Spötter seyn, 1) Weil er in dem Vorbe-Spötterey- en bestehen sollen. richt gleich zu Anfange sagt: Die Gesellschaft der kleinen Geister habe einige Aehnlichkeit mit der unsichtbaren Kirche; 2) Weil er meint, man könne erhörlich beten, oder mit GOtt reden, ohne daß man nöthig ha- be, den Psalter und die Offenbahrung Jo- hannis auszuplündern: Und endlich 3) weil er von Paulus Entzückung ärgerlich und verächtlich redet.
Es wird mir ein leichtes seyn, augenschein- lich darzuthun, daß in diesen angeführten Stellen nichts böses enthalten ist. Jch will sie zu dem Ende nach der Reihe untersuchen.
Ehe ich aber weiter gehe finde ich nöthig,Vorläufi- ge Erinne- rung, wie die Leser dieser Schrift be- schaffen seyn sollen. nachfolgende Erklärung zu thun. Der Bri- ontes ist eine Satyre, in welcher von Anfang biß zu Ende eine immerwährende Jronie herr- schet. Jch setze also solche Leser voraus, die nicht allein in der Schule gelernet haben, was eine Jronie sey, sondern auch die Fähigkeit, und die Lust besitzen, diese Figur, wann sie hoch getrieben, und lange fortgesetzet wird, gebüh- rend einzusehen. Wer nun entweder so blö- des Verstandes ist, daß er den verborgenen Sinn einer Jronie nicht zu erreichen ver- mag, oder auch so schwermüthig, daß er al- len Schertz vor sündlich hält, und in den unschuldigsten Schriften, wenn sie nicht nach der Salbung schmecken, nichts als Greuel entdecket, der wisse, daß ich vor ihn nicht schreibe. Mit solchen Leuten habe ich nichts
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Spoͤtter ſeyn, 1) Weil er in dem Vorbe-Spoͤtterey- en beſtehen ſollen. richt gleich zu Anfange ſagt: Die Geſellſchaft der kleinen Geiſter habe einige Aehnlichkeit mit der unſichtbaren Kirche; 2) Weil er meint, man koͤnne erhoͤrlich beten, oder mit GOtt reden, ohne daß man noͤthig ha- be, den Pſalter und die Offenbahrung Jo- hannis auszupluͤndern: Und endlich 3) weil er von Paulus Entzuͤckung aͤrgerlich und veraͤchtlich redet.
Es wird mir ein leichtes ſeyn, augenſchein- lich darzuthun, daß in dieſen angefuͤhrten Stellen nichts boͤſes enthalten iſt. Jch will ſie zu dem Ende nach der Reihe unterſuchen.
Ehe ich aber weiter gehe finde ich noͤthig,Vorlaͤufi- ge Erinne- rung, wie die Leſer dieſer Schrift be- ſchaffen ſeyn ſollen. nachfolgende Erklaͤrung zu thun. Der Bri- ontes iſt eine Satyre, in welcher von Anfang biß zu Ende eine immerwaͤhrende Jronie herr- ſchet. Jch ſetze alſo ſolche Leſer voraus, die nicht allein in der Schule gelernet haben, was eine Jronie ſey, ſondern auch die Faͤhigkeit, und die Luſt beſitzen, dieſe Figur, wann ſie hoch getrieben, und lange fortgeſetzet wird, gebuͤh- rend einzuſehen. Wer nun entweder ſo bloͤ- des Verſtandes iſt, daß er den verborgenen Sinn einer Jronie nicht zu erreichen ver- mag, oder auch ſo ſchwermuͤthig, daß er al- len Schertz vor ſuͤndlich haͤlt, und in den unſchuldigſten Schriften, wenn ſie nicht nach der Salbung ſchmecken, nichts als Greuel entdecket, der wiſſe, daß ich vor ihn nicht ſchreibe. Mit ſolchen Leuten habe ich nichts
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Spoͤtter ſeyn, 1) Weil er in dem Vorbe-
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der kleinen Geiſter habe einige Aehnlichkeit
mit der unſichtbaren Kirche; 2) Weil
er meint, man koͤnne erhoͤrlich beten, oder
mit GOtt reden, ohne daß man noͤthig ha-
be, den Pſalter und die Offenbahrung Jo-
hannis auszupluͤndern: Und endlich 3) weil
er von Paulus Entzuͤckung aͤrgerlich und
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nicht allein in der Schule gelernet haben, was
eine Jronie ſey, ſondern auch die Faͤhigkeit,
und die Luſt beſitzen, dieſe Figur, wann ſie hoch
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des Verſtandes iſt, daß er den verborgenen
Sinn einer Jronie nicht zu erreichen ver-
mag, oder auch ſo ſchwermuͤthig, daß er al-
len Schertz vor ſuͤndlich haͤlt, und in den
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entdecket, der wiſſe, daß ich vor ihn nicht
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/305>, abgerufen am 25.11.2024.
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