt. Es freuet mich, daß
unſere Gedancken ſo genau uͤbereinkommen, und ich
kan mich nicht enthalten, das, was ich hier von der
Gemeinſchaft der Weiber und von der Eyferſucht ſage,
mit den Worten dieſes vortreflichen Mannes zu erlaͤu-
tern, und zubeſtaͤrcken. Il faut ſe desabuſer, ſchreibt
er, une fois pour toutes de l’ opinion que l’on a, que
les homines ſe ſont conduits par les idées de la raiſon
daus l’établiſſement des Societez. S’ils avoient conſul-
té la raiſon, ils n’auroient pas fair ce qu’ils ont fait à l’
égard du Sexe. Ils auroient veu que pour n’avoir pas
tant de choſes à garder, il falloit faire une grande diffe-
rence entre la Poſſeſſion d’un champ ou d’une vigne, &
la Poſſeſſion d’une femme, puiſqu’un champ eſt une
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0852" n="760"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
des Hrn. Manzels &#x017F;o gut &#x017F;tatt, als in der Republick<lb/>
des go&#x0364;ttlichen Plato. Jch begreife gantz deutlich, daß<lb/>
die&#x017F;e Gemein&#x017F;chaft, unter vollkommenen Men&#x017F;chen,<lb/>
nicht die gering&#x017F;te u&#x0364;ble Folge haben ko&#x0364;nne, ja fa&#x017F;t<lb/>
nothwendig &#x017F;ey. Denn vollkommene Men&#x017F;chen le-<lb/>
ben in einer vollkommenen Freund&#x017F;chaft. Eine voll-<lb/>
kommene Freund&#x017F;chaft erfordert eine vollkommene<lb/>
Gemein&#x017F;chaft aller Dinge: Eine vollkommene Ge-<lb/>
mein&#x017F;chaft aller Dinge wu&#x0364;rde nicht vollkommen<lb/>
&#x017F;eyn, wenn die Weiber davon ausgenommen.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Gemein&#x017F;chaft nun kan keinen Unfug und<lb/>
Streit anrichten, weil &#x017F;ie eine vollkommene Freund-<lb/>
&#x017F;chaft zum Grunde hat. Daß wir jetzo die Gemein-<lb/>
&#x017F;chaft der Weiber als einen Greuel, und eine, der allge-<lb/>
meinen Ruhe nachtheilige, Sache an&#x017F;ehen, und das<lb/>
mit Recht, das ru&#x0364;hrt aus un&#x017F;erer Eyfer&#x017F;ucht her. <note xml:id="f13" next="#f14" place="foot" n="(*)">Als ich die&#x017F;es &#x017F;chrieb, hatte ich noch nicht gele&#x017F;en was<lb/>
Mr. Bayle in den <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nouvelles lettres de l&#x2019; auteur de la<lb/>
Critique generale de l Hi&#x017F;torie du Calvini&#x017F;me du P.<lb/>
Maimbourg Lett. 17.</hi></hi> von den Wirckungen und von<lb/>
dem Nutzen der Eyfer&#x017F;ucht &#x017F;agt. Es freuet mich, daß<lb/>
un&#x017F;ere Gedancken &#x017F;o genau u&#x0364;bereinkommen, und ich<lb/>
kan mich nicht enthalten, das, was ich hier von der<lb/>
Gemein&#x017F;chaft der Weiber und von der Eyfer&#x017F;ucht &#x017F;age,<lb/>
mit den Worten die&#x017F;es vortreflichen Mannes zu erla&#x0364;u-<lb/>
tern, und zube&#x017F;ta&#x0364;rcken. <hi rendition="#aq">Il faut &#x017F;e desabu&#x017F;er,</hi> &#x017F;chreibt<lb/>
er, <hi rendition="#aq">une fois pour toutes de l&#x2019; opinion que l&#x2019;on a, que<lb/>
les homines &#x017F;e &#x017F;ont conduits par les idées de la rai&#x017F;on<lb/>
daus l&#x2019;établi&#x017F;&#x017F;ement des Societez. S&#x2019;ils avoient con&#x017F;ul-<lb/>
té la rai&#x017F;on, ils n&#x2019;auroient pas fair ce qu&#x2019;ils ont fait à l&#x2019;<lb/>
égard du Sexe. Ils auroient veu que pour n&#x2019;avoir pas<lb/>
tant de cho&#x017F;es à garder, il falloit faire une grande diffe-<lb/>
rence entre la Po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ion d&#x2019;un champ ou d&#x2019;une vigne, &amp;<lb/>
la Po&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;ion d&#x2019;une femme, pui&#x017F;qu&#x2019;un champ e&#x017F;t une</hi></note><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die&#x017F;es</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[760/0852] (o) des Hrn. Manzels ſo gut ſtatt, als in der Republick des goͤttlichen Plato. Jch begreife gantz deutlich, daß dieſe Gemeinſchaft, unter vollkommenen Menſchen, nicht die geringſte uͤble Folge haben koͤnne, ja faſt nothwendig ſey. Denn vollkommene Menſchen le- ben in einer vollkommenen Freundſchaft. Eine voll- kommene Freundſchaft erfordert eine vollkommene Gemeinſchaft aller Dinge: Eine vollkommene Ge- meinſchaft aller Dinge wuͤrde nicht vollkommen ſeyn, wenn die Weiber davon ausgenommen. Dieſe Gemeinſchaft nun kan keinen Unfug und Streit anrichten, weil ſie eine vollkommene Freund- ſchaft zum Grunde hat. Daß wir jetzo die Gemein- ſchaft der Weiber als einen Greuel, und eine, der allge- meinen Ruhe nachtheilige, Sache anſehen, und das mit Recht, das ruͤhrt aus unſerer Eyferſucht her. (*) Dieſes (*) Als ich dieſes ſchrieb, hatte ich noch nicht geleſen was Mr. Bayle in den Nouvelles lettres de l’ auteur de la Critique generale de l Hiſtorie du Calviniſme du P. Maimbourg Lett. 17. von den Wirckungen und von dem Nutzen der Eyferſucht ſagt. Es freuet mich, daß unſere Gedancken ſo genau uͤbereinkommen, und ich kan mich nicht enthalten, das, was ich hier von der Gemeinſchaft der Weiber und von der Eyferſucht ſage, mit den Worten dieſes vortreflichen Mannes zu erlaͤu- tern, und zubeſtaͤrcken. Il faut ſe desabuſer, ſchreibt er, une fois pour toutes de l’ opinion que l’on a, que les homines ſe ſont conduits par les idées de la raiſon daus l’établiſſement des Societez. S’ils avoient conſul- té la raiſon, ils n’auroient pas fair ce qu’ils ont fait à l’ égard du Sexe. Ils auroient veu que pour n’avoir pas tant de choſes à garder, il falloit faire une grande diffe- rence entre la Poſſeſſion d’un champ ou d’une vigne, & la Poſſeſſion d’une femme, puiſqu’un champ eſt une

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/852
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 760. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/852>, abgerufen am 02.05.2024.