Liebknecht, Wilhelm: Zur orientalischen Frage oder Soll Europa kosakisch werden? 2. Aufl. Leipzig, 1878.entworfen, er bestand auch darauf, daß Diebitsch coaute que coaute (es Unter dem Vorwand, den europäischen Frieden zu sichern, gelang Nach der Ueberschreitung des Balkan durch Diebitsch hatte letzterer Am 28. August kamen die zwei türkischen Bevollmächtigten Sadek Aber während der Unterhandlungen stieß Diebitsch Die Festungen von Braila, Giurgewo und Kalafat zu schleifen, entworfen, er beſtand auch darauf, daß Diebitſch coûte que coûte (es Unter dem Vorwand, den europäiſchen Frieden zu ſichern, gelang Nach der Ueberſchreitung des Balkan durch Diebitſch hatte letzterer Am 28. Auguſt kamen die zwei türkiſchen Bevollmächtigten Sadek Aber während der Unterhandlungen ſtieß Diebitſch Die Feſtungen von Braila, Giurgewo und Kalafat zu ſchleifen, <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <p><pb facs="#f0065" n="61"/> entworfen, er beſtand auch darauf, daß Diebitſch <hi rendition="#aq">coûte que coûte</hi> (es<lb/> koſte was es wolle) über den Balkan marſchiren müſſe, während er<lb/> in Conſtantinopel als Friedensvermittler intriguirte; er ſagt ſelbſt, daß<lb/> der Sultan, durch ſolchen Marſch <hi rendition="#g">erſchreckt,</hi> „an ihn als Freund‟<lb/> appelliren werde.</p><lb/> <p>Unter dem Vorwand, den europäiſchen Frieden zu ſichern, gelang<lb/> es ihm, Frankreich und England zu kirren; letzteres namentlich, indem<lb/> er durch den ruſſenfreundlichen engliſchen Geſandten Robert Gordon<lb/> auf deſſen Bruder, den <hi rendition="#g">Earl of Aberdeen</hi> und durch dieſen auf<lb/><hi rendition="#g">Wellington</hi> — der es ſpäter bitter bereut hat — wirkte.</p><lb/> <p>Nach der Ueberſchreitung des Balkan durch Diebitſch hatte letzterer<lb/> das Vergnügen, daß am 25. <hi rendition="#g">Juli</hi> (1829) Reſchid Paſcha ihn brief-<lb/> lich zur Eröffnung der Friedensverhandlungen einlud. <hi rendition="#g">Am ſelben<lb/> Tage</hi> hatte Müffling ſeine erſte Unterredung mit Reis Effendi (dem<lb/> türkiſchen Miniſter des Auswärtigen), den er durch heftige Sprache<lb/> (<hi rendition="#aq">à la</hi> Prinz Reuß) einſchüchterte; er berief ſich dabei auf Gordon ꝛc.<lb/> Der Sultan, unter dem Drucke des preußiſchen Geſandten (unterſtützt<lb/> vom engliſchen <hi rendition="#g">Geſandten</hi> Gordon und dem franzöſiſchen <hi rendition="#g">Guille-<lb/> minot,</hi> beide durch <hi rendition="#g">Müffling</hi> bearbeitet), nahm folgende 5 Friedens-<lb/> bedingungen an: 1) Jntegrität des ottomaniſchen Reichs; 2) Erhaltung<lb/> der früheren Verträge zwiſchen der Pforte und Rußland; 3) Zutritt<lb/> der Pforte zum Vertrag von London (geſchloſſen 6. <hi rendition="#g">Juli 1827</hi>)<lb/> zwiſchen Frankreich, England und Rußland, betreffend die Regulirung<lb/> der griechiſchen Angelegenheiten; 4) ſolide Garantien für die Freiheit<lb/> der Schifffahrt im Schwarzen Meer; 5) weitere Negotiationen (Ver-<lb/> handlungen) zwiſchen türkiſchen und ruſſiſchen Geſchäftsführern über Jn-<lb/> demnitäts-(Entſchädigungs-) Forderungen und alle anderen Prätentionen<lb/> (Anſprüche) der beiden Parteien.</p><lb/> <p>Am 28. Auguſt kamen die zwei türkiſchen Bevollmächtigten Sadek<lb/> Effendi und Abdul Kader Bey, begleitet von <hi rendition="#g">Küſter</hi> (<hi rendition="#g">preußiſcher<lb/> Geſandtſchaftsattach<hi rendition="#aq">é</hi></hi> in Conſtantinopel) zu Adrianopel an, wo<lb/> das ruſſiſche Generalquartier ſeit ungefähr 8 Tagen war. <hi rendition="#g">Am<lb/> 1. September</hi> eröffnete Diebitſch die Unterhandlungen, ohne die<lb/><hi rendition="#g">ruſſiſchen Bevollmächtigten</hi> (Alexis Orloff und Pahlen), die<lb/> erſt bis Burgas gekommen, abzuwarten.