Der Mensch sucht sich dieser Last zu entledigen, und diese Entledigung, ist so nothwendig mit einer Art ei- nes Vergnügens vergesellschaftet, als es nohtwendig ist, daß sie geschiehet. Jch glaube nicht, daß man diesen Auswurf des Ueberflüßigen als eine, dem ersten Men- schen unanständige, Sache ansehen, und lieber glau- ben wird, quod solide natus sit: Er konnte es ge- wiß nicht ausschwitzen, und wer andere Gedancken vom ihm hat, der erweiset ihm eine schlechte Ehre. Der Hr. Prof. Manzel hat ihm schon (§. 57.) den Schweiß abgesprochen. Jch will hofen, daß er nicht weiter gehet: denn sonst würde er endlich seinen vollkommenen Menschen demjenigen ähnlich ma- chen, von welchem Catullus (30) sagt:
"Quare non tibi sit bene ac beate? "A te sudor abest, abest saliva "Mucusque & mala pituita nasi. "Hancad muditiem adde mundiorem, "Quod culus tibi purior salillo est, "Nec toto decies cacas in anno.
Man muß also gestehen, daß auch der erste Mensch das Ueberflüßige ausgeworfen habe. Da nun dieser Auswurf allemahl mit einer gewissen Lust verknüpfet ist, die auch der erste Mensch, ohne Nach- theil seiner Heiligkeit, empfinden können; so weiß ich nicht warum man in Ansehung desjenigen excre- menti, wodurch das menschliche Geschlecht fortge- pflantzet wird, eine Ausnahme macht, und die mit der Auswerfung desselben verknüpfte Lust einen motum parvum nennet, der dem ersten Menschen unanstän- dig gewesen.
Jst
(30)Epigr. 20.
(o)
Der Menſch ſucht ſich dieſer Laſt zu entledigen, und dieſe Entledigung, iſt ſo nothwendig mit einer Art ei- nes Vergnuͤgens vergeſellſchaftet, als es nohtwendig iſt, daß ſie geſchiehet. Jch glaube nicht, daß man dieſen Auswurf des Ueberfluͤßigen als eine, dem erſten Men- ſchen unanſtaͤndige, Sache anſehen, und lieber glau- ben wird, quod ſolide natus ſit: Er konnte es ge- wiß nicht ausſchwitzen, und wer andere Gedancken vom ihm hat, der eꝛweiſet ihm eine ſchlechte Ehre. Der Hr. Prof. Manzel hat ihm ſchon (§. 57.) den Schweiß abgeſprochen. Jch will hofen, daß er nicht weiter gehet: denn ſonſt wuͤrde er endlich ſeinen vollkommenen Menſchen demjenigen aͤhnlich ma- chen, von welchem Catullus (30) ſagt:
„Quare non tibi ſit bene ac beaté? „A te ſudor abeſt, abeſt ſaliva „Mucusque & mala pituita naſi. „Hancad muditiem adde mundiorem, „Quod culus tibi purior ſalillo eſt, „Nec toto decies cacas in anno.
Man muß alſo geſtehen, daß auch der erſte Menſch das Ueberfluͤßige ausgeworfen habe. Da nun dieſer Auswurf allemahl mit einer gewiſſen Luſt verknuͤpfet iſt, die auch der erſte Menſch, ohne Nach- theil ſeiner Heiligkeit, empfinden koͤnnen; ſo weiß ich nicht warum man in Anſehung desjenigen excre- menti, wodurch das menſchliche Geſchlecht fortge- pflantzet wird, eine Ausnahme macht, und die mit der Auswerfung deſſelben verknuͤpfte Luſt einen motum parvum nennet, der dem erſten Menſchen unanſtaͤn- dig geweſen.
Jſt
(30)Epigr. 20.
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(o)
Der Menſch ſucht ſich dieſer Laſt zu entledigen, und
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iſt, daß ſie geſchiehet. Jch glaube nicht, daß man dieſen
Auswurf des Ueberfluͤßigen als eine, dem erſten Men-
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ben wird, quod ſolide natus ſit: Er konnte es ge-
wiß nicht ausſchwitzen, und wer andere Gedancken
vom ihm hat, der eꝛweiſet ihm eine ſchlechte Ehre. Der
Hr. Prof. Manzel hat ihm ſchon (§. 57.) den
Schweiß abgeſprochen. Jch will hofen, daß er
nicht weiter gehet: denn ſonſt wuͤrde er endlich ſeinen
vollkommenen Menſchen demjenigen aͤhnlich ma-
chen, von welchem Catullus (30) ſagt:
„Quare non tibi ſit bene ac beaté?
„A te ſudor abeſt, abeſt ſaliva
„Mucusque & mala pituita naſi.
„Hancad muditiem adde mundiorem,
„Quod culus tibi purior ſalillo eſt,
„Nec toto decies cacas in anno.
Man muß alſo geſtehen, daß auch der erſte
Menſch das Ueberfluͤßige ausgeworfen habe. Da
nun dieſer Auswurf allemahl mit einer gewiſſen Luſt
verknuͤpfet iſt, die auch der erſte Menſch, ohne Nach-
theil ſeiner Heiligkeit, empfinden koͤnnen; ſo weiß ich
nicht warum man in Anſehung desjenigen excre-
menti, wodurch das menſchliche Geſchlecht fortge-
pflantzet wird, eine Ausnahme macht, und die mit der
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parvum nennet, der dem erſten Menſchen unanſtaͤn-
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Jſt
(30) Epigr. 20.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 747. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/839>, abgerufen am 22.11.2024.
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