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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)

Aber sie können uns nicht bereden, daß es eine Sün-
de sey, wenn Mann und Weib zu der Zeit, wann sie
einander ehelich beywohnen, die, mit dieser angeneh-
men Bemühung unzertrennlich verknüpfte, Lust em-
pfinden: oder daß es nöthig, mit solcher Kaltsinnigkeit
an der Fortpflantzung des menschlichen Geschlechts zu
arbeiten, daß man währender Zeit seinen Psalter her-
beten könne "inter ipsum debiti naturalis egerium"
aliquid ruminare Psalmorum (34)."

Man kan kecklich die Einsälle desjenigen Rabbi,
als ungereimt, verlachen, welcher von den Eheleuten
verlanget, sie solten bey Verrichtung des ehelichen
Wercks nichts, als heilige Gedancken haben, und nicht
auf die Kühlung ihrer Brunst; sondern eintzig und al-
lein auf die Erfüllung des Göttlichen Willens ihr Ab-
sehen richten. "Non devono haver intentione"
in quell'istante alli piaceri, ma solo per adem."
pir il voler divino ...... ambidoi"
devono pensar in quell'instante que questo"
non lo fanno per il lor giovamento, e adempir"
il lor appetiti carnali, ma solo per mantenir il"
precetto ...... ogn'huomo da"
bene sa quello, che deve pensar in quell'in-"
stante, perche si deve pensar solo a pensieri"
santi e pii (35)."

Diese Forderung sind unbillig, und laufen wieder
die gesunde Vernunft, welche uns befiehlt nichts oben

hin,
(34) Mr. Bayle Dict. Hist. & Crit. art. Francois d'Assise
not. C.
(35) Precetti da esser imparati dalle Donne Ebree cap.
70. 71. p. 41. 42. 43.
B b b
(o)

Aber ſie koͤnnen uns nicht bereden, daß es eine Suͤn-
de ſey, wenn Mann und Weib zu der Zeit, wann ſie
einander ehelich beywohnen, die, mit dieſer angeneh-
men Bemuͤhung unzertrennlich verknuͤpfte, Luſt em-
pfinden: oder daß es noͤthig, mit ſolcher Kaltſinnigkeit
an der Fortpflantzung des menſchlichen Geſchlechts zu
arbeiten, daß man waͤhrender Zeit ſeinen Pſalter her-
beten koͤnne „inter ipſum debiti naturalis egerium„
aliquid ruminare Pſalmorum (34).‟

Man kan kecklich die Einſaͤlle desjenigen Rabbi,
als ungereimt, verlachen, welcher von den Eheleuten
verlanget, ſie ſolten bey Verrichtung des ehelichen
Wercks nichts, als heilige Gedancken haben, uñ nicht
auf die Kuͤhlung ihrer Brunſt; ſondern eintzig und al-
lein auf die Erfuͤllung des Goͤttlichen Willens ihr Ab-
ſehen richten. “Non devono haver intentione„
in quell’iſtante alli piaceri, ma ſolo per adem.„
pir il voler divino ...... ambidoi„
devono penſar in quell’inſtante que queſto„
non lo fanno per il lor giovamento, è adempir„
il lor appetiti carnali, ma ſolo per mantenir il„
precetto ...... ogn’huomo da„
bene ſa quello, che deve penſar in quell’in-„
ſtante, perche ſi deve penſar ſolo à penſieri„
ſanti è pii (35).„

Dieſe Forderung ſind unbillig, und laufen wieder
die geſunde Vernunft, welche uns befiehlt nichts oben

hin,
(34) Mr. Bayle Dict. Hiſt. & Crit. art. François d’Aſſiſe
not. C.
(35) Precetti da eſſer imparati dalle Donne Ebree cap.
70. 71. p. 41. 42. 43.
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[753/0845] (o) Aber ſie koͤnnen uns nicht bereden, daß es eine Suͤn- de ſey, wenn Mann und Weib zu der Zeit, wann ſie einander ehelich beywohnen, die, mit dieſer angeneh- men Bemuͤhung unzertrennlich verknuͤpfte, Luſt em- pfinden: oder daß es noͤthig, mit ſolcher Kaltſinnigkeit an der Fortpflantzung des menſchlichen Geſchlechts zu arbeiten, daß man waͤhrender Zeit ſeinen Pſalter her- beten koͤnne „inter ipſum debiti naturalis egerium„ aliquid ruminare Pſalmorum (34).‟ Man kan kecklich die Einſaͤlle desjenigen Rabbi, als ungereimt, verlachen, welcher von den Eheleuten verlanget, ſie ſolten bey Verrichtung des ehelichen Wercks nichts, als heilige Gedancken haben, uñ nicht auf die Kuͤhlung ihrer Brunſt; ſondern eintzig und al- lein auf die Erfuͤllung des Goͤttlichen Willens ihr Ab- ſehen richten. “Non devono haver intentione„ in quell’iſtante alli piaceri, ma ſolo per adem.„ pir il voler divino ...... ambidoi„ devono penſar in quell’inſtante que queſto„ non lo fanno per il lor giovamento, è adempir„ il lor appetiti carnali, ma ſolo per mantenir il„ precetto ...... ogn’huomo da„ bene ſa quello, che deve penſar in quell’in-„ ſtante, perche ſi deve penſar ſolo à penſieri„ ſanti è pii (35).„ Dieſe Forderung ſind unbillig, und laufen wieder die geſunde Vernunft, welche uns befiehlt nichts oben hin, (34) Mr. Bayle Dict. Hiſt. & Crit. art. François d’Aſſiſe not. C. (35) Precetti da eſſer imparati dalle Donne Ebree cap. 70. 71. p. 41. 42. 43. B b b

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 753. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/845>, abgerufen am 02.05.2024.