Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
let, daß ihm die Ohnmacht von ohngefehr an-
gewandelt, und also nicht gekünstelt gewesen?
Jst es glaublich, daß der Hr. Prof. es übel
nehmen könne, wenn man seinen Worten trau-
et, und ihm die Ehre thut zu glauben, daß er
nicht leicht ohne alle Noth eine Unwahrheit sa-
gen werde? Jch kan mir nicht einbilden, daß
der Hr. Prof. Philippi so gar unvernünftig
ist. Jch glaube vielmehr, er würde, wenn er
vor gut befunden, wieder den Hn. von Bocks-
horn zu schreiben, diesem Spötter durch ver-
nünftige Gründe bewiesen haben daß eine ver-
stellte Ohnmacht eines Redners keine Gaucke-
ley und kein Comedianten Streich sey. Aber
zu dem Ende würde er sich nicht auf das Exem-
pel der Esther berufen haben. Denn die
Ohnmacht dieser Königin war ungekünstelt,
und zu dem stand Esther nicht auf der Catheder.
Noch weniger würde er den rasenden Schluß
gemacht haben: Kan der Hr. von Bockshorn
auf einen Beine hüpfen, so kan ich auch wohl,
wenn es mir beliebt in Ohnmacht fallen. Denn
der Hr. Prof. Philippi siehet wohl, daß der
Verfasser des Briontes ihn nur durch sein
Hüpfen, auf eine sinnliche Art, überführen
wollen, daß ein vernünftiger Redner kein
Gauckler seyn, und solglich nicht zum Schein
in Ohnmacht fallen müsse. Jndessen steht
dieser abentheurliche Schluß in denen Kap-
pen, mit welchen man sich, als mit einer Schutz-
Schrift des Hn. Prof. Philippi trägt; und
dieses eintzige ist hinlänglich, alle vernünftige

Leute

(o)
let, daß ihm die Ohnmacht von ohngefehr an-
gewandelt, und alſo nicht gekuͤnſtelt geweſen?
Jſt es glaublich, daß der Hr. Prof. es uͤbel
nehmen koͤnne, wenn man ſeinen Worten trau-
et, und ihm die Ehre thut zu glauben, daß er
nicht leicht ohne alle Noth eine Unwahrheit ſa-
gen werde? Jch kan mir nicht einbilden, daß
der Hr. Prof. Philippi ſo gar unvernuͤnftig
iſt. Jch glaube vielmehr, er wuͤrde, wenn er
vor gut befunden, wieder den Hn. von Bocks-
horn zu ſchreiben, dieſem Spoͤtter durch ver-
nuͤnftige Gruͤnde bewieſen haben daß eine ver-
ſtellte Ohnmacht eines Redners keine Gaucke-
ley und kein Comedianten Streich ſey. Aber
zu dem Ende wuͤrde er ſich nicht auf das Exem-
pel der Eſther berufen haben. Denn die
Ohnmacht dieſer Koͤnigin war ungekuͤnſtelt,
und zu dem ſtand Eſther nicht auf der Catheder.
Noch weniger wuͤrde er den raſenden Schluß
gemacht haben: Kan der Hr. von Bockshorn
auf einen Beine huͤpfen, ſo kan ich auch wohl,
wenn es mir beliebt in Ohnmacht fallen. Denn
der Hr. Prof. Philippi ſiehet wohl, daß der
Verfaſſer des Briontes ihn nur durch ſein
Huͤpfen, auf eine ſinnliche Art, uͤberfuͤhren
wollen, daß ein vernuͤnftiger Redner kein
Gauckler ſeyn, und ſolglich nicht zum Schein
in Ohnmacht fallen muͤſſe. Jndeſſen ſteht
dieſer abentheurliche Schluß in denen Kap-
pen, mit welchen man ſich, als mit einer Schutz-
Schrift des Hn. Prof. Philippi traͤgt; und
dieſes eintzige iſt hinlaͤnglich, alle vernuͤnftige

