nunft erwecket worden, beständig mit denen ver- drießlichen Gedancken haben plagen müssen, mit welchen er die letzten Stunden seines Lebens zuge- bracht hat: Und kan man also von ihm sagen, was Cicero Tusc. Quaest. Lib. V. von dem Tyrannen Dionysius schreibt: Iis enim se adolescens im- provida aetate irretierat erratis, eaque commi- serat, ut salvus esse non posset, si sanus esse coe- pisset.
Man siehet hieraus, daß, wenn ich ' gleich des Herrn Prof. Philippi Tod gewünschet hätte, doch daraus nicht zu schliessen sey, daß ich | eine Feind- schaft gegen ihm geheget habe. Wenn ich indes- sen meinen Gegnern gleich zugeben wolte, daß ich ein Feind des Herrn Prof. Philippi sey; So sehe ich doch nicht, was ihnen dieses helffen würde. Al- ler Vortheil, den sie aus diesem Bekänntniß zie- hen könnten, wäre dieser, daß mein Zeugniß von dem Tode des Herrn Prof. Philippi ungültig. Aber ich möchte wissen, ob sie dann geschickter sind, von dessen Leben zu zeugen? Bin ich ein verwerflicher Zeuge, weil ich sein Feind bin; So kan gewiß ihr Zeugniß nicht von grossem Gewichte seyn, weil sie seine Freunde sind.
Die Menschen sind so geartet, daß sie glauben, was sie wünschen; Und vieleicht bilden sich meine Gegner ein, der Herr Prof. Philippi lebe, weil sie es gerne sähen. Es ist also eine ziemliche Unbe- scheidenheit, daß sie verlangen, man solle ihnen auf ihr blosses Wort glauben, der Herr Prof. Phi- lippi sey nicht gestorben: Sie sind gewiß die Leu- te nicht, von denen man eine zuverläßige Nach-
richt
(o)
nunft erwecket worden, beſtaͤndig mit denen ver- drießlichen Gedancken haben plagen muͤſſen, mit welchen er die letzten Stunden ſeines Lebens zuge- bracht hat: Und kan man alſo von ihm ſagen, was Cicero Tuſc. Quæſt. Lib. V. von dem Tyrannen Dionyſius ſchreibt: Iis enim ſe adoleſcens im- provida ætate irretierat erratis, eaque commi- ſerat, ut ſalvus eſſe non poſſet, ſi ſanus eſſe cœ- piſſet.
Man ſiehet hieraus, daß, wenn ich ’ gleich des Herrn Prof. Philippi Tod gewuͤnſchet haͤtte, doch daraus nicht zu ſchlieſſen ſey, daß ich | eine Feind- ſchaft gegen ihm geheget habe. Wenn ich indeſ- ſen meinen Gegnern gleich zugeben wolte, daß ich ein Feind des Herrn Prof. Philippi ſey; So ſehe ich doch nicht, was ihnen dieſes helffen wuͤrde. Al- ler Vortheil, den ſie aus dieſem Bekaͤnntniß zie- hen koͤnnten, waͤre dieſer, daß mein Zeugniß von dem Tode des Herrn Prof. Philippi unguͤltig. Aber ich moͤchte wiſſen, ob ſie dann geſchickter ſind, von deſſen Leben zu zeugen? Bin ich ein verwerflicher Zeuge, weil ich ſein Feind bin; So kan gewiß ihr Zeugniß nicht von groſſem Gewichte ſeyn, weil ſie ſeine Freunde ſind.
Die Menſchen ſind ſo geartet, daß ſie glauben, was ſie wuͤnſchen; Und vieleicht bilden ſich meine Gegner ein, der Herr Prof. Philippi lebe, weil ſie es gerne ſaͤhen. Es iſt alſo eine ziemliche Unbe- ſcheidenheit, daß ſie verlangen, man ſolle ihnen auf ihr bloſſes Wort glauben, der Herr Prof. Phi- lippi ſey nicht geſtorben: Sie ſind gewiß die Leu- te nicht, von denen man eine zuverlaͤßige Nach-
richt
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nunft erwecket worden, beſtaͤndig mit denen ver-
drießlichen Gedancken haben plagen muͤſſen, mit
welchen er die letzten Stunden ſeines Lebens zuge-
bracht hat: Und kan man alſo von ihm ſagen, was
Cicero Tuſc. Quæſt. Lib. V. von dem Tyrannen
Dionyſius ſchreibt: Iis enim ſe adoleſcens im-
provida ætate irretierat erratis, eaque commi-
ſerat, ut ſalvus eſſe non poſſet, ſi ſanus eſſe cœ-
piſſet.
Man ſiehet hieraus, daß, wenn ich ’ gleich des
Herrn Prof. Philippi Tod gewuͤnſchet haͤtte, doch
daraus nicht zu ſchlieſſen ſey, daß ich | eine Feind-
ſchaft gegen ihm geheget habe. Wenn ich indeſ-
ſen meinen Gegnern gleich zugeben wolte, daß ich
ein Feind des Herrn Prof. Philippi ſey; So ſehe
ich doch nicht, was ihnen dieſes helffen wuͤrde. Al-
ler Vortheil, den ſie aus dieſem Bekaͤnntniß zie-
hen koͤnnten, waͤre dieſer, daß mein Zeugniß von
dem Tode des Herrn Prof. Philippi unguͤltig. Aber
ich moͤchte wiſſen, ob ſie dann geſchickter ſind, von
deſſen Leben zu zeugen? Bin ich ein verwerflicher
Zeuge, weil ich ſein Feind bin; So kan gewiß ihr
Zeugniß nicht von groſſem Gewichte ſeyn, weil ſie
ſeine Freunde ſind.
Die Menſchen ſind ſo geartet, daß ſie glauben,
was ſie wuͤnſchen; Und vieleicht bilden ſich meine
Gegner ein, der Herr Prof. Philippi lebe, weil
ſie es gerne ſaͤhen. Es iſt alſo eine ziemliche Unbe-
ſcheidenheit, daß ſie verlangen, man ſolle ihnen auf
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 463. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/555>, abgerufen am 22.11.2024.
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