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Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883].

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Langsam auf Brachfeld und Moor welkt der Tag,
Und blaß zwinkern drei, vier Sterne,
Wie Kätzchenäugelchen, die zum ersten Mal in die
Welt blinzeln.
Es schweigt der Wind.
Eine Kuh brüllt auf fernen Feldern
In weiter Stille.
Still und einsam.
Aus der schwarzen Wasserlache
Steigt in lang weißem Gewand ein Priester.
Und in seiner Hand, hoch dem Haupte,
Glänzt die Monstranz.
Die Monstranz?
Vor zweihundert und etlichen Jahren
Sind die Schweden durchs Land gefahren,
Und ein wüster Blondgesell
Stahl aus der Kirche das Heiligste schnell
Und steckt in den Sack das Stück.
Doch hinter ihm her kam der Priester gerannt,
Ein junger, tapferer Prädikant,
Und kämpft es zurück.
Aber wehe, o weh,
Hinterm Busch im Klee,
Lag des Schweden Kamerad,
Von Axel Cederstolpe's Dragonern, Sven Grath
Die beiden schlugen den Priester tot,
Der hat in seiner letzten Not
Das Hostiengefäß gehalten,
Daß sich die Finger krallten in Wachs ...
... und sie warfen ihn ins Loch.

Langſam auf Brachfeld und Moor welkt der Tag,
Und blaß zwinkern drei, vier Sterne,
Wie Kätzchenäugelchen, die zum erſten Mal in die
Welt blinzeln.
Es ſchweigt der Wind.
Eine Kuh brüllt auf fernen Feldern
In weiter Stille.
Still und einſam.
Aus der ſchwarzen Waſſerlache
Steigt in lang weißem Gewand ein Prieſter.
Und in ſeiner Hand, hoch dem Haupte,
Glänzt die Monſtranz.
Die Monſtranz?
Vor zweihundert und etlichen Jahren
Sind die Schweden durchs Land gefahren,
Und ein wüſter Blondgeſell
Stahl aus der Kirche das Heiligſte ſchnell
Und ſteckt in den Sack das Stück.
Doch hinter ihm her kam der Prieſter gerannt,
Ein junger, tapferer Prädikant,
Und kämpft es zurück.
Aber wehe, o weh,
Hinterm Buſch im Klee,
Lag des Schweden Kamerad,
Von Axel Cederſtolpe’s Dragonern, Sven Grath
Die beiden ſchlugen den Prieſter tot,
Der hat in ſeiner letzten Not
Das Hoſtiengefäß gehalten,
Daß ſich die Finger krallten in Wachs …
… und ſie warfen ihn ins Loch.

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[54/0062] Langſam auf Brachfeld und Moor welkt der Tag, Und blaß zwinkern drei, vier Sterne, Wie Kätzchenäugelchen, die zum erſten Mal in die Welt blinzeln. Es ſchweigt der Wind. Eine Kuh brüllt auf fernen Feldern In weiter Stille. Still und einſam. Aus der ſchwarzen Waſſerlache Steigt in lang weißem Gewand ein Prieſter. Und in ſeiner Hand, hoch dem Haupte, Glänzt die Monſtranz. Die Monſtranz? Vor zweihundert und etlichen Jahren Sind die Schweden durchs Land gefahren, Und ein wüſter Blondgeſell Stahl aus der Kirche das Heiligſte ſchnell Und ſteckt in den Sack das Stück. Doch hinter ihm her kam der Prieſter gerannt, Ein junger, tapferer Prädikant, Und kämpft es zurück. Aber wehe, o weh, Hinterm Buſch im Klee, Lag des Schweden Kamerad, Von Axel Cederſtolpe’s Dragonern, Sven Grath Die beiden ſchlugen den Prieſter tot, Der hat in ſeiner letzten Not Das Hoſtiengefäß gehalten, Daß ſich die Finger krallten in Wachs … … und ſie warfen ihn ins Loch.

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Zitationshilfe: Liliencron, Detlev von: Adjutantenritte und andere Gedichte. Leipzig, [1883], S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liliencron_adjutantenritte_1883/62>, abgerufen am 29.03.2024.