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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
chen, wenn sie wüsten, wie wir armseelige Creatu-
ren uns, bey allem unserm Elende, brüsten?

Allein so sichert uns einer von unsern Vorzügen
auch vor diesem Schimpf. Solus homo est risibi-
lis.
Jndessen ist es gewiß, daß wir sehr übel fahren
würden, wenn wir mit ihnen über unsere Vortreflich-
keit disputiren solten. Der Hr. Prof. Manzel inson-
derheit würde wenig Ehre einlegen: Denn der ist
schon so weit, daß er unsere Vortreflichkeit aus dem
Verlust derselben beweiset: Weil es unstreitig ist,
daß man das was man verlohren hat, einmahl ge-
habt haben müsse. Jch finde dieses eben so artig,
als die Ausflucht jenes Edelmanns, der seinen Adel
beweisen solte

"Qui pretendoit prouver sans titre & PAR
RAISON
"Que sa famille & sa maison
"Estoient plus vieilles que Grenoble.
"Il confessoit qu'entre ses mains
"Pour justifier sa naissance
"Il n'auoit point de parchemins:
"Mais il disoit pour sa defense.
"Que par la haine de Noe
"Avec qui sa famille eaut certain demele
"Ses titres en manquant de refuge
"Perirent tous dans le Deluge.
(8)

Da nun unsere Sachen in einem so verzweifelten
Stande sind, so wäre es, meiner Meinung nach, besser,
wenn wir alle vornehme Gedancken fahren liessen,
und uns nicht mehr einbildeten, wir würden von der

Natur
(8) S. les Nouvelles ocuvres de Mr. le Pays p. 73.

(o)
chen, wenn ſie wuͤſten, wie wir armſeelige Creatu-
ren uns, bey allem unſerm Elende, bruͤſten?

Allein ſo ſichert uns einer von unſern Vorzuͤgen
auch vor dieſem Schimpf. Solus homo eſt riſibi-
lis.
Jndeſſen iſt es gewiß, daß wir ſehr uͤbel fahren
wuͤrden, wenn wir mit ihnen uͤber unſere Vortreflich-
keit diſputiren ſolten. Der Hr. Prof. Manzel inſon-
derheit wuͤrde wenig Ehre einlegen: Denn der iſt
ſchon ſo weit, daß er unſere Vortreflichkeit aus dem
Verluſt derſelben beweiſet: Weil es unſtreitig iſt,
daß man das was man verlohren hat, einmahl ge-
habt haben muͤſſe. Jch finde dieſes eben ſo artig,
als die Ausflucht jenes Edelmanns, der ſeinen Adel
beweiſen ſolte

„Qui prétendoit prouver ſans titre & PAR
RAISON
„Que ſa famille & ſa maiſon
„Eſtoient plus vieilles que Grenoble.
„Il confeſſoit qu’entre ſes mains
„Pour juſtifier ſa naiſſance
„Il n’auoit point de parchemins:
„Mais il diſoit pour ſa defenſe.
„Que par la haine de Noé
„Avec qui ſa famille eût certain demêlé
„Ses titres en manquant de refuge
„Perirent tous dans le Deluge.
(8)

Da nun unſere Sachen in einem ſo verzweifelten
Stande ſind, ſo waͤre es, meineꝛ Meinung nach, beſſer,
wenn wir alle vornehme Gedancken fahren lieſſen,
und uns nicht mehr einbildeten, wir wuͤrden von der

Natur
(8) S. les Nouvelles ocuvres de Mr. le Pays p. 73.
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[666/0758] (o) chen, wenn ſie wuͤſten, wie wir armſeelige Creatu- ren uns, bey allem unſerm Elende, bruͤſten? Allein ſo ſichert uns einer von unſern Vorzuͤgen auch vor dieſem Schimpf. Solus homo eſt riſibi- lis. Jndeſſen iſt es gewiß, daß wir ſehr uͤbel fahren wuͤrden, wenn wir mit ihnen uͤber unſere Vortreflich- keit diſputiren ſolten. Der Hr. Prof. Manzel inſon- derheit wuͤrde wenig Ehre einlegen: Denn der iſt ſchon ſo weit, daß er unſere Vortreflichkeit aus dem Verluſt derſelben beweiſet: Weil es unſtreitig iſt, daß man das was man verlohren hat, einmahl ge- habt haben muͤſſe. Jch finde dieſes eben ſo artig, als die Ausflucht jenes Edelmanns, der ſeinen Adel beweiſen ſolte „Qui prétendoit prouver ſans titre & PAR RAISON „Que ſa famille & ſa maiſon „Eſtoient plus vieilles que Grenoble. „Il confeſſoit qu’entre ſes mains „Pour juſtifier ſa naiſſance „Il n’auoit point de parchemins: „Mais il diſoit pour ſa defenſe. „Que par la haine de Noé „Avec qui ſa famille eût certain demêlé „Ses titres en manquant de refuge „Perirent tous dans le Deluge. (8) Da nun unſere Sachen in einem ſo verzweifelten Stande ſind, ſo waͤre es, meineꝛ Meinung nach, beſſer, wenn wir alle vornehme Gedancken fahren lieſſen, und uns nicht mehr einbildeten, wir wuͤrden von der Natur (8) S. les Nouvelles ocuvres de Mr. le Pays p. 73.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 666. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/758>, abgerufen am 22.11.2024.