Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
glauben, ihr Geschwätz sey fähig, meine Nachricht
von dem Tode des Herrn Prof. Philippi bey Leuten
von gesundem Verstande verdächtig zu machen.
Daß sie sagen, ich sey ein Feind des Herrn Prof.
Philippi, kan ihnen wenig helfen; weil es Grund-
falsch ist. Gantz Halle weiß, in was für einem gu-
ten Vernehmen ich mit dem Herrn Prof. Philippi
gestanden; und ich gebe der gantzen vernünftigen
Welt zu bedencken, ob der seel. Mann mich wohl
in seinem Letzten würde haben zu sich bitten, und die
vornehme Leid-tragende Familie zu seinem Begräb-
niß einladen lassen, wenn ich sein Feind gewesen
wäre.

Jedoch, meine lächerlichen Gegner scheinen in
dem Wahn zu stehen, es sey ein deutliches Zeichen
eines feindseligen Gemüths, wenn man von einem
Menschen saget, daß er gestorben sey. Jch möchte
ihnen also nicht sagen, daß mein Vater todt ist.
Sie würden mich gantz gewiß vor ein ungerathenes
Kind halten. Aber hassen denn diese Herren alle
diejenigen, von denen sie glauben, daß sie gestor-
ben sind? Sind sie Feinde der Patriarchen, Pro-
pheten und Apostel? Jch glaube es nicht. Müssen
sie aber nicht gestehen, daß diese Männer schon
längst den Weg alles Fleisches gegangen sind?

Jch sehe vorher, meine Gegner werden hierwi-
der einwenden: "Sie hielten mich nicht vor einen
"Feind des Herrn Prof. Philippi, weil ich gesa-
"get, er sey gestorben; sondern darum, weil meine
"Nachricht von seinem Tode erdichtet: Denn dar-
"aus könne man schliessen, daß ich seinen Tod
"wünsche:" Aber ich weiß auch, daß meine Leser

über

(o)
glauben, ihr Geſchwaͤtz ſey faͤhig, meine Nachricht
von dem Tode des Herrn Prof. Philippi bey Leuten
von geſundem Verſtande verdaͤchtig zu machen.
Daß ſie ſagen, ich ſey ein Feind des Herrn Prof.
Philippi, kan ihnen wenig helfen; weil es Grund-
falſch iſt. Gantz Halle weiß, in was fuͤr einem gu-
ten Vernehmen ich mit dem Herrn Prof. Philippi
geſtanden; und ich gebe der gantzen vernuͤnftigen
Welt zu bedencken, ob der ſeel. Mann mich wohl
in ſeinem Letzten wuͤrde haben zu ſich bitten, und die
vornehme Leid-tragende Familie zu ſeinem Begraͤb-
niß einladen laſſen, wenn ich ſein Feind geweſen
waͤre.

Jedoch, meine laͤcherlichen Gegner ſcheinen in
dem Wahn zu ſtehen, es ſey ein deutliches Zeichen
eines feindſeligen Gemuͤths, wenn man von einem
Menſchen ſaget, daß er geſtorben ſey. Jch moͤchte
ihnen alſo nicht ſagen, daß mein Vater todt iſt.
Sie wuͤrden mich gantz gewiß vor ein ungerathenes
Kind halten. Aber haſſen denn dieſe Herren alle
diejenigen, von denen ſie glauben, daß ſie geſtor-
ben ſind? Sind ſie Feinde der Patriarchen, Pro-
pheten und Apoſtel? Jch glaube es nicht. Muͤſſen
ſie aber nicht geſtehen, daß dieſe Maͤnner ſchon
laͤngſt den Weg alles Fleiſches gegangen ſind?

Jch ſehe vorher, meine Gegner werden hierwi-
der einwenden: „Sie hielten mich nicht vor einen
„Feind des Herrn Prof. Philippi, weil ich geſa-
„get, er ſey geſtorben; ſondern darum, weil meine
„Nachricht von ſeinem Tode erdichtet: Denn dar-
„aus koͤnne man ſchlieſſen, daß ich ſeinen Tod
„wuͤnſche:‟ Aber ich weiß auch, daß meine Leſer

