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Lindemann, Anna: Die Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland. Leipzig und Berlin, 1913.

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Arbeit für das Gemeindewahlrecht
Frauen am öffentlichen Leben in Gemeinde und Staat zur Folge haben
muß. Sie fordert die Heranziehung der Frauen zu den Pflichten und
Rechten kommunalen und politischen Bürgertums." Unter den aus
dieser Überzeugung fließenden Einzelforderungen führt das Programm
an: Teilnahme der Frauen am kirchlichen, kommunalen und politischen
Wahlrecht. Jnsbesondere erstrebt der Verein eine planmäßige Erweite-
rung der Frauenarbeit und Frauenrechte in der Gemeinde. Um diese
Spezialisierung auch in seinem Namen auszudrücken, gab er sich 1910
auf einer außerordentlichen Generalversammlung in Leipzig den Unter-
titel "zugleich Verband für Frauenarbeit und Frauenrechte in der Ge-
meinde". Jn Verfolgung dieser seiner Ziele gründete er 1907 die Aus-
kunftsstelle für das Gemeindewahlrecht der Frau in Frankfurt a. M.,
die im nächsten Jahre zu einer Auskunftsstelle für Gemeindeämter der
Frau, und 1911 zu einer Zentralstelle für Gemeindeämter der Frau
erweitert wurde. Unter der Leitung von Frau Jenny Apolant wird
hier für das Gemeindewahlrecht der Frau und damit für ihre politische
Befreiung überhaupt wertvolle praktische und theoretische Arbeit ge-
leistet. -- 1909 gab der Verein eine übersichtliche Zusammenstellung
über das Gemeindewahlrecht der Frau in den deutschen Bundesstaaten
heraus, in seinem 5. Flugblatt ließ er eine knappe Zusammenfassung
aller dessen folgen, was über das Gemeindewahlrecht der Frau, seine
jetzige und die Gründe für eine weitere Ausdehnung, seinen Nutzen für
Gemeindeverwaltung und Frauen, sowie über die Wege zu sagen ist,
auf denen es zu erlangen ist. 1910 richtete er an das preußische Abgeord-
netenhaus eine Petition um Abänderung der bestehenden indirekten
Gemeindewahlrechte in direkte. -- Auf der Generalversammlung in
Darmstadt 1909 wurde ein Antrag angenommen, der praktische Arbeit
der angeschlossenen Vereine für das Gemeindewahlrecht forderte. Die
antragstellende Frankfurter Ortsgruppe hatte die Wichtigkeit dieser
Arbeit erkannt bei der Aktion, die sie im Frühling 1909 gemeinsam mit
dem Frankfurter Verein für Frauenstimmrecht unternahm und Früh-
jahr 1910 zu Ende führte. Diese Arbeit, wie sie auch vom Verein
Frauenwohl in Pankow-Niederschönhausen, vom Bremer Landes-
verein des Deutschen Verbandes, von der südwestlichen Vorortsgruppe
Berlin, vom Schlesischen Landesverein für Frauenstimmrecht unter-
nommen ist, hat ihren größten Wert in der Aufklärung der Land-
frauen und in der Steigerung des Wunsches nach Umwandlung des
indirekten in ein direktes Wahlrecht. Da in allen hier genannten Fällen
die Wählerinnen sich auf keine Weise von der Stimmabgabe für die
von ihnen bezeichneten Kandidaten überzeugen konnten, war es schwer

