und Albumin. Sie lösen sich alle drei in concentrirter Salz- säure mit der nämlichen indigblauen Farbe auf, und auch in ihren physikalischen Eigenschaften sind Thierfibrin und Thier- albumin von Pflanzenfibrin und Pflanzenalbumin in keiner Weise verschieden. Es verdient ganz besonders hervorgeho- ben zu werden, daß hier unter einer gleichen Zusammensetzung nicht bloß eine ähnliche gemeint ist, sondern es ist auch in Beziehung auf ihren Gehalt an Phosphor, Schwefel, Kno- chenerde und Alkalien kein Unterschied wahrnehmbar 8).
In welcher bewundernswürdigen Einfachheit erscheint nach diesen Entdeckungen der Bildungsproceß im Thiere, die Ent- stehung seiner Organe, der Hauptträger der Lebensthätigkeit. Die Pflanzenstoffe, welche in den Thieren zur Blutbildung verwendet werden, enthalten die Hauptbestandtheile des Blu- tes, Fibrin und Albumin, fertig gebildet allen ihren Ele- menten nach, alle Pflanzen enthalten noch überdies eine ge- wisse Menge Eisen, was wir im Blutfarbestoff wiederfinden. Pflanzenfibrin und Thierfibrin, Pflanzenalbumin und Thier- albumin sind kaum der Form nach verschieden; wenn diese Stoffe in der Nahrung der Thiere fehlen, so hört die Er- nährung der Thiere auf, und wenn sie darin gegeben wer- den, so empfängt das pflanzenfressende Thier die nämlichen Materien, auf welche die fleischfressenden zu ihrer Erhaltung beschränkt sind.
Die Pflanzen erzeugen in ihrem Organismus das Blut aller Thiere, denn in dem Blut und Fleisch der pflanzen- fressenden verzehren die fleischfressenden im eigentlichen Sinne
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Reſpiration und Ernährung.
und Albumin. Sie löſen ſich alle drei in concentrirter Salz- ſäure mit der nämlichen indigblauen Farbe auf, und auch in ihren phyſikaliſchen Eigenſchaften ſind Thierfibrin und Thier- albumin von Pflanzenfibrin und Pflanzenalbumin in keiner Weiſe verſchieden. Es verdient ganz beſonders hervorgeho- ben zu werden, daß hier unter einer gleichen Zuſammenſetzung nicht bloß eine ähnliche gemeint iſt, ſondern es iſt auch in Beziehung auf ihren Gehalt an Phosphor, Schwefel, Kno- chenerde und Alkalien kein Unterſchied wahrnehmbar 8).
In welcher bewundernswürdigen Einfachheit erſcheint nach dieſen Entdeckungen der Bildungsproceß im Thiere, die Ent- ſtehung ſeiner Organe, der Hauptträger der Lebensthätigkeit. Die Pflanzenſtoffe, welche in den Thieren zur Blutbildung verwendet werden, enthalten die Hauptbeſtandtheile des Blu- tes, Fibrin und Albumin, fertig gebildet allen ihren Ele- menten nach, alle Pflanzen enthalten noch überdies eine ge- wiſſe Menge Eiſen, was wir im Blutfarbeſtoff wiederfinden. Pflanzenfibrin und Thierfibrin, Pflanzenalbumin und Thier- albumin ſind kaum der Form nach verſchieden; wenn dieſe Stoffe in der Nahrung der Thiere fehlen, ſo hört die Er- nährung der Thiere auf, und wenn ſie darin gegeben wer- den, ſo empfängt das pflanzenfreſſende Thier die nämlichen Materien, auf welche die fleiſchfreſſenden zu ihrer Erhaltung beſchränkt ſind.
Die Pflanzen erzeugen in ihrem Organismus das Blut aller Thiere, denn in dem Blut und Fleiſch der pflanzen- freſſenden verzehren die fleiſchfreſſenden im eigentlichen Sinne
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Reſpiration und Ernährung.
und Albumin. Sie löſen ſich alle drei in concentrirter Salz-
ſäure mit der nämlichen indigblauen Farbe auf, und auch in
ihren phyſikaliſchen Eigenſchaften ſind Thierfibrin und Thier-
albumin von Pflanzenfibrin und Pflanzenalbumin in keiner
Weiſe verſchieden. Es verdient ganz beſonders hervorgeho-
ben zu werden, daß hier unter einer gleichen Zuſammenſetzung
nicht bloß eine ähnliche gemeint iſt, ſondern es iſt auch in
Beziehung auf ihren Gehalt an Phosphor, Schwefel, Kno-
chenerde und Alkalien kein Unterſchied wahrnehmbar 8).
In welcher bewundernswürdigen Einfachheit erſcheint nach
dieſen Entdeckungen der Bildungsproceß im Thiere, die Ent-
ſtehung ſeiner Organe, der Hauptträger der Lebensthätigkeit.
Die Pflanzenſtoffe, welche in den Thieren zur Blutbildung
verwendet werden, enthalten die Hauptbeſtandtheile des Blu-
tes, Fibrin und Albumin, fertig gebildet allen ihren Ele-
menten nach, alle Pflanzen enthalten noch überdies eine ge-
wiſſe Menge Eiſen, was wir im Blutfarbeſtoff wiederfinden.
Pflanzenfibrin und Thierfibrin, Pflanzenalbumin und Thier-
albumin ſind kaum der Form nach verſchieden; wenn dieſe
Stoffe in der Nahrung der Thiere fehlen, ſo hört die Er-
nährung der Thiere auf, und wenn ſie darin gegeben wer-
den, ſo empfängt das pflanzenfreſſende Thier die nämlichen
Materien, auf welche die fleiſchfreſſenden zu ihrer Erhaltung
beſchränkt ſind.
Die Pflanzen erzeugen in ihrem Organismus das Blut
aller Thiere, denn in dem Blut und Fleiſch der pflanzen-
freſſenden verzehren die fleiſchfreſſenden im eigentlichen Sinne
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/73>, abgerufen am 23.07.2024.
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