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Aber während der Unterhandlungen ſtieß Diebitſch<lb/> fortwährend ſeine Truppen nach Conſtantinopel vor.</hi><lb/> Frech und arrogant (<hi rendition="#g">trotz</hi> ſeiner faulen Lage oder vielmehr <hi rendition="#g">wegen</hi><lb/> derſelben) verlangte er in einem <hi rendition="#g">Termin von 8 Tagen</hi> Zuſtimmung<lb/> der türkiſchen Bevollmächtigten zu folgenden Punkten:</p><lb/> <p>Die Feſtungen von Braila, Giurgewo und Kalafat zu ſchleifen,<lb/> die Orte ſelbſt der Wallachei einzuverleiben. Abtretung an Rußland<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [61/0065]
entworfen, er beſtand auch darauf, daß Diebitſch coûte que coûte (es
koſte was es wolle) über den Balkan marſchiren müſſe, während er
in Conſtantinopel als Friedensvermittler intriguirte; er ſagt ſelbſt, daß
der Sultan, durch ſolchen Marſch erſchreckt, „an ihn als Freund‟
appelliren werde.
Unter dem Vorwand, den europäiſchen Frieden zu ſichern, gelang
es ihm, Frankreich und England zu kirren; letzteres namentlich, indem
er durch den ruſſenfreundlichen engliſchen Geſandten Robert Gordon
auf deſſen Bruder, den Earl of Aberdeen und durch dieſen auf
Wellington — der es ſpäter bitter bereut hat — wirkte.
Nach der Ueberſchreitung des Balkan durch Diebitſch hatte letzterer
das Vergnügen, daß am 25. Juli (1829) Reſchid Paſcha ihn brief-
lich zur Eröffnung der Friedensverhandlungen einlud. Am ſelben
Tage hatte Müffling ſeine erſte Unterredung mit Reis Effendi (dem
türkiſchen Miniſter des Auswärtigen), den er durch heftige Sprache
(à la Prinz Reuß) einſchüchterte; er berief ſich dabei auf Gordon ꝛc.
Der Sultan, unter dem Drucke des preußiſchen Geſandten (unterſtützt
vom engliſchen Geſandten Gordon und dem franzöſiſchen Guille-
minot, beide durch Müffling bearbeitet), nahm folgende 5 Friedens-
bedingungen an: 1) Jntegrität des ottomaniſchen Reichs; 2) Erhaltung
der früheren Verträge zwiſchen der Pforte und Rußland; 3) Zutritt
der Pforte zum Vertrag von London (geſchloſſen 6. Juli 1827)
zwiſchen Frankreich, England und Rußland, betreffend die Regulirung
der griechiſchen Angelegenheiten; 4) ſolide Garantien für die Freiheit
der Schifffahrt im Schwarzen Meer; 5) weitere Negotiationen (Ver-
handlungen) zwiſchen türkiſchen und ruſſiſchen Geſchäftsführern über Jn-
demnitäts-(Entſchädigungs-) Forderungen und alle anderen Prätentionen
(Anſprüche) der beiden Parteien.
Am 28. Auguſt kamen die zwei türkiſchen Bevollmächtigten Sadek
Effendi und Abdul Kader Bey, begleitet von Küſter (preußiſcher
Geſandtſchaftsattaché in Conſtantinopel) zu Adrianopel an, wo
das ruſſiſche Generalquartier ſeit ungefähr 8 Tagen war. Am
1. September eröffnete Diebitſch die Unterhandlungen, ohne die
ruſſiſchen Bevollmächtigten (Alexis Orloff und Pahlen), die
erſt bis Burgas gekommen, abzuwarten.
Aber während der Unterhandlungen ſtieß Diebitſch
fortwährend ſeine Truppen nach Conſtantinopel vor.
Frech und arrogant (trotz ſeiner faulen Lage oder vielmehr wegen
derſelben) verlangte er in einem Termin von 8 Tagen Zuſtimmung
der türkiſchen Bevollmächtigten zu folgenden Punkten:
Die Feſtungen von Braila, Giurgewo und Kalafat zu ſchleifen,
die Orte ſelbſt der Wallachei einzuverleiben. Abtretung an Rußland
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