Leute
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0407" n="315"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
let, daß ihm die Ohnmacht von ohngefehr an-<lb/>
gewandelt, und al&#x017F;o nicht geku&#x0364;n&#x017F;telt gewe&#x017F;en?<lb/>
J&#x017F;t es glaublich, daß der Hr. Prof. es u&#x0364;bel<lb/>
nehmen ko&#x0364;nne, wenn man &#x017F;einen Worten trau-<lb/>
et, und ihm die Ehre thut zu glauben, daß er<lb/>
nicht leicht ohne alle Noth eine Unwahrheit &#x017F;a-<lb/>
gen werde? Jch kan mir nicht einbilden, daß<lb/>
der Hr. Prof. Philippi &#x017F;o gar unvernu&#x0364;nftig<lb/>
i&#x017F;t. Jch glaube vielmehr, er wu&#x0364;rde, wenn er<lb/>
vor gut befunden, wieder den Hn. von Bocks-<lb/>
horn zu &#x017F;chreiben, die&#x017F;em Spo&#x0364;tter durch ver-<lb/>
nu&#x0364;nftige Gru&#x0364;nde bewie&#x017F;en haben daß eine ver-<lb/>
&#x017F;tellte Ohnmacht eines Redners keine Gaucke-<lb/>
ley und kein Comedianten Streich &#x017F;ey. Aber<lb/>
zu dem Ende wu&#x0364;rde er &#x017F;ich nicht auf das Exem-<lb/>
pel der <hi rendition="#fr">E&#x017F;ther</hi> berufen haben. Denn die<lb/>
Ohnmacht die&#x017F;er Ko&#x0364;nigin war ungeku&#x0364;n&#x017F;telt,<lb/>
und zu dem &#x017F;tand E&#x017F;ther nicht auf der Catheder.<lb/>
Noch weniger wu&#x0364;rde er den ra&#x017F;enden Schluß<lb/>
gemacht haben: Kan der Hr. von Bockshorn<lb/>
auf einen Beine hu&#x0364;pfen, &#x017F;o kan ich auch wohl,<lb/>
wenn es mir beliebt in Ohnmacht fallen. Denn<lb/>
der Hr. Prof. Philippi &#x017F;iehet wohl, daß der<lb/>
Verfa&#x017F;&#x017F;er des Briontes ihn nur durch &#x017F;ein<lb/>
Hu&#x0364;pfen, auf eine &#x017F;innliche Art, u&#x0364;berfu&#x0364;hren<lb/>
wollen, daß ein vernu&#x0364;nftiger Redner kein<lb/>
Gauckler &#x017F;eyn, und &#x017F;olglich nicht zum Schein<lb/>
in Ohnmacht fallen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Jnde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;teht<lb/>
die&#x017F;er abentheurliche Schluß in denen Kap-<lb/>
pen, mit welchen man &#x017F;ich, als mit einer Schutz-<lb/>
Schrift des Hn. Prof. Philippi tra&#x0364;gt; und<lb/>
die&#x017F;es eintzige i&#x017F;t hinla&#x0364;nglich, alle vernu&#x0364;nftige<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leute</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[315/0407] (o) let, daß ihm die Ohnmacht von ohngefehr an- gewandelt, und alſo nicht gekuͤnſtelt geweſen? Jſt es glaublich, daß der Hr. Prof. es uͤbel nehmen koͤnne, wenn man ſeinen Worten trau- et, und ihm die Ehre thut zu glauben, daß er nicht leicht ohne alle Noth eine Unwahrheit ſa- gen werde? Jch kan mir nicht einbilden, daß der Hr. Prof. Philippi ſo gar unvernuͤnftig iſt. Jch glaube vielmehr, er wuͤrde, wenn er vor gut befunden, wieder den Hn. von Bocks- horn zu ſchreiben, dieſem Spoͤtter durch ver- nuͤnftige Gruͤnde bewieſen haben daß eine ver- ſtellte Ohnmacht eines Redners keine Gaucke- ley und kein Comedianten Streich ſey. Aber zu dem Ende wuͤrde er ſich nicht auf das Exem- pel der Eſther berufen haben. Denn die Ohnmacht dieſer Koͤnigin war ungekuͤnſtelt, und zu dem ſtand Eſther nicht auf der Catheder. Noch weniger wuͤrde er den raſenden Schluß gemacht haben: Kan der Hr. von Bockshorn auf einen Beine huͤpfen, ſo kan ich auch wohl, wenn es mir beliebt in Ohnmacht fallen. Denn der Hr. Prof. Philippi ſiehet wohl, daß der Verfaſſer des Briontes ihn nur durch ſein Huͤpfen, auf eine ſinnliche Art, uͤberfuͤhren wollen, daß ein vernuͤnftiger Redner kein Gauckler ſeyn, und ſolglich nicht zum Schein in Ohnmacht fallen muͤſſe. Jndeſſen ſteht dieſer abentheurliche Schluß in denen Kap- pen, mit welchen man ſich, als mit einer Schutz- Schrift des Hn. Prof. Philippi traͤgt; und dieſes eintzige iſt hinlaͤnglich, alle vernuͤnftige Leute

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/407
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/407>, abgerufen am 04.05.2024.