werth sind, daß sie unter ehrlichen Leuten ge- duldet werden.
Man kan demnach, ohne was strafbaresVon dem Vorwurf der Leibes- Gebrechen. zu begehen, diese Eigenschaften einem Men- schen absprechen. Jch kan sagen: Der Mensch sieht nicht gut aus, er hincket, er schie- let, erhat einen Puckel, einen ungeschickten Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er sich desfals beleidiget halten, und mich als einen Ehren-Schänder verklagen kan. Ja wenn ich es gleich nicht bey dem blossen Sagen bewen- den lasse, sondern gar über sein Gebrechen spot- te, so muß ers haben, und er würde ungereimt handeln, wenn er mit mir zum Richter wan- deln, und ihn durch seine Gegenwart überfüh- ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet hätte. Der Hr. Prof. Philippi hat in seiner Thürin- gischen Historiep. 166. in einer Anmerckung, über das stock finstere Gesicht und das Au- gen-Blitzen eines Menschen, den er vie- leicht nicht gewogen ist, gespottet. Wer wolte ihm aber desfals Schuld geben, daß er diesen Menschen an seiner Ehre angegrifen habe? Al- les was man dawieder sagen kan, ist dieses, daß es ein Zeichen eines niederträchtigen Gemühts, und einer thörigten Rachgierde ist, einem Men- schen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie- leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel- chen er besser kennet, als ich, würde ihn, ob ihn gleich der Hr. Philippi als einen tücki- schen Menschen, vor dem man ein Creutz
machen
(o)
werth ſind, daß ſie unter ehrlichen Leuten ge- duldet werden.
Man kan demnach, ohne was ſtrafbaresVon dem Vorwurf der Leibes- Gebrechen. zu begehen, dieſe Eigenſchaften einem Men- ſchen abſprechen. Jch kan ſagen: Der Menſch ſieht nicht gut aus, er hincket, er ſchie- let, erhat einen Puckel, einen ungeſchickten Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er ſich desfals beleidiget halten, und mich als einen Ehren-Schaͤnder verklagen kan. Ja wenn ich es gleich nicht bey dem bloſſen Sagen bewen- den laſſe, ſondern gar uͤber ſein Gebrechen ſpot- te, ſo muß ers haben, und er wuͤrde ungereimt handeln, wenn er mit mir zum Richter wan- deln, und ihn durch ſeine Gegenwart uͤberfuͤh- ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet haͤtte. Der Hr. Prof. Philippi hat in ſeiner Thuͤrin- giſchen Hiſtoriep. 166. in einer Anmerckung, uͤber das ſtock finſtere Geſicht und das Au- gen-Blitzen eines Menſchen, den er vie- leicht nicht gewogen iſt, geſpottet. Wer wolte ihm aber desfals Schuld geben, daß er dieſen Menſchen an ſeiner Ehre angegrifen habe? Al- les was man dawieder ſagen kan, iſt dieſes, daß es ein Zeichen eines niedertraͤchtigen Gemuͤhts, und einer thoͤrigten Rachgierde iſt, einem Men- ſchen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie- leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel- chen er beſſer kennet, als ich, wuͤrde ihn, ob ihn gleich der Hr. Philippi als einen tuͤcki- ſchen Menſchen, vor dem man ein Creutz
machen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0345"n="253"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
werth ſind, daß ſie unter ehrlichen Leuten ge-<lb/>
duldet werden.</p><lb/><p>Man kan demnach, ohne was ſtrafbares<noteplace="right">Von dem<lb/>
Vorwurf<lb/>
der Leibes-<lb/>
Gebrechen.</note><lb/>
zu begehen, dieſe Eigenſchaften einem Men-<lb/>ſchen abſprechen. Jch kan ſagen: Der<lb/>
Menſch ſieht nicht gut aus, er hincket, er ſchie-<lb/>
let, erhat einen Puckel, einen ungeſchickten<lb/>
Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er ſich<lb/>
desfals beleidiget halten, und mich als einen<lb/>
Ehren-Schaͤnder verklagen kan. Ja wenn ich<lb/>
es gleich nicht bey dem bloſſen Sagen bewen-<lb/>
den laſſe, ſondern gar uͤber ſein Gebrechen ſpot-<lb/>
te, ſo muß ers haben, und er wuͤrde ungereimt<lb/>
handeln, wenn er mit mir zum Richter wan-<lb/>
deln, und ihn durch ſeine Gegenwart uͤberfuͤh-<lb/>
ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet haͤtte.<lb/>
Der Hr. Prof. Philippi hat <hirendition="#fr">in ſeiner Thuͤrin-<lb/>
giſchen Hiſtorie</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">p.</hi></hi> 166. in einer Anmerckung,<lb/>
uͤber das <hirendition="#fr">ſtock finſtere Geſicht</hi> und das <hirendition="#fr">Au-<lb/>
gen-Blitzen</hi> eines Menſchen, den er vie-<lb/>
leicht nicht gewogen iſt, geſpottet. Wer wolte<lb/>
ihm aber desfals Schuld geben, daß er dieſen<lb/>
Menſchen an ſeiner Ehre angegrifen habe? Al-<lb/>
les was man dawieder ſagen kan, iſt dieſes, daß<lb/>
es ein Zeichen eines niedertraͤchtigen Gemuͤhts,<lb/>
und einer thoͤrigten Rachgierde iſt, einem Men-<lb/>ſchen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie-<lb/>
leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf<lb/>
welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel-<lb/>
chen er beſſer kennet, als ich, wuͤrde ihn, ob<lb/>
ihn gleich der Hr. Philippi als einen <hirendition="#fr">tuͤcki-<lb/>ſchen Menſchen, vor dem man ein Creutz</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">machen</hi></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[253/0345]
(o)
werth ſind, daß ſie unter ehrlichen Leuten ge-
duldet werden.
Man kan demnach, ohne was ſtrafbares
zu begehen, dieſe Eigenſchaften einem Men-
ſchen abſprechen. Jch kan ſagen: Der
Menſch ſieht nicht gut aus, er hincket, er ſchie-
let, erhat einen Puckel, einen ungeſchickten
Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er ſich
desfals beleidiget halten, und mich als einen
Ehren-Schaͤnder verklagen kan. Ja wenn ich
es gleich nicht bey dem bloſſen Sagen bewen-
den laſſe, ſondern gar uͤber ſein Gebrechen ſpot-
te, ſo muß ers haben, und er wuͤrde ungereimt
handeln, wenn er mit mir zum Richter wan-
deln, und ihn durch ſeine Gegenwart uͤberfuͤh-
ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet haͤtte.
Der Hr. Prof. Philippi hat in ſeiner Thuͤrin-
giſchen Hiſtorie p. 166. in einer Anmerckung,
uͤber das ſtock finſtere Geſicht und das Au-
gen-Blitzen eines Menſchen, den er vie-
leicht nicht gewogen iſt, geſpottet. Wer wolte
ihm aber desfals Schuld geben, daß er dieſen
Menſchen an ſeiner Ehre angegrifen habe? Al-
les was man dawieder ſagen kan, iſt dieſes, daß
es ein Zeichen eines niedertraͤchtigen Gemuͤhts,
und einer thoͤrigten Rachgierde iſt, einem Men-
ſchen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie-
leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf
welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel-
chen er beſſer kennet, als ich, wuͤrde ihn, ob
ihn gleich der Hr. Philippi als einen tuͤcki-
ſchen Menſchen, vor dem man ein Creutz
machen
Von dem
Vorwurf
der Leibes-
Gebrechen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/345>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.