man in einem Lande, welches mit einer fast immerwäh- renden Finsterniß bedecket ist, Quod latus mundi ne- bulae, malusque Jupiter urget, und dessen Einwoh- ner wie die Thiere in Höhlen und Löchern liegen, nicht einmahl wisse, was ein Fenster sey. Jch traue dem Hn. Medley, der ihren Pallast in Beresowa, und ihr prächtiges Lust-Schloß unfern Sobskaja an dem Oby, mit seinen Augen gesehen hat, mehr, als den elen- den Büchern, in welchen die abgeschmacktesten Fa- beln von ihrer vortreflichen Nation enthalten sind.
Wofern Sie es vor gut finden, können Sie diesen Brief in der Versammlung der vortreflichen Köpfe verlesen, welche, wie ich von dem Hn. Medley verneh- me, wöchentlich vier mahl, unter Dero Aufsicht, zu- sammen kommen. Es wird mir eine Ehre seyn, sol- chen Leuten bekannt zu werden, und Sie würden mich Jhnen ungemein verbinden, wenn Sie die Güte haben wolten, diese gelehrte Gesellschafft, in meinem Nahmen, gehorsamst zu ersuchen, mich, in Betracht meiner grossen Verdienste, aus eigener Bewegniß, zu ihrem Mitgliede anzunehmen.
Jch könte Sie dieser Mühe überheben, und nur selbst in einem wohl gesetzten Schreiben der Gesell- schafft die grosse Begierde zu erkennen geben, welche ich habe, die Zahl ihrer Glieder zu vermehren: Aber dieses ist nicht Sitte in unserm Lande. Werbey uns Lust hat, in eine gelehrte Gesellschafft aufgenommen zu werden, der begnügt sich, an das Haupt derselben ei- nen, mit einem Wunder-Bilde begleiteten, Brief zu schreiben; so ist die Sache richtig. Dieser Gebrauch gesällt mir wohl: Denn auf solche Art ist die Auf- nahme dem neuen Mitgliede um so viel rühmlicher,
weil
(o)
man in einem Lande, welches mit einer faſt im̃erwaͤh- renden Finſterniß bedecket iſt, Quod latus mundi ne- bulæ, malusque Jupiter urget, und deſſen Einwoh- ner wie die Thiere in Hoͤhlen und Loͤchern liegen, nicht einmahl wiſſe, was ein Fenſter ſey. Jch traue dem Hn. Medley, der ihren Pallaſt in Bereſowa, und ihr praͤchtiges Luſt-Schloß unfern Sobskaja an dem Oby, mit ſeinen Augen geſehen hat, mehr, als den elen- den Buͤchern, in welchen die abgeſchmackteſten Fa- beln von ihrer vortreflichen Nation enthalten ſind.
Wofern Sie es vor gut finden, koͤnnen Sie dieſen Brief in der Verſammlung der vortreflichen Koͤpfe verleſen, welche, wie ich von dem Hn. Medley verneh- me, woͤchentlich vier mahl, unter Dero Aufſicht, zu- ſammen kommen. Es wird mir eine Ehre ſeyn, ſol- chen Leuten bekannt zu werden, und Sie wuͤrden mich Jhnen ungemein verbinden, wenn Sie die Guͤte haben wolten, dieſe gelehrte Geſellſchafft, in meinem Nahmen, gehorſamſt zu erſuchen, mich, in Betracht meiner groſſen Verdienſte, aus eigener Bewegniß, zu ihrem Mitgliede anzunehmen.
Jch koͤnte Sie dieſer Muͤhe uͤberheben, und nur ſelbſt in einem wohl geſetzten Schreiben der Geſell- ſchafft die groſſe Begierde zu erkennen geben, welche ich habe, die Zahl ihrer Glieder zu vermehren: Aber dieſes iſt nicht Sitte in unſerm Lande. Werbey uns Luſt hat, in eine gelehrte Geſellſchafft aufgenom̃en zu werden, der begnuͤgt ſich, an das Haupt derſelben ei- nen, mit einem Wunder-Bilde begleiteten, Brief zu ſchreiben; ſo iſt die Sache richtig. Dieſer Gebrauch geſaͤllt mir wohl: Denn auf ſolche Art iſt die Auf- nahme dem neuen Mitgliede um ſo viel ruͤhmlicher,
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man in einem Lande, welches mit einer faſt im̃erwaͤh-
renden Finſterniß bedecket iſt, Quod latus mundi ne-
bulæ, malusque Jupiter urget, und deſſen Einwoh-
ner wie die Thiere in Hoͤhlen und Loͤchern liegen, nicht
einmahl wiſſe, was ein Fenſter ſey. Jch traue dem
Hn. Medley, der ihren Pallaſt in Bereſowa, und ihr
praͤchtiges Luſt-Schloß unfern Sobskaja an dem
Oby, mit ſeinen Augen geſehen hat, mehr, als den elen-
den Buͤchern, in welchen die abgeſchmackteſten Fa-
beln von ihrer vortreflichen Nation enthalten ſind.
Wofern Sie es vor gut finden, koͤnnen Sie dieſen
Brief in der Verſammlung der vortreflichen Koͤpfe
verleſen, welche, wie ich von dem Hn. Medley verneh-
me, woͤchentlich vier mahl, unter Dero Aufſicht, zu-
ſammen kommen. Es wird mir eine Ehre ſeyn, ſol-
chen Leuten bekannt zu werden, und Sie wuͤrden
mich Jhnen ungemein verbinden, wenn Sie die Guͤte
haben wolten, dieſe gelehrte Geſellſchafft, in meinem
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meiner groſſen Verdienſte, aus eigener Bewegniß, zu
ihrem Mitgliede anzunehmen.
Jch koͤnte Sie dieſer Muͤhe uͤberheben, und nur
ſelbſt in einem wohl geſetzten Schreiben der Geſell-
ſchafft die groſſe Begierde zu erkennen geben, welche
ich habe, die Zahl ihrer Glieder zu vermehren: Aber
dieſes iſt nicht Sitte in unſerm Lande. Werbey uns
Luſt hat, in eine gelehrte Geſellſchafft aufgenom̃en zu
werden, der begnuͤgt ſich, an das Haupt derſelben ei-
nen, mit einem Wunder-Bilde begleiteten, Brief zu
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/166>, abgerufen am 24.11.2024.
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