Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
laute also: "Hüte dich, bey Strafe, daß du dem
"Scharf-Richter nicht in die Hände fallest,
"vor der heroischen Beredsamkeit, ja nimm
"dis Wort, welches des Landes auf ewig
"verwiesen, nicht einmahl in den Mund."

Du scheinest zu glauben, wir hätten, diesem Gese-
tze zu Folge, deine sechs deutsche Reden durch un-
sern Scharf-Richter, den von Boxhorn, rädern
und viertheilen lassen: Ja du befürchtest, es werde
allen deinen übrigen Schriften, insonderheit deiner
Thüringischen Historie, als der wir bereits das
Leben abgesprochen, eben so ergehen.

Alles dieses ist uns zu hoch, theurer Philippi, und
die Ehrerbietung, welche wir gegen dich hegen, lässet
uns nicht zu, deine Worte nach dem Buchstaben
zu verstehen, sondern befiehlt uns, zu glauben, daß
grosse Geheimnisse darunter verborgen sind.
Denn ist es möglich, daß du im Ernst glauben kanst,
wir wären Feinde der heroischen Beredsamkeit?
Jst nicht die Lob-Rede des von Boxhorn eben so
wohl nach den Regeln einer heroischen Beredsamkeit
verfertiget, als deine sechs deutsche Reden? Wer
zweifelt daran, da er es ja selbst, nach deinem Bey-
spiel,
auf dem Titel gar sittsam gesaget hat? Wie
kanst du sagen, wir hätten deine sechs deutsche
Reden
rädern und viertheilen lassen? Wie kanst du
den von Boxhorn einen Scharf-Richter nennen?
Hat dieser ehrliche Mann deine sechs deutsche
Reden
nicht nach Verdienst gelobet? Jst in seiner
gantzen Rede wohl ein Wort zu finden, das dich ver-
driessen könnte? Jst etwa deine Demuth so über-
mäßig,
daß dich das Lob, welches man dir beyleget,

eben

(o)
laute alſo: „Huͤte dich, bey Strafe, daß du dem
„Scharf-Richter nicht in die Haͤnde falleſt,
„vor der heroiſchen Beredſamkeit, ja nimm
„dis Wort, welches des Landes auf ewig
„verwieſen, nicht einmahl in den Mund.‟

Du ſcheineſt zu glauben, wir haͤtten, dieſem Geſe-
tze zu Folge, deine ſechs deutſche Reden durch un-
ſern Scharf-Richter, den von Boxhorn, raͤdern
und viertheilen laſſen: Ja du befuͤrchteſt, es werde
allen deinen uͤbrigen Schriften, inſonderheit deiner
Thuͤringiſchen Hiſtorie, als der wir bereits das
Leben abgeſprochen, eben ſo ergehen.

Alles dieſes iſt uns zu hoch, theurer Philippi, und
die Ehrerbietung, welche wir gegen dich hegen, laͤſſet
uns nicht zu, deine Worte nach dem Buchſtaben
zu verſtehen, ſondern befiehlt uns, zu glauben, daß
groſſe Geheimniſſe darunter verborgen ſind.
Denn iſt es moͤglich, daß du im Ernſt glauben kanſt,
wir waͤren Feinde der heroiſchen Beredſamkeit?
Jſt nicht die Lob-Rede des von Boxhorn eben ſo
wohl nach den Regeln einer heroiſchen Beredſamkeit
verfertiget, als deine ſechs deutſche Reden? Wer
zweifelt daran, da er es ja ſelbſt, nach deinem Bey-
ſpiel,
auf dem Titel gar ſittſam geſaget hat? Wie
kanſt du ſagen, wir haͤtten deine ſechs deutſche
Reden
raͤdern und viertheilen laſſen? Wie kanſt du
den von Boxhorn einen Scharf-Richter nennen?
Hat dieſer ehrliche Mann deine ſechs deutſche
Reden
nicht nach Verdienſt gelobet? Jſt in ſeiner
gantzen Rede wohl ein Wort zu finden, das dich ver-
drieſſen koͤnnte? Jſt etwa deine Demuth ſo uͤber-
maͤßig,
daß dich das Lob, welches man dir beyleget,

