Wohlan! demnach, O! würdiges Haupt der kleinen Geister! mache dich auf, und betriege un- sere Widersacher.
. . dolus an virtus, quis in hoste requirat(55)? Wir wünschen dir Glück zu einem so wichtigen Un- ternehmen, und unsern Feinden versinsterte Augen ihres Verstandes, damit sie deinen Betrug nicht mercken. Aber, unvergleichlicher Philippi, ist es uns erlaubt, dir unsere Meinung aufrichtig zu sagen, so zweifeln wir sehr ander Erfüllung unserer Wünsche. Wofern ich unsere Feinde recht kenne, so sind sie viel zu listig, als daß sie sich von dir hintergehen lassen sol- ten. Du bist ihnen schon verdächtig, und hast es in deinen bißherigen Schriften so arg gemacht, daß man bereits an vielen Orten die gerechte Vermu- thung hat, du seyst ein kleiner Geist. Wie schwer wird es dir demnach nicht fallen, dich so zu verstellen, daß unsere Feinde dich vor einen von ihrer Rotte hal- ten? Verkappe dich, so starck du wilt: Sie werden dich doch kennen. Denn einem so vollkommen kleinem Geiste, als du bist, ist es unmöglich, seine Neigung zu unserer Gesellschaft gäntzlich zu verbergen. Er lässet sie auch wider seinen Willen, bey aller Gelegenheit, blicken.
Wofern demnach unser weniger Rath bey dir et- was gilt, so gieb dir, allerliebster Philippi, keine ver- gebliche Mühe, unsere listige Feinde durch eine Ver- stellung zu fangen, die über dein Vermögen ist. Bilde dir nicht ein, es sey möglich, diese schlaue Köpfe durch Liebkosungen einzuschläfern. Sie sind gar zu mißtrauisch, und gar zu wohl auf ihrer
Hut.
(55)Virgilius AEneid. L. II. v. 390.
(o)
Wohlan! demnach, O! wuͤrdiges Haupt der kleinen Geiſter! mache dich auf, und betriege un- ſere Widerſacher.
. . dolus an virtus, quis in hoſte requirat(55)? Wir wuͤnſchen dir Gluͤck zu einem ſo wichtigen Un- ternehmen, und unſern Feinden verſinſterte Augen ihres Verſtandes, damit ſie deinen Betrug nicht mercken. Aber, unvergleichlicher Philippi, iſt es uns erlaubt, dir unſere Meinung aufrichtig zu ſagen, ſo zweifeln wir ſehr ander Erfuͤllung unſerer Wuͤnſche. Wofern ich unſere Feinde recht kenne, ſo ſind ſie viel zu liſtig, als daß ſie ſich von dir hintergehen laſſen ſol- ten. Du biſt ihnen ſchon verdaͤchtig, und haſt es in deinen bißherigen Schriften ſo arg gemacht, daß man bereits an vielen Orten die gerechte Vermu- thung hat, du ſeyſt ein kleiner Geiſt. Wie ſchwer wird es dir demnach nicht fallen, dich ſo zu verſtellen, daß unſere Feinde dich vor einen von ihrer Rotte hal- ten? Verkappe dich, ſo ſtarck du wilt: Sie werden dich doch kennen. Denn einem ſo vollkommen kleinem Geiſte, als du biſt, iſt es unmoͤglich, ſeine Neigung zu unſerer Geſellſchaft gaͤntzlich zu verbergen. Er laͤſſet ſie auch wider ſeinen Willen, bey aller Gelegenheit, blicken.
Wofern demnach unſer weniger Rath bey dir et- was gilt, ſo gieb dir, allerliebſter Philippi, keine ver- gebliche Muͤhe, unſere liſtige Feinde durch eine Ver- ſtellung zu fangen, die uͤber dein Vermoͤgen iſt. Bilde dir nicht ein, es ſey moͤglich, dieſe ſchlaue Koͤpfe durch Liebkoſungen einzuſchlaͤfern. Sie ſind gar zu mißtrauiſch, und gar zu wohl auf ihrer
Hut.
(55)Virgilius Æneid. L. II. v. 390.
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Wohlan! demnach, O! wuͤrdiges Haupt der
kleinen Geiſter! mache dich auf, und betriege un-
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. . dolus an virtus, quis in hoſte requirat (55)?
Wir wuͤnſchen dir Gluͤck zu einem ſo wichtigen Un-
ternehmen, und unſern Feinden verſinſterte Augen
ihres Verſtandes, damit ſie deinen Betrug nicht
mercken. Aber, unvergleichlicher Philippi, iſt es uns
erlaubt, dir unſere Meinung aufrichtig zu ſagen, ſo
zweifeln wir ſehr ander Erfuͤllung unſerer Wuͤnſche.
Wofern ich unſere Feinde recht kenne, ſo ſind ſie viel
zu liſtig, als daß ſie ſich von dir hintergehen laſſen ſol-
ten. Du biſt ihnen ſchon verdaͤchtig, und haſt es in
deinen bißherigen Schriften ſo arg gemacht, daß
man bereits an vielen Orten die gerechte Vermu-
thung hat, du ſeyſt ein kleiner Geiſt. Wie ſchwer
wird es dir demnach nicht fallen, dich ſo zu verſtellen,
daß unſere Feinde dich vor einen von ihrer Rotte hal-
ten? Verkappe dich, ſo ſtarck du wilt: Sie werden dich
doch kennen. Denn einem ſo vollkommen kleinem
Geiſte, als du biſt, iſt es unmoͤglich, ſeine Neigung zu
unſerer Geſellſchaft gaͤntzlich zu verbergen. Er laͤſſet
ſie auch wider ſeinen Willen, bey aller Gelegenheit,
blicken.
Wofern demnach unſer weniger Rath bey dir et-
was gilt, ſo gieb dir, allerliebſter Philippi, keine ver-
gebliche Muͤhe, unſere liſtige Feinde durch eine Ver-
ſtellung zu fangen, die uͤber dein Vermoͤgen iſt.
Bilde dir nicht ein, es ſey moͤglich, dieſe ſchlaue
Koͤpfe durch Liebkoſungen einzuſchlaͤfern. Sie
ſind gar zu mißtrauiſch, und gar zu wohl auf ihrer
Hut.
(55) Virgilius Æneid. L. II. v. 390.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/512>, abgerufen am 22.11.2024.
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