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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
werth sind, daß sie unter ehrlichen Leuten ge-
duldet werden.

Man kan demnach, ohne was strafbaresVon dem
Vorwurf
der Leibes-
Gebrechen.

zu begehen, diese Eigenschaften einem Men-
schen absprechen. Jch kan sagen: Der
Mensch sieht nicht gut aus, er hincket, er schie-
let, erhat einen Puckel, einen ungeschickten
Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er sich
desfals beleidiget halten, und mich als einen
Ehren-Schänder verklagen kan. Ja wenn ich
es gleich nicht bey dem blossen Sagen bewen-
den lasse, sondern gar über sein Gebrechen spot-
te, so muß ers haben, und er würde ungereimt
handeln, wenn er mit mir zum Richter wan-
deln, und ihn durch seine Gegenwart überfüh-
ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet hätte.
Der Hr. Prof. Philippi hat in seiner Thürin-
gischen Historie
p. 166. in einer Anmerckung,
über das stock finstere Gesicht und das Au-
gen-Blitzen
eines Menschen, den er vie-
leicht nicht gewogen ist, gespottet. Wer wolte
ihm aber desfals Schuld geben, daß er diesen
Menschen an seiner Ehre angegrifen habe? Al-
les was man dawieder sagen kan, ist dieses, daß
es ein Zeichen eines niederträchtigen Gemühts,
und einer thörigten Rachgierde ist, einem Men-
schen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie-
leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf
welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel-
chen er besser kennet, als ich, würde ihn, ob
ihn gleich der Hr. Philippi als einen tücki-
schen Menschen, vor dem man ein Creutz

machen

(o)
werth ſind, daß ſie unter ehrlichen Leuten ge-
duldet werden.

Man kan demnach, ohne was ſtrafbaresVon dem
Vorwurf
der Leibes-
Gebrechen.

zu begehen, dieſe Eigenſchaften einem Men-
ſchen abſprechen. Jch kan ſagen: Der
Menſch ſieht nicht gut aus, er hincket, er ſchie-
let, erhat einen Puckel, einen ungeſchickten
Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er ſich
desfals beleidiget halten, und mich als einen
Ehren-Schaͤnder verklagen kan. Ja wenn ich
es gleich nicht bey dem bloſſen Sagen bewen-
den laſſe, ſondern gar uͤber ſein Gebrechen ſpot-
te, ſo muß ers haben, und er wuͤrde ungereimt
handeln, wenn er mit mir zum Richter wan-
deln, und ihn durch ſeine Gegenwart uͤberfuͤh-
ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet haͤtte.
Der Hr. Prof. Philippi hat in ſeiner Thuͤrin-
giſchen Hiſtorie
p. 166. in einer Anmerckung,
uͤber das ſtock finſtere Geſicht und das Au-
gen-Blitzen
eines Menſchen, den er vie-
leicht nicht gewogen iſt, geſpottet. Wer wolte
ihm aber desfals Schuld geben, daß er dieſen
Menſchen an ſeiner Ehre angegrifen habe? Al-
les was man dawieder ſagen kan, iſt dieſes, daß
es ein Zeichen eines niedertraͤchtigen Gemuͤhts,
und einer thoͤrigten Rachgierde iſt, einem Men-
ſchen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie-
leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf
welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel-
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[253/0345] (o) werth ſind, daß ſie unter ehrlichen Leuten ge- duldet werden. Man kan demnach, ohne was ſtrafbares zu begehen, dieſe Eigenſchaften einem Men- ſchen abſprechen. Jch kan ſagen: Der Menſch ſieht nicht gut aus, er hincket, er ſchie- let, erhat einen Puckel, einen ungeſchickten Fuß, und ich weiß nicht was, ohne daß er ſich desfals beleidiget halten, und mich als einen Ehren-Schaͤnder verklagen kan. Ja wenn ich es gleich nicht bey dem bloſſen Sagen bewen- den laſſe, ſondern gar uͤber ſein Gebrechen ſpot- te, ſo muß ers haben, und er wuͤrde ungereimt handeln, wenn er mit mir zum Richter wan- deln, und ihn durch ſeine Gegenwart uͤberfuͤh- ren wolte, daß ich die Wahrheit geredet haͤtte. Der Hr. Prof. Philippi hat in ſeiner Thuͤrin- giſchen Hiſtorie p. 166. in einer Anmerckung, uͤber das ſtock finſtere Geſicht und das Au- gen-Blitzen eines Menſchen, den er vie- leicht nicht gewogen iſt, geſpottet. Wer wolte ihm aber desfals Schuld geben, daß er dieſen Menſchen an ſeiner Ehre angegrifen habe? Al- les was man dawieder ſagen kan, iſt dieſes, daß es ein Zeichen eines niedertraͤchtigen Gemuͤhts, und einer thoͤrigten Rachgierde iſt, einem Men- ſchen ein Gebrechen vorzuwerfen, das er vie- leicht nicht heben kan. Und derjenige, auf welchen der Hr. Prof. Philippi zielet, und wel- chen er beſſer kennet, als ich, wuͤrde ihn, ob ihn gleich der Hr. Philippi als einen tuͤcki- ſchen Menſchen, vor dem man ein Creutz machen Von dem Vorwurf der Leibes- Gebrechen.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/345>, abgerufen am 03.05.2024.