Arbeit für das Gemeindewahlrecht
Frauen am öffentlichen Leben in Gemeinde und Staat zur Folge haben
muß. Sie fordert die Heranziehung der Frauen zu den Pflichten und
Rechten kommunalen und politischen Bürgertums.“ Unter den aus
dieser Überzeugung fließenden Einzelforderungen führt das Programm
an: Teilnahme der Frauen am kirchlichen, kommunalen und politischen
Wahlrecht. Jnsbesondere erstrebt der Verein eine planmäßige Erweite-
rung der Frauenarbeit und Frauenrechte in der Gemeinde. Um diese
Spezialisierung auch in seinem Namen auszudrücken, gab er sich 1910
auf einer außerordentlichen Generalversammlung in Leipzig den Unter-
titel „zugleich Verband für Frauenarbeit und Frauenrechte in der Ge-
meinde“. Jn Verfolgung dieser seiner Ziele gründete er 1907 die Aus-
kunftsstelle für das Gemeindewahlrecht der Frau in Frankfurt a. M.,
die im nächsten Jahre zu einer Auskunftsstelle für Gemeindeämter der
Frau, und 1911 zu einer Zentralstelle für Gemeindeämter der Frau
erweitert wurde. Unter der Leitung von Frau Jenny Apolant wird
hier für das Gemeindewahlrecht der Frau und damit für ihre politische
Befreiung überhaupt wertvolle praktische und theoretische Arbeit ge-
leistet. — 1909 gab der Verein eine übersichtliche Zusammenstellung
über das Gemeindewahlrecht der Frau in den deutschen Bundesstaaten
heraus, in seinem 5. Flugblatt ließ er eine knappe Zusammenfassung
aller dessen folgen, was über das Gemeindewahlrecht der Frau, seine
jetzige und die Gründe für eine weitere Ausdehnung, seinen Nutzen für
Gemeindeverwaltung und Frauen, sowie über die Wege zu sagen ist,
auf denen es zu erlangen ist. 1910 richtete er an das preußische Abgeord-
netenhaus eine Petition um Abänderung der bestehenden indirekten
Gemeindewahlrechte in direkte. — Auf der Generalversammlung in
Darmstadt 1909 wurde ein Antrag angenommen, der praktische Arbeit
der angeschlossenen Vereine für das Gemeindewahlrecht forderte. Die
antragstellende Frankfurter Ortsgruppe hatte die Wichtigkeit dieser
Arbeit erkannt bei der Aktion, die sie im Frühling 1909 gemeinsam mit
dem Frankfurter Verein für Frauenstimmrecht unternahm und Früh-
jahr 1910 zu Ende führte. Diese Arbeit, wie sie auch vom Verein
Frauenwohl in Pankow-Niederschönhausen, vom Bremer Landes-
verein des Deutschen Verbandes, von der südwestlichen Vorortsgruppe
Berlin, vom Schlesischen Landesverein für Frauenstimmrecht unter-
nommen ist, hat ihren größten Wert in der Aufklärung der Land-
frauen und in der Steigerung des Wunsches nach Umwandlung des
indirekten in ein direktes Wahlrecht. Da in allen hier genannten Fällen
die Wählerinnen sich auf keine Weise von der Stimmabgabe für die
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[170/0013] Arbeit für das Gemeindewahlrecht Frauen am öffentlichen Leben in Gemeinde und Staat zur Folge haben muß. Sie fordert die Heranziehung der Frauen zu den Pflichten und Rechten kommunalen und politischen Bürgertums.“ Unter den aus dieser Überzeugung fließenden Einzelforderungen führt das Programm an: Teilnahme der Frauen am kirchlichen, kommunalen und politischen Wahlrecht. Jnsbesondere erstrebt der Verein eine planmäßige Erweite- rung der Frauenarbeit und Frauenrechte in der Gemeinde. Um diese Spezialisierung auch in seinem Namen auszudrücken, gab er sich 1910 auf einer außerordentlichen Generalversammlung in Leipzig den Unter- titel „zugleich Verband für Frauenarbeit und Frauenrechte in der Ge- meinde“. Jn Verfolgung dieser seiner Ziele gründete er 1907 die Aus- kunftsstelle für das Gemeindewahlrecht der Frau in Frankfurt a. M., die im nächsten Jahre zu einer Auskunftsstelle für Gemeindeämter der Frau, und 1911 zu einer Zentralstelle für Gemeindeämter der Frau erweitert wurde. Unter der Leitung von Frau Jenny Apolant wird hier für das Gemeindewahlrecht der Frau und damit für ihre politische Befreiung überhaupt wertvolle praktische und theoretische Arbeit ge- leistet. — 1909 gab der Verein eine übersichtliche Zusammenstellung über das Gemeindewahlrecht der Frau in den deutschen Bundesstaaten heraus, in seinem 5. Flugblatt ließ er eine knappe Zusammenfassung aller dessen folgen, was über das Gemeindewahlrecht der Frau, seine jetzige und die Gründe für eine weitere Ausdehnung, seinen Nutzen für Gemeindeverwaltung und Frauen, sowie über die Wege zu sagen ist, auf denen es zu erlangen ist. 1910 richtete er an das preußische Abgeord- netenhaus eine Petition um Abänderung der bestehenden indirekten Gemeindewahlrechte in direkte. — Auf der Generalversammlung in Darmstadt 1909 wurde ein Antrag angenommen, der praktische Arbeit der angeschlossenen Vereine für das Gemeindewahlrecht forderte. Die antragstellende Frankfurter Ortsgruppe hatte die Wichtigkeit dieser Arbeit erkannt bei der Aktion, die sie im Frühling 1909 gemeinsam mit dem Frankfurter Verein für Frauenstimmrecht unternahm und Früh- jahr 1910 zu Ende führte. Diese Arbeit, wie sie auch vom Verein Frauenwohl in Pankow-Niederschönhausen, vom Bremer Landes- verein des Deutschen Verbandes, von der südwestlichen Vorortsgruppe Berlin, vom Schlesischen Landesverein für Frauenstimmrecht unter- nommen ist, hat ihren größten Wert in der Aufklärung der Land- frauen und in der Steigerung des Wunsches nach Umwandlung des indirekten in ein direktes Wahlrecht. Da in allen hier genannten Fällen die Wählerinnen sich auf keine Weise von der Stimmabgabe für die von ihnen bezeichneten Kandidaten überzeugen konnten, war es schwer

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-01-26T16:17:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-01-26T16:17:50Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Lindemann, Anna: Die Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland. Leipzig und Berlin, 1913, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lindemann_frauenstimmrechtsbewegung_1913/13>, abgerufen am 29.03.2024.