wofern er leben will. Er schliesset demnach, daß GOtt ihm den Gebrauch der Creatu- ten frey gegeben habe, und bedarf nicht, daß er durch eine besondere Ofenbahrung von dieser Vergünstigung vergewissert werde.
Es ist auch unmöglich, daß er auf die Ge- dancken gerathe, diese Vergünstigung er- strecke sich nicht auf alle Creaturen ohne Unterscheid. Denn dieses würde eben so viel seyn, als wenn er glauben wollte, es sey ihm der Gebrauch aller Creaturen ohne Unterscheid verboten, weil er, ohne Ofen- bahrung unmöglich errathen könnte, was es vor Creaturen sind, deren Gebrauch ihm von GOtt nicht vergönnet, und folglich sich entweder, wenn er sicher gehen wollte, al- ler enthalten, und tod hungern, oder, wenn er sich nur einer einzigen bediente, nothwendig sündigen müste. Jch gestehe, wenn die Vernunft den Menschen auf sol- che Grillen führete, so wäre sie die aller- schädlichste Gabe, die ihm GOtt, in seinem Zorn geben können: Allein, so glaube ich nicht, daß sie jemahlen einen Menschen ver- leiten wird, sich einzubilden, daß GOTT dem Menschen, durch eine heimliche Aus- nahme einiger Creaturen, ein so gefährli-
ches
Qq 4
(o)
wofern er leben will. Er ſchlieſſet demnach, daß GOtt ihm den Gebrauch der Creatu- ten frey gegeben habe, und bedarf nicht, daß er durch eine beſondere Ofenbahrung von dieſer Verguͤnſtigung vergewiſſert werde.
Es iſt auch unmoͤglich, daß er auf die Ge- dancken gerathe, dieſe Verguͤnſtigung er- ſtrecke ſich nicht auf alle Creaturen ohne Unterſcheid. Denn dieſes wuͤrde eben ſo viel ſeyn, als wenn er glauben wollte, es ſey ihm der Gebrauch aller Creaturen ohne Unterſcheid verboten, weil er, ohne Ofen- bahrung unmoͤglich errathen koͤnnte, was es vor Creaturen ſind, deren Gebrauch ihm von GOtt nicht vergoͤnnet, und folglich ſich entweder, wenn er ſicher gehen wollte, al- ler enthalten, und tod hungern, oder, wenn er ſich nur einer einzigen bediente, nothwendig ſuͤndigen muͤſte. Jch geſtehe, wenn die Vernunft den Menſchen auf ſol- che Grillen fuͤhrete, ſo waͤre ſie die aller- ſchaͤdlichſte Gabe, die ihm GOtt, in ſeinem Zorn geben koͤnnen: Allein, ſo glaube ich nicht, daß ſie jemahlen einen Menſchen ver- leiten wird, ſich einzubilden, daß GOTT dem Menſchen, durch eine heimliche Aus- nahme einiger Creaturen, ein ſo gefaͤhrli-
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(o)
wofern er leben will. Er ſchlieſſet demnach,
daß GOtt ihm den Gebrauch der Creatu-
ten frey gegeben habe, und bedarf nicht,
daß er durch eine beſondere Ofenbahrung
von dieſer Verguͤnſtigung vergewiſſert
werde.
Es iſt auch unmoͤglich, daß er auf die Ge-
dancken gerathe, dieſe Verguͤnſtigung er-
ſtrecke ſich nicht auf alle Creaturen ohne
Unterſcheid. Denn dieſes wuͤrde eben ſo
viel ſeyn, als wenn er glauben wollte, es
ſey ihm der Gebrauch aller Creaturen ohne
Unterſcheid verboten, weil er, ohne Ofen-
bahrung unmoͤglich errathen koͤnnte, was
es vor Creaturen ſind, deren Gebrauch ihm
von GOtt nicht vergoͤnnet, und folglich ſich
entweder, wenn er ſicher gehen wollte, al-
ler enthalten, und tod hungern, oder,
wenn er ſich nur einer einzigen bediente,
nothwendig ſuͤndigen muͤſte. Jch geſtehe,
wenn die Vernunft den Menſchen auf ſol-
che Grillen fuͤhrete, ſo waͤre ſie die aller-
ſchaͤdlichſte Gabe, die ihm GOtt, in ſeinem
Zorn geben koͤnnen: Allein, ſo glaube ich
nicht, daß ſie jemahlen einen Menſchen ver-
leiten wird, ſich einzubilden, daß GOTT
dem Menſchen, durch eine heimliche Aus-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/707>, abgerufen am 22.11.2024.
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