mit den Lehren unserer Gottesgelehrten übereinstim- men, so bleibt es doch noch eine Frage, ob es vernünf- tig sey, zu glauben, daß GOtt eine Creatur, wie grob sie sich auch an ihm versündiget, immermehr zur Sün- de reitzen solle: Diese Erklärung des Streites, den wir in uns fühlen, ist, meiner Meynung nach, nicht weit her, und man findet auch unter den Heyden selbst einige, denen sie nicht gefallen hat. Wann die Phädra beym Seneca (3) ihre rasende Liebe gegen ihren Stief-Sohn mit einem Göttlichen Triebe be- mänteln will, und spricht
". . . . . . . . . quae memoras scio "Vera esse Nutrix: sed furor cogit sequi "Pejora. Vadit animus in praeceps sciens, "Remeatquefrustra sana consilia appetens. ". . . . . ". . . . . ". . . . . "Quod ratio poscit, vincit ac regnat furor "Potensque tota mente dominatur DEUS.
So wird ihr gar vernünftig geantwortet, sie irre sich sehr, wenn sie meine, Gott reitze sie zu der Thorheit ih- ren Sohn zu lieben. Diese Einbildung sey eine Erfin- dung liederlicher Gemüther etc.
mit den Lehren unſerer Gottesgelehrten uͤbereinſtim- men, ſo bleibt es doch noch eine Frage, ob es vernuͤnf- tig ſey, zu glauben, daß GOtt eine Creatur, wie grob ſie ſich auch an ihm verſuͤndiget, immermehr zur Suͤn- de reitzen ſolle: Dieſe Erklaͤrung des Streites, den wir in uns fuͤhlen, iſt, meiner Meynung nach, nicht weit her, und man findet auch unter den Heyden ſelbſt einige, denen ſie nicht gefallen hat. Wann die Phaͤdra beym Seneca (3) ihre raſende Liebe gegen ihren Stief-Sohn mit einem Goͤttlichen Triebe be- maͤnteln will, und ſpricht
So wird ihr gar vernuͤnftig geantwortet, ſie irre ſich ſehr, wenn ſie meine, Gott reitze ſie zu der Thorheit ih- ren Sohn zu lieben. Dieſe Einbildung ſey eine Erfin- dung liederlicher Gemuͤther ꝛc.
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(o)
mit den Lehren unſerer Gottesgelehrten uͤbereinſtim-
men, ſo bleibt es doch noch eine Frage, ob es vernuͤnf-
tig ſey, zu glauben, daß GOtt eine Creatur, wie grob
ſie ſich auch an ihm verſuͤndiget, immermehr zur Suͤn-
de reitzen ſolle: Dieſe Erklaͤrung des Streites, den
wir in uns fuͤhlen, iſt, meiner Meynung nach,
nicht weit her, und man findet auch unter den Heyden
ſelbſt einige, denen ſie nicht gefallen hat. Wann die
Phaͤdra beym Seneca (3) ihre raſende Liebe gegen
ihren Stief-Sohn mit einem Goͤttlichen Triebe be-
maͤnteln will, und ſpricht
„. . . . . . . . . quæ memoras ſcio
„Vera eſſe Nutrix: ſed furor cogit ſequi
„Pejora. Vadit animus in præceps ſciens,
„Remeatquefruſtra ſana conſilia appetens.
„. . . . .
„. . . . .
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„Quod ratio poſcit, vincit ac regnat furor
„Potensque tota mente dominatur DEUS.
So wird ihr gar vernuͤnftig geantwortet, ſie irre ſich
ſehr, wenn ſie meine, Gott reitze ſie zu der Thorheit ih-
ren Sohn zu lieben. Dieſe Einbildung ſey eine Erfin-
dung liederlicher Gemuͤther ꝛc.
„Deum eſſe amorem, turpiter vitio favens
„Finxit libido: quoque liberior foret,
„Titulum furori NUMINIS FALSI addidit
„. . . . .
„. . . . .
„Vana
(3) In Hyppolito Act. 1.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/744>, abgerufen am 22.11.2024.
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