uͤber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0552" n="460"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
glauben, ihr Ge&#x017F;chwa&#x0364;tz &#x017F;ey fa&#x0364;hig, meine Nachricht<lb/>
von dem Tode des Herrn Prof. Philippi bey Leuten<lb/>
von ge&#x017F;undem Ver&#x017F;tande verda&#x0364;chtig zu machen.<lb/>
Daß &#x017F;ie &#x017F;agen, ich &#x017F;ey ein Feind des Herrn Prof.<lb/>
Philippi, kan ihnen wenig helfen; weil es Grund-<lb/>
fal&#x017F;ch i&#x017F;t. Gantz Halle weiß, in was fu&#x0364;r einem gu-<lb/>
ten Vernehmen ich mit dem Herrn Prof. Philippi<lb/>
ge&#x017F;tanden; und ich gebe der gantzen vernu&#x0364;nftigen<lb/>
Welt zu bedencken, ob der &#x017F;eel. Mann mich wohl<lb/>
in &#x017F;einem Letzten wu&#x0364;rde haben zu &#x017F;ich bitten, und die<lb/>
vornehme Leid-tragende Familie zu &#x017F;einem Begra&#x0364;b-<lb/>
niß einladen la&#x017F;&#x017F;en, wenn ich &#x017F;ein Feind gewe&#x017F;en<lb/>
wa&#x0364;re.</p><lb/>
        <p>Jedoch, meine la&#x0364;cherlichen Gegner &#x017F;cheinen in<lb/>
dem Wahn zu &#x017F;tehen, es &#x017F;ey ein deutliches Zeichen<lb/>
eines feind&#x017F;eligen Gemu&#x0364;ths, wenn man von einem<lb/>
Men&#x017F;chen &#x017F;aget, daß er ge&#x017F;torben &#x017F;ey. Jch mo&#x0364;chte<lb/>
ihnen al&#x017F;o nicht &#x017F;agen, daß mein Vater todt i&#x017F;t.<lb/>
Sie wu&#x0364;rden mich gantz gewiß vor ein ungerathenes<lb/>
Kind halten. Aber ha&#x017F;&#x017F;en denn die&#x017F;e Herren alle<lb/>
diejenigen, von denen &#x017F;ie glauben, daß &#x017F;ie ge&#x017F;tor-<lb/>
ben &#x017F;ind? Sind &#x017F;ie Feinde der Patriarchen, Pro-<lb/>
pheten und Apo&#x017F;tel? Jch glaube es nicht. Mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ie aber nicht ge&#x017F;tehen, daß die&#x017F;e Ma&#x0364;nner &#x017F;chon<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t den Weg alles Flei&#x017F;ches gegangen &#x017F;ind?</p><lb/>
        <p>Jch &#x017F;ehe vorher, meine Gegner werden hierwi-<lb/>
der einwenden: &#x201E;Sie hielten mich nicht vor einen<lb/>
&#x201E;Feind des Herrn Prof. Philippi, weil ich ge&#x017F;a-<lb/>
&#x201E;get, er &#x017F;ey ge&#x017F;torben; &#x017F;ondern darum, weil meine<lb/>
&#x201E;Nachricht von &#x017F;einem Tode erdichtet: Denn dar-<lb/>
&#x201E;aus ko&#x0364;nne man &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, daß ich &#x017F;einen Tod<lb/>
&#x201E;wu&#x0364;n&#x017F;che:&#x201F; Aber ich weiß auch, daß meine Le&#x017F;er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;ber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[460/0552] (o) glauben, ihr Geſchwaͤtz ſey faͤhig, meine Nachricht von dem Tode des Herrn Prof. Philippi bey Leuten von geſundem Verſtande verdaͤchtig zu machen. Daß ſie ſagen, ich ſey ein Feind des Herrn Prof. Philippi, kan ihnen wenig helfen; weil es Grund- falſch iſt. Gantz Halle weiß, in was fuͤr einem gu- ten Vernehmen ich mit dem Herrn Prof. Philippi geſtanden; und ich gebe der gantzen vernuͤnftigen Welt zu bedencken, ob der ſeel. Mann mich wohl in ſeinem Letzten wuͤrde haben zu ſich bitten, und die vornehme Leid-tragende Familie zu ſeinem Begraͤb- niß einladen laſſen, wenn ich ſein Feind geweſen waͤre. Jedoch, meine laͤcherlichen Gegner ſcheinen in dem Wahn zu ſtehen, es ſey ein deutliches Zeichen eines feindſeligen Gemuͤths, wenn man von einem Menſchen ſaget, daß er geſtorben ſey. Jch moͤchte ihnen alſo nicht ſagen, daß mein Vater todt iſt. Sie wuͤrden mich gantz gewiß vor ein ungerathenes Kind halten. Aber haſſen denn dieſe Herren alle diejenigen, von denen ſie glauben, daß ſie geſtor- ben ſind? Sind ſie Feinde der Patriarchen, Pro- pheten und Apoſtel? Jch glaube es nicht. Muͤſſen ſie aber nicht geſtehen, daß dieſe Maͤnner ſchon laͤngſt den Weg alles Fleiſches gegangen ſind? Jch ſehe vorher, meine Gegner werden hierwi- der einwenden: „Sie hielten mich nicht vor einen „Feind des Herrn Prof. Philippi, weil ich geſa- „get, er ſey geſtorben; ſondern darum, weil meine „Nachricht von ſeinem Tode erdichtet: Denn dar- „aus koͤnne man ſchlieſſen, daß ich ſeinen Tod „wuͤnſche:‟ Aber ich weiß auch, daß meine Leſer uͤber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/552
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/552>, abgerufen am 18.05.2024.