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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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grosse Beschimpfung haltest; so wirst du dadurch doch
nicht machen, daß wir unsere Wahl widerrufen. Wir
werden dich auch wider deinen Willen, als unser
Haupt, verehren, und allezeit deine herrliche Schrif-
ten unsere Richtschnur seyn lassen. Der Unwille, und
die Verachtung, so du gegen uns bezeigest, macht uns
weder bange noch böse. Wir leiden von dir, als un-
serm Ober-Haupt,
alles, und hofen, du werdest
endlich erkennen, daß es dir nicht schimpflich sey, den
vornehmsten Platz in einer Gesellschaft zu bekleiden,
die aus so ansehnlichen Gliedern bestehet.

Es sind darinn Leute aus allen Ständen, Regen-
ten, Priester, Räthe, Rechtsgelehrte, Advocaten,
Aertzte, Weltweise, Soldaten, Edelleute, Bürger
und Bauren. Du scheinest daran zu zweifeln, und
dir einzubilden, wir hätten nur die Larven solcher
Personen
angenommen. Allein, mit aller Ehrer-
bietung zu reden, du irrest dich, und giebst eben durch
diesen wunderbaren Zweifel, und durch eine so fal-
sche Einbildung
zu erkennen, daß du im höchsten
Grad ein kleiner Geist bist, indem du eine Sache in
Zweifel ziehest, die auch unsere ärgsten Feinde sich zu
leugnen schämen. Denn wo ist wohl der grosse Geist
zu finden, der nicht willig zugeben solte, daß alle Ty-
rannen,
und blöde Fürsten, alle Postillanten,
alle Enthusiastische und zancksüchtige Geistli-
che,
alle Rabulisten und Zungendrescher, alle
Quacksalber, alle Marcktschreyer, alle alberne
Weltweise,
und alle Pedanten zu unserer Gesell-
schaft gehören? Verliehren aber diese Leute, darum,
daß sie Glieder unserer Gesellschaft sind, und desfals
von unsern Feinden mit so schimpflichen Nahmen bele-

get

(o)
groſſe Beſchimpfung halteſt; ſo wirſt du dadurch doch
nicht machen, daß wir unſere Wahl widerrufen. Wir
werden dich auch wider deinen Willen, als unſer
Haupt, verehren, und allezeit deine herrliche Schrif-
ten unſere Richtſchnur ſeyn laſſen. Der Unwille, und
die Verachtung, ſo du gegen uns bezeigeſt, macht uns
weder bange noch boͤſe. Wir leiden von dir, als un-
ſerm Ober-Haupt,
alles, und hofen, du werdeſt
endlich erkennen, daß es dir nicht ſchimpflich ſey, den
vornehmſten Platz in einer Geſellſchaft zu bekleiden,
die aus ſo anſehnlichen Gliedern beſtehet.

Es ſind darinn Leute aus allen Staͤnden, Regen-
ten, Prieſter, Raͤthe, Rechtsgelehrte, Advocaten,
Aertzte, Weltweiſe, Soldaten, Edelleute, Buͤrger
und Bauren. Du ſcheineſt daran zu zweifeln, und
dir einzubilden, wir haͤtten nur die Larven ſolcher
Perſonen
angenommen. Allein, mit aller Ehrer-
bietung zu reden, du irreſt dich, und giebſt eben durch
dieſen wunderbaren Zweifel, uñ durch eine ſo fal-
ſche Einbildung
zu erkennen, daß du im hoͤchſten
Grad ein kleiner Geiſt biſt, indem du eine Sache in
Zweifel zieheſt, die auch unſere aͤrgſten Feinde ſich zu
leugnen ſchaͤmen. Denn wo iſt wohl der groſſe Geiſt
zu finden, der nicht willig zugeben ſolte, daß alle Ty-
rannen,
und bloͤde Fuͤrſten, alle Poſtillanten,
alle Enthuſiaſtiſche und zanckſuͤchtige Geiſtli-
che,
alle Rabuliſten und Zungendreſcher, alle
Quackſalber, alle Marcktſchreyer, alle alberne
Weltweiſe,
und alle Pedanten zu unſerer Geſell-
ſchaft gehoͤren? Verliehren aber dieſe Leute, darum,
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[365/0457] (o) groſſe Beſchimpfung halteſt; ſo wirſt du dadurch doch nicht machen, daß wir unſere Wahl widerrufen. Wir werden dich auch wider deinen Willen, als unſer Haupt, verehren, und allezeit deine herrliche Schrif- ten unſere Richtſchnur ſeyn laſſen. Der Unwille, und die Verachtung, ſo du gegen uns bezeigeſt, macht uns weder bange noch boͤſe. Wir leiden von dir, als un- ſerm Ober-Haupt, alles, und hofen, du werdeſt endlich erkennen, daß es dir nicht ſchimpflich ſey, den vornehmſten Platz in einer Geſellſchaft zu bekleiden, die aus ſo anſehnlichen Gliedern beſtehet. Es ſind darinn Leute aus allen Staͤnden, Regen- ten, Prieſter, Raͤthe, Rechtsgelehrte, Advocaten, Aertzte, Weltweiſe, Soldaten, Edelleute, Buͤrger und Bauren. Du ſcheineſt daran zu zweifeln, und dir einzubilden, wir haͤtten nur die Larven ſolcher Perſonen angenommen. Allein, mit aller Ehrer- bietung zu reden, du irreſt dich, und giebſt eben durch dieſen wunderbaren Zweifel, uñ durch eine ſo fal- ſche Einbildung zu erkennen, daß du im hoͤchſten Grad ein kleiner Geiſt biſt, indem du eine Sache in Zweifel zieheſt, die auch unſere aͤrgſten Feinde ſich zu leugnen ſchaͤmen. Denn wo iſt wohl der groſſe Geiſt zu finden, der nicht willig zugeben ſolte, daß alle Ty- rannen, und bloͤde Fuͤrſten, alle Poſtillanten, alle Enthuſiaſtiſche und zanckſuͤchtige Geiſtli- che, alle Rabuliſten und Zungendreſcher, alle Quackſalber, alle Marcktſchreyer, alle alberne Weltweiſe, und alle Pedanten zu unſerer Geſell- ſchaft gehoͤren? Verliehren aber dieſe Leute, darum, daß ſie Glieder unſerer Geſellſchaft ſind, und desfals von unſern Feinden mit ſo ſchimpflichen Nahmen bele- get

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/457>, abgerufen am 18.05.2024.