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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
Thieren nicht beschnitten. Folglich hat er auch zu
den Zeiten Adams Statt haben können; und wir
thun übel, wenn wir uns darum, daß einige Thiere
wild, und andere zahm sind, einbilden, unser Zustand,
und die Natur der Thiere sey durch einen gewaltsa-
men Zufall verändert.

Ew. Hochwohlgeb. verzeihen mir daß ich so weit-
läuftig gewesen bin: Jch will mich bessern, und
von dem folgenden Argument mit kurtzem meine
Meinung sagen.

"Der Hr. Prof. Manzel sagt (§. 35.) der Unter-
"scheid, den man in Ansehung der Statur unter den
"Menschen wahr nimmt, sey auch kein schlechter
"Beweiß (haud leue argumentum) unserer ver-
"lohrnen Herrlichkeit: indem kaum zu zuglauben
"sey, daß GOttes Absicht in der ersten Schöpfung
"nicht solte gewesen seyn, daß die Menschen an
"Bildung und Länge einander gleich wären (for-
"ma, figura & statura aequales essent futuri
).

Jch habe versprochen meine Meinung von die-
sem Argument zu sagen: Allein die Hochachtung,
welche ich gegen den Hrn. Prof. Manzel hege, ver-
bietet mir Ew. Hochwohlgeb. zu melden, was ich
dabey dencke. Nur möchte ich wissen, ob der Hr.
Prof. wohl meinet, daß, es viel zu unserer Voll-
kommenheit beytragen würde, wenn sein und mein
Bart von einer Farbe, und er etwan zwey oder
drey Finger breit kürtzer, oder ich so viel länger wä-
re. Jch glaube, er meint, GOtt sey in Verferti-
gung der ersten Menschen eben so lecker gewesen,
als unsere Fürsten in ihren Werbungen, welche
wollen, daß alle ihre Soldaten von gleicher Länge seyn

sollen.

(o)
Thieren nicht beſchnitten. Folglich hat er auch zu
den Zeiten Adams Statt haben koͤnnen; und wir
thun uͤbel, wenn wir uns darum, daß einige Thiere
wild, und andere zahm ſind, einbilden, unſer Zuſtand,
und die Natur der Thiere ſey durch einen gewaltſa-
men Zufall veraͤndert.

Ew. Hochwohlgeb. verzeihen mir daß ich ſo weit-
laͤuftig geweſen bin: Jch will mich beſſern, und
von dem folgenden Argument mit kurtzem meine
Meinung ſagen.

„Der Hr. Prof. Manzel ſagt (§. 35.) der Unter-
„ſcheid, den man in Anſehung der Statur unter den
„Menſchen wahr nimmt, ſey auch kein ſchlechter
„Beweiß (haud leue argumentum) unſerer ver-
„lohrnen Herrlichkeit: indem kaum zu zuglauben
„ſey, daß GOttes Abſicht in der erſten Schoͤpfung
„nicht ſolte geweſen ſeyn, daß die Menſchen an
„Bildung und Laͤnge einander gleich waͤren (for-
„ma, figura & ſtatura æquales eſſent futuri
).

Jch habe verſprochen meine Meinung von die-
ſem Argument zu ſagen: Allein die Hochachtung,
welche ich gegen den Hrn. Prof. Manzel hege, ver-
bietet mir Ew. Hochwohlgeb. zu melden, was ich
dabey dencke. Nur moͤchte ich wiſſen, ob der Hr.
Prof. wohl meinet, daß, es viel zu unſerer Voll-
kommenheit beytragen wuͤrde, wenn ſein und mein
Bart von einer Farbe, und er etwan zwey oder
drey Finger breit kuͤrtzer, oder ich ſo viel laͤnger waͤ-
re. Jch glaube, er meint, GOtt ſey in Verferti-
gung der erſten Menſchen eben ſo lecker geweſen,
als unſere Fuͤrſten in ihren Werbungen, welche
wollen, daß alle ihre Soldaten von gleicher Laͤnge ſeyn

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[702/0794] (o) Thieren nicht beſchnitten. Folglich hat er auch zu den Zeiten Adams Statt haben koͤnnen; und wir thun uͤbel, wenn wir uns darum, daß einige Thiere wild, und andere zahm ſind, einbilden, unſer Zuſtand, und die Natur der Thiere ſey durch einen gewaltſa- men Zufall veraͤndert. Ew. Hochwohlgeb. verzeihen mir daß ich ſo weit- laͤuftig geweſen bin: Jch will mich beſſern, und von dem folgenden Argument mit kurtzem meine Meinung ſagen. „Der Hr. Prof. Manzel ſagt (§. 35.) der Unter- „ſcheid, den man in Anſehung der Statur unter den „Menſchen wahr nimmt, ſey auch kein ſchlechter „Beweiß (haud leue argumentum) unſerer ver- „lohrnen Herrlichkeit: indem kaum zu zuglauben „ſey, daß GOttes Abſicht in der erſten Schoͤpfung „nicht ſolte geweſen ſeyn, daß die Menſchen an „Bildung und Laͤnge einander gleich waͤren (for- „ma, figura & ſtatura æquales eſſent futuri). Jch habe verſprochen meine Meinung von die- ſem Argument zu ſagen: Allein die Hochachtung, welche ich gegen den Hrn. Prof. Manzel hege, ver- bietet mir Ew. Hochwohlgeb. zu melden, was ich dabey dencke. Nur moͤchte ich wiſſen, ob der Hr. Prof. wohl meinet, daß, es viel zu unſerer Voll- kommenheit beytragen wuͤrde, wenn ſein und mein Bart von einer Farbe, und er etwan zwey oder drey Finger breit kuͤrtzer, oder ich ſo viel laͤnger waͤ- re. Jch glaube, er meint, GOtt ſey in Verferti- gung der erſten Menſchen eben ſo lecker geweſen, als unſere Fuͤrſten in ihren Werbungen, welche wollen, daß alle ihre Soldaten von gleicher Laͤnge ſeyn ſollen.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/794>, abgerufen am 22.11.2024.