eben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0466" n="374"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
laute al&#x017F;o: <hi rendition="#fr">&#x201E;Hu&#x0364;te dich, bey Strafe, daß du dem<lb/>
&#x201E;Scharf-Richter nicht in die Ha&#x0364;nde falle&#x017F;t,<lb/>
&#x201E;vor der heroi&#x017F;chen Bered&#x017F;amkeit, ja nimm<lb/>
&#x201E;dis Wort, welches des Landes auf ewig<lb/>
&#x201E;verwie&#x017F;en, nicht einmahl in den Mund.&#x201F;</hi></p><lb/>
            <p>Du &#x017F;cheine&#x017F;t zu glauben, wir ha&#x0364;tten, die&#x017F;em Ge&#x017F;e-<lb/>
tze zu Folge, deine <hi rendition="#fr">&#x017F;echs deut&#x017F;che Reden</hi> durch un-<lb/>
&#x017F;ern <hi rendition="#fr">Scharf-Richter,</hi> den von Boxhorn, <hi rendition="#fr">ra&#x0364;dern</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">viertheilen</hi> la&#x017F;&#x017F;en: Ja du befu&#x0364;rchte&#x017F;t, es werde<lb/>
allen deinen u&#x0364;brigen Schriften, in&#x017F;onderheit deiner<lb/><hi rendition="#fr">Thu&#x0364;ringi&#x017F;chen Hi&#x017F;torie,</hi> als der wir bereits das<lb/>
Leben abge&#x017F;prochen, eben &#x017F;o ergehen.</p><lb/>
            <p>Alles die&#x017F;es i&#x017F;t uns zu hoch, theurer Philippi, und<lb/>
die Ehrerbietung, welche wir gegen dich hegen, la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et<lb/>
uns nicht zu, deine Worte <hi rendition="#fr">nach dem Buch&#x017F;taben</hi><lb/>
zu ver&#x017F;tehen, &#x017F;ondern befiehlt uns, zu glauben, daß<lb/><hi rendition="#fr">gro&#x017F;&#x017F;e Geheimni&#x017F;&#x017F;e</hi> darunter verborgen &#x017F;ind.<lb/>
Denn i&#x017F;t es mo&#x0364;glich, daß du im Ern&#x017F;t glauben kan&#x017F;t,<lb/>
wir wa&#x0364;ren Feinde der <hi rendition="#fr">heroi&#x017F;chen Bered&#x017F;amkeit?</hi><lb/>
J&#x017F;t nicht die <hi rendition="#fr">Lob-Rede</hi> des von Boxhorn eben &#x017F;o<lb/>
wohl nach den Regeln einer heroi&#x017F;chen Bered&#x017F;amkeit<lb/>
verfertiget, als deine <hi rendition="#fr">&#x017F;echs deut&#x017F;che Reden?</hi> Wer<lb/>
zweifelt daran, da er es ja <hi rendition="#fr">&#x017F;elb&#x017F;t,</hi> nach <hi rendition="#fr">deinem Bey-<lb/>
&#x017F;piel,</hi> auf dem Titel <hi rendition="#fr">gar &#x017F;itt&#x017F;am</hi> ge&#x017F;aget hat? Wie<lb/>
kan&#x017F;t du &#x017F;agen, wir ha&#x0364;tten deine <hi rendition="#fr">&#x017F;echs deut&#x017F;che<lb/>
Reden</hi> ra&#x0364;dern und viertheilen la&#x017F;&#x017F;en? Wie kan&#x017F;t du<lb/>
den von Boxhorn einen <hi rendition="#fr">Scharf-Richter</hi> nennen?<lb/>
Hat die&#x017F;er <hi rendition="#fr">ehrliche Mann</hi> deine <hi rendition="#fr">&#x017F;echs deut&#x017F;che<lb/>
Reden</hi> nicht nach Verdien&#x017F;t gelobet? J&#x017F;t in &#x017F;einer<lb/>
gantzen Rede wohl ein Wort zu finden, das dich ver-<lb/>
drie&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnte? J&#x017F;t etwa deine <hi rendition="#fr">Demuth</hi> &#x017F;o <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber-<lb/>
ma&#x0364;ßig,</hi> daß dich das Lob, welches man dir beyleget,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[374/0466] (o) laute alſo: „Huͤte dich, bey Strafe, daß du dem „Scharf-Richter nicht in die Haͤnde falleſt, „vor der heroiſchen Beredſamkeit, ja nimm „dis Wort, welches des Landes auf ewig „verwieſen, nicht einmahl in den Mund.‟ Du ſcheineſt zu glauben, wir haͤtten, dieſem Geſe- tze zu Folge, deine ſechs deutſche Reden durch un- ſern Scharf-Richter, den von Boxhorn, raͤdern und viertheilen laſſen: Ja du befuͤrchteſt, es werde allen deinen uͤbrigen Schriften, inſonderheit deiner Thuͤringiſchen Hiſtorie, als der wir bereits das Leben abgeſprochen, eben ſo ergehen. Alles dieſes iſt uns zu hoch, theurer Philippi, und die Ehrerbietung, welche wir gegen dich hegen, laͤſſet uns nicht zu, deine Worte nach dem Buchſtaben zu verſtehen, ſondern befiehlt uns, zu glauben, daß groſſe Geheimniſſe darunter verborgen ſind. Denn iſt es moͤglich, daß du im Ernſt glauben kanſt, wir waͤren Feinde der heroiſchen Beredſamkeit? Jſt nicht die Lob-Rede des von Boxhorn eben ſo wohl nach den Regeln einer heroiſchen Beredſamkeit verfertiget, als deine ſechs deutſche Reden? Wer zweifelt daran, da er es ja ſelbſt, nach deinem Bey- ſpiel, auf dem Titel gar ſittſam geſaget hat? Wie kanſt du ſagen, wir haͤtten deine ſechs deutſche Reden raͤdern und viertheilen laſſen? Wie kanſt du den von Boxhorn einen Scharf-Richter nennen? Hat dieſer ehrliche Mann deine ſechs deutſche Reden nicht nach Verdienſt gelobet? Jſt in ſeiner gantzen Rede wohl ein Wort zu finden, das dich ver- drieſſen koͤnnte? Jſt etwa deine Demuth ſo uͤber- maͤßig, daß dich das Lob, welches man dir beyleget, eben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/466
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/466>, abgerufen am 22.11.2024.