nahe gewesen, ein Thier, das er essen wollte, zu fangen. Wer hieran zweifelt, der hängt seiner Phantasie noch mehr nach, als der bekannte Cyrano-Bergerac in sei- ner Voyage de la Lune. Denn ob dieser Scribent gleich dichtet, die Lerchen wären gebraten auf die Erde fallen, so giebt er doch zu verstehen, daß man sie erst schiessen müssen. "Il demanda a mon guide si je" voulois une douzaine d'allouettes. ..." a peine eus-je repondu qu'ouy, que le chas-" seur dechargea un coup de feu & vingt ou" trente allouettes tomberent a nos pieds toutes" rosties."(17) Einer aber, der von keinen wilden Thie- ren im Stande der Unschuld wissen will, kan mit ge- bratenen Lerchen nicht zu frieden seyn: Sein erster Mensch ist noch nicht glücklich genug, so lange er nach denselben gehen, und sie schiessen muß. Es stehet dem- nach ein solcher in grosser Gefahr, endlich gar auf die Thorheit zu verfallen, daß Er glaubt, die Lerchen, Ha- sen, Rebhüner u. d. g. wären dem ersten Menschen ge- spickt und gebraten ins Maul geflogen.
VIII. Was der Hr. Prof. Mantzel von der un- umschränckten Herrschaft des Menschen über die Thiere allhier einmischet, das verdienet fast keiner An- merckung, weil es aus der Ofenbahrung entlehnet ist. Aber ich möchte doch wohl wissen, ob der Hr. Prof. sich recht im Ernst bereden könne, daß diese Herrschaft, auch nach dem Begrife, den uns die Jnvestitur-Acte, welche wir beym Moses finden, davon giebt, mit dem Unterscheid unter wilden und zahmen Thieren nicht bestehen könne? Jch zweifele daran um so vielmehr,
weil
(17)S. les Ocuvres de lyrano Bergerac T. I. p. 362.
X x 4
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nahe geweſen, ein Thier, das er eſſen wollte, zu fangen. Wer hieran zweifelt, der haͤngt ſeiner Phantaſie noch mehr nach, als der bekannte Cyrano-Bergerac in ſei- ner Voyage de la Lune. Denn ob dieſer Scribent gleich dichtet, die Lerchen waͤren gebraten auf die Erde fallen, ſo giebt er doch zu verſtehen, daß man ſie erſt ſchieſſen muͤſſen. “Il demanda à mon guide ſi je„ voulois une douzaine d’allouëttes. …„ à peine eus-je rêpondu qu’ouy, que le chaſ-„ ſeur dechargea un coup de feu & vingt ou„ trente allouettes tomberent à nos pieds toutes„ roſties.”(17) Einer aber, der von keinen wilden Thie- ren im Stande der Unſchuld wiſſen will, kan mit ge- bratenen Lerchen nicht zu frieden ſeyn: Sein erſter Menſch iſt noch nicht gluͤcklich genug, ſo lange er nach denſelben gehen, und ſie ſchieſſen muß. Es ſtehet dem- nach ein ſolcher in groſſer Gefahr, endlich gar auf die Thorheit zu verfallen, daß Er glaubt, die Lerchen, Ha- ſen, Rebhuͤner u. d. g. waͤren dem erſten Menſchen ge- ſpickt und gebraten ins Maul geflogen.
VIII. Was der Hr. Prof. Mantzel von der un- umſchraͤnckten Herrſchaft des Menſchen uͤber die Thiere allhier einmiſchet, das verdienet faſt keiner An- merckung, weil es aus der Ofenbahrung entlehnet iſt. Aber ich moͤchte doch wohl wiſſen, ob der Hr. Prof. ſich recht im Ernſt bereden koͤnne, daß dieſe Herrſchaft, auch nach dem Begrife, den uns die Jnveſtitur-Acte, welche wir beym Moſes finden, davon giebt, mit dem Unterſcheid unter wilden und zahmen Thieren nicht beſtehen koͤnne? Jch zweifele daran um ſo vielmehr,
weil
(17)S. les Ocuvres de lyrano Bergerac T. I. p. 362.
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nahe geweſen, ein Thier, das er eſſen wollte, zu fangen.
Wer hieran zweifelt, der haͤngt ſeiner Phantaſie noch
mehr nach, als der bekannte Cyrano-Bergerac in ſei-
ner Voyage de la Lune. Denn ob dieſer Scribent
gleich dichtet, die Lerchen waͤren gebraten auf die Erde
fallen, ſo giebt er doch zu verſtehen, daß man ſie erſt
ſchieſſen muͤſſen. “Il demanda à mon guide ſi je„
voulois une douzaine d’allouëttes. …„
à peine eus-je rêpondu qu’ouy, que le chaſ-„
ſeur dechargea un coup de feu & vingt ou„
trente allouettes tomberent à nos pieds toutes„
roſties.” (17) Einer aber, der von keinen wilden Thie-
ren im Stande der Unſchuld wiſſen will, kan mit ge-
bratenen Lerchen nicht zu frieden ſeyn: Sein erſter
Menſch iſt noch nicht gluͤcklich genug, ſo lange er nach
denſelben gehen, und ſie ſchieſſen muß. Es ſtehet dem-
nach ein ſolcher in groſſer Gefahr, endlich gar auf die
Thorheit zu verfallen, daß Er glaubt, die Lerchen, Ha-
ſen, Rebhuͤner u. d. g. waͤren dem erſten Menſchen ge-
ſpickt und gebraten ins Maul geflogen.
VIII. Was der Hr. Prof. Mantzel von der un-
umſchraͤnckten Herrſchaft des Menſchen uͤber die
Thiere allhier einmiſchet, das verdienet faſt keiner An-
merckung, weil es aus der Ofenbahrung entlehnet iſt.
Aber ich moͤchte doch wohl wiſſen, ob der Hr. Prof. ſich
recht im Ernſt bereden koͤnne, daß dieſe Herrſchaft,
auch nach dem Begrife, den uns die Jnveſtitur-Acte,
welche wir beym Moſes finden, davon giebt, mit dem
Unterſcheid unter wilden und zahmen Thieren nicht
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(17) S. les Ocuvres de lyrano Bergerac T. I. p. 362.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 695. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/787>, abgerufen am 22.11.2024.
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