Es wird nicht nöthig seyn, daß ich dich zu Vollfüh- rung eines so wichtigen Wercks, durch weitläuftiges Zureden, aufmuntere. Dein Eyfer vor die Ehre und Aufnahme unserer Gesellschaft, ist fast grösser, als wir wünschen. Du bedarfst mehr eines Zügels als der Spornen, grosser Philippi: Und ich bitte dich, im Nahmen unserer Gesellschaft, deine Hitze zu mäßigen. Es steigt dieselbe manch mahl so hoch, daß du alles niedermachst, was dir vorkommt, und kaum im Stande bist, Freund und Feind zu unterschei- den. Unser lieber Bruder, der von Boxhorn, hat es, deucht mich, erfahren, daß es besser einem Bären zu begegnen dem die Jungen geraubt sind, als dir, O Held! wann du auszeuchst zum Streit, und dein gereitzter Grimm dich Freund und Feinden schreck- lich macht. Du siehst ihn im Eyfer vor deinen Feind an; Du kömmest mit Ungestüm, ihn aufzusuchen, und wer weiß, wie es ihm ergangen wäre, wenn du ihn gefunden hättest?
Jst es möglich, erzürnter Held, so begreife dich. Wüte nicht ferner|gegen einen Unschuldigen, der das Glück hat dem Mitbruder, und einer deiner grösten Verehrer zu seyn. Schütte deinen Grimm aus auf unsere Feinde, und schone unser. Warum wollen wir, allerliebster Philippi, uns, zur grösten Freude unserer Widersacher, unterein- ander aufreiben?
"Dii meliora piis erroremque hostibus il- lum(48)
O!
(48)Virgilius Georg. Lib. III. v. 513.
(o)
Es wird nicht noͤthig ſeyn, daß ich dich zu Vollfuͤh- rung eines ſo wichtigen Wercks, durch weitlaͤuftiges Zureden, aufmuntere. Dein Eyfer vor die Ehre und Aufnahme unſerer Geſellſchaft, iſt faſt groͤſſer, als wir wuͤnſchen. Du bedarfſt mehr eines Zuͤgels als der Spornen, groſſer Philippi: Und ich bitte dich, im Nahmen unſerer Geſellſchaft, deine Hitze zu maͤßigen. Es ſteigt dieſelbe manch mahl ſo hoch, daß du alles niedermachſt, was dir vorkommt, und kaum im Stande biſt, Freund und Feind zu unterſchei- den. Unſer lieber Bruder, der von Boxhorn, hat es, deucht mich, erfahren, daß es beſſer einem Baͤren zu begegnen dem die Jungen geraubt ſind, als dir, O Held! wann du auszeuchſt zum Streit, und dein gereitzter Grimm dich Freund und Feinden ſchreck- lich macht. Du ſiehſt ihn im Eyfer vor deinen Feind an; Du koͤmmeſt mit Ungeſtuͤm, ihn aufzuſuchen, und wer weiß, wie es ihm ergangen waͤre, wenn du ihn gefunden haͤtteſt?
Jſt es moͤglich, erzuͤrnter Held, ſo begreife dich. Wuͤte nicht ferner|gegen einen Unſchuldigen, der das Gluͤck hat dem Mitbruder, und einer deiner groͤſten Verehrer zu ſeyn. Schuͤtte deinen Grimm aus auf unſere Feinde, und ſchone unſer. Warum wollen wir, allerliebſter Philippi, uns, zur groͤſten Freude unſerer Widerſacher, unterein- ander aufreiben?
„Dii meliora piis erroremque hoſtibus il- lum(48)
O!
(48)Virgilius Georg. Lib. III. v. 513.
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Es wird nicht noͤthig ſeyn, daß ich dich zu Vollfuͤh-
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Zureden, aufmuntere. Dein Eyfer vor die Ehre und
Aufnahme unſerer Geſellſchaft, iſt faſt groͤſſer, als wir
wuͤnſchen. Du bedarfſt mehr eines Zuͤgels als der
Spornen, groſſer Philippi: Und ich bitte dich, im
Nahmen unſerer Geſellſchaft, deine Hitze zu maͤßigen.
Es ſteigt dieſelbe manch mahl ſo hoch, daß du alles
niedermachſt, was dir vorkommt, und kaum im
Stande biſt, Freund und Feind zu unterſchei-
den. Unſer lieber Bruder, der von Boxhorn, hat es,
deucht mich, erfahren, daß es beſſer einem Baͤren zu
begegnen dem die Jungen geraubt ſind, als dir, O
Held! wann du auszeuchſt zum Streit, und dein
gereitzter Grimm dich Freund und Feinden ſchreck-
lich macht. Du ſiehſt ihn im Eyfer vor deinen Feind
an; Du koͤmmeſt mit Ungeſtuͤm, ihn aufzuſuchen,
und wer weiß, wie es ihm ergangen waͤre, wenn du ihn
gefunden haͤtteſt?
Jſt es moͤglich, erzuͤrnter Held, ſo begreife dich.
Wuͤte nicht ferner|gegen einen Unſchuldigen, der
das Gluͤck hat dem Mitbruder, und einer deiner
groͤſten Verehrer zu ſeyn. Schuͤtte deinen
Grimm aus auf unſere Feinde, und ſchone unſer.
Warum wollen wir, allerliebſter Philippi, uns,
zur groͤſten Freude unſerer Widerſacher, unterein-
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„Dii meliora piis erroremque hoſtibus il-
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(48) Virgilius Georg. Lib. III. v. 513.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/490>, abgerufen am 22.11.2024.
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