fasser des Briontes macht ihm diese Ehre nicht streitig. Er hat nur mit seinen sechs deut- schen Reden, und mir seinem Helden- Gedichte zu thun. Diese beyde Schriften beurtheilet er, und weiset, daß der Hr. Prof. Philippi weder ein geschickter Redner noch ein guter Poet sey. Jst dieses nun ein so strafbares Beginnen, daß es die Obrig- keit nothwendig ahnden müste? Jst es nicht vielmehr ein erlaubter Gebrauch derjenigen Freyheit, die alle Welt hat, über ein Buch zu urtheilen? Denn
... de blamer des vers ou durs ou lan- guissans, De choquer un Auteur, qui choque le bon sens De railler d' un plaisant, qui ne sait pas nous plaire C'est ce que tout Lecteur eaut toaujours droit de faire Boileau ibid. Wer schreibt un- terwirft sich dem Ur- theil seiner Leser.
Ein jeder, der schreibt, unterwirft sich durch die Herausgebung seiner Schrift dem Eigen- sinn seiner Leser. Quiscribit, multos sumit judices, alius in alterius livet ac grassatur ingenium, sagt der heil. HieronymusEp. 29. ad Praesidium Diaconum. Wie kan es also ein Scribent übel nehmen, wenn man von seinem Buche seine Meinung sagt? Hät- te er doch dasselbe ungedruckt lassen, und vor sich die Vollkommenheit seiner Geburt in aller
Stille
(o)
faſſer des Briontes macht ihm dieſe Ehre nicht ſtreitig. Er hat nur mit ſeinen ſechs deut- ſchen Reden, und mir ſeinem Helden- Gedichte zu thun. Dieſe beyde Schriften beurtheilet er, und weiſet, daß der Hr. Prof. Philippi weder ein geſchickter Redner noch ein guter Poet ſey. Jſt dieſes nun ein ſo ſtrafbares Beginnen, daß es die Obrig- keit nothwendig ahnden muͤſte? Jſt es nicht vielmehr ein erlaubter Gebrauch derjenigen Freyheit, die alle Welt hat, uͤber ein Buch zu urtheilen? Denn
… de blâmer des vers ou durs ou lan- guiſſans, De choquer un Auteur, qui choque le bon ſens De railler d’ un plaiſant, qui ne ſait pas nous plaire C’eſt ce que tout Lecteur eût toûjours droit de faire Boileau ibid. Wer ſchreibt un- terwirft ſich dem Ur- theil ſeiner Leſer.
Ein jeder, der ſchreibt, unterwirft ſich durch die Herausgebung ſeiner Schrift dem Eigen- ſinn ſeiner Leſer. Quiſcribit, multos ſumit judices, alius in alterius livet ac graſſatur ingenium, ſagt der heil. HieronymusEp. 29. ad Præſidium Diaconum. Wie kan es alſo ein Scribent uͤbel nehmen, wenn man von ſeinem Buche ſeine Meinung ſagt? Haͤt- te er doch daſſelbe ungedruckt laſſen, und vor ſich die Vollkommenheit ſeiner Geburt in aller
Stille
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0348"n="256"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
faſſer des Briontes macht ihm dieſe Ehre nicht<lb/>ſtreitig. Er hat nur mit ſeinen <hirendition="#fr">ſechs deut-<lb/>ſchen Reden, und mir ſeinem Helden-<lb/>
Gedichte</hi> zu thun. Dieſe beyde Schriften<lb/>
beurtheilet er, und weiſet, daß der Hr. Prof.<lb/>
Philippi <hirendition="#fr">weder ein geſchickter Redner<lb/>
noch ein guter Poet ſey.</hi> Jſt dieſes nun<lb/>
ein ſo ſtrafbares Beginnen, daß es die Obrig-<lb/>
keit nothwendig ahnden muͤſte? Jſt es nicht<lb/>
vielmehr ein erlaubter Gebrauch derjenigen<lb/>
Freyheit, die alle Welt hat, uͤber ein Buch zu<lb/>
urtheilen? Denn</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">… de blâmer des vers ou durs ou lan-<lb/><hirendition="#et">guiſſans,</hi><lb/>
De choquer un Auteur, qui choque le<lb/><hirendition="#et">bon ſens</hi><lb/>
De railler d’ un plaiſant, qui ne ſait pas<lb/><hirendition="#et">nous plaire</hi><lb/>
C’eſt ce que tout Lecteur eût toûjours<lb/><hirendition="#et">droit de faire</hi><lb/><hirendition="#i">Boileau ibid.</hi></hi></quote></cit><lb/><noteplace="left">Wer<lb/>ſchreibt un-<lb/>
terwirft<lb/>ſich dem Ur-<lb/>
theil ſeiner<lb/>
Leſer.</note><p>Ein jeder, der ſchreibt, unterwirft ſich durch<lb/>
die Herausgebung ſeiner Schrift dem Eigen-<lb/>ſinn ſeiner Leſer. <hirendition="#aq">Quiſcribit, multos ſumit<lb/>
judices, alius in alterius livet ac graſſatur<lb/>
ingenium,</hi>ſagt der heil. <hirendition="#fr">Hieronymus</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Ep.<lb/>
29. ad Præſidium Diaconum.</hi></hi> Wie kan es<lb/>
alſo ein Scribent uͤbel nehmen, wenn man<lb/>
von ſeinem Buche ſeine Meinung ſagt? Haͤt-<lb/>
te er doch daſſelbe ungedruckt laſſen, und vor<lb/>ſich die Vollkommenheit ſeiner Geburt in aller<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Stille</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[256/0348]
(o)
faſſer des Briontes macht ihm dieſe Ehre nicht
ſtreitig. Er hat nur mit ſeinen ſechs deut-
ſchen Reden, und mir ſeinem Helden-
Gedichte zu thun. Dieſe beyde Schriften
beurtheilet er, und weiſet, daß der Hr. Prof.
Philippi weder ein geſchickter Redner
noch ein guter Poet ſey. Jſt dieſes nun
ein ſo ſtrafbares Beginnen, daß es die Obrig-
keit nothwendig ahnden muͤſte? Jſt es nicht
vielmehr ein erlaubter Gebrauch derjenigen
Freyheit, die alle Welt hat, uͤber ein Buch zu
urtheilen? Denn
… de blâmer des vers ou durs ou lan-
guiſſans,
De choquer un Auteur, qui choque le
bon ſens
De railler d’ un plaiſant, qui ne ſait pas
nous plaire
C’eſt ce que tout Lecteur eût toûjours
droit de faire
Boileau ibid.
Ein jeder, der ſchreibt, unterwirft ſich durch
die Herausgebung ſeiner Schrift dem Eigen-
ſinn ſeiner Leſer. Quiſcribit, multos ſumit
judices, alius in alterius livet ac graſſatur
ingenium, ſagt der heil. Hieronymus Ep.
29. ad Præſidium Diaconum. Wie kan es
alſo ein Scribent uͤbel nehmen, wenn man
von ſeinem Buche ſeine Meinung ſagt? Haͤt-
te er doch daſſelbe ungedruckt laſſen, und vor
ſich die Vollkommenheit ſeiner Geburt in aller
Stille
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/348>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.