zubringen. Es tritt eine vollkommne Hebung der ursprünglichen Krankheit ein, wenn Widerstand und Einwirkung an dem kranken Körpertheil ins Gleichgewicht gebracht sind. Es erfolgt Ge- sundheit, Wiederherstellung des kranken Körpertheils in seinem ursprünglichen Zustande, wenn es gelingt, die störende Action des Sauerstoffs durch irgend ein Mittel so weit zu schwächen, daß sie kleiner wird, als der Widerstand der un- ausgesetzt vorhandenen, wiewohl verminderten Lebensthätig- keit; denn dies ist die Bedingung der Zunahme an Masse im lebendigen Organismus überhaupt.
In Fällen anderer Art, wo die äußeren künstlichen Stö- rungen ohne Wirkung sind, schlägt der praktische Arzt, um den Widerstand der Lebensthätigkeit zu erhöhen, andere in- directe Wege ein, auf welche die vollendetste Theorie, weder scharfsichtiger noch richtiger, hätte führen können; er ver- mindert nämlich durch Blutentziehung die Anzahl der Trä- ger des Sauerstoffs und damit die Bedingung des Stoff- wechsels; er schließt in der Speise alle Stoffe aus, welche die Fähigkeit besitzen, zu Blut zu werden; er giebt ausschließ- lich oder vorzugsweise nur stickstofffreie Nahrung, welche den Respirationsproceß unterhält, so wie Obst und Theile von Vegetabilien, welche die zu den Secreten nöthigen Alkalien enthalten.
Gelingt es ihm, die Einwirkung des Sauerstoffs im Blute auf den kranken Körpertheil so weit zu vermindern, daß die Lebensthätigkeit des letztern, sein Widerstand, die chemische Action nur etwas überwiegt, und geschieht dies, ohne den
im Thierorganismus.
zubringen. Es tritt eine vollkommne Hebung der urſprünglichen Krankheit ein, wenn Widerſtand und Einwirkung an dem kranken Körpertheil ins Gleichgewicht gebracht ſind. Es erfolgt Ge- ſundheit, Wiederherſtellung des kranken Körpertheils in ſeinem urſprünglichen Zuſtande, wenn es gelingt, die ſtörende Action des Sauerſtoffs durch irgend ein Mittel ſo weit zu ſchwächen, daß ſie kleiner wird, als der Widerſtand der un- ausgeſetzt vorhandenen, wiewohl verminderten Lebensthätig- keit; denn dies iſt die Bedingung der Zunahme an Maſſe im lebendigen Organismus überhaupt.
In Fällen anderer Art, wo die äußeren künſtlichen Stö- rungen ohne Wirkung ſind, ſchlägt der praktiſche Arzt, um den Widerſtand der Lebensthätigkeit zu erhöhen, andere in- directe Wege ein, auf welche die vollendetſte Theorie, weder ſcharfſichtiger noch richtiger, hätte führen können; er ver- mindert nämlich durch Blutentziehung die Anzahl der Trä- ger des Sauerſtoffs und damit die Bedingung des Stoff- wechſels; er ſchließt in der Speiſe alle Stoffe aus, welche die Fähigkeit beſitzen, zu Blut zu werden; er giebt ausſchließ- lich oder vorzugsweiſe nur ſtickſtofffreie Nahrung, welche den Reſpirationsproceß unterhält, ſo wie Obſt und Theile von Vegetabilien, welche die zu den Secreten nöthigen Alkalien enthalten.
Gelingt es ihm, die Einwirkung des Sauerſtoffs im Blute auf den kranken Körpertheil ſo weit zu vermindern, daß die Lebensthätigkeit des letztern, ſein Widerſtand, die chemiſche Action nur etwas überwiegt, und geſchieht dies, ohne den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0289"n="265"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">im Thierorganismus</hi>.</fw><lb/>
zubringen. Es tritt eine vollkommne Hebung der urſprünglichen<lb/>
Krankheit ein, wenn Widerſtand und Einwirkung an dem kranken<lb/>
Körpertheil ins Gleichgewicht gebracht ſind. Es erfolgt Ge-<lb/>ſundheit, Wiederherſtellung des kranken Körpertheils in ſeinem<lb/>
urſprünglichen Zuſtande, wenn es gelingt, die ſtörende<lb/>
Action des Sauerſtoffs durch irgend ein Mittel ſo weit zu<lb/>ſchwächen, daß ſie kleiner wird, als der Widerſtand der un-<lb/>
ausgeſetzt vorhandenen, wiewohl verminderten Lebensthätig-<lb/>
keit; denn dies iſt die Bedingung der Zunahme an Maſſe<lb/>
im lebendigen Organismus überhaupt.</p><lb/><p>In Fällen anderer Art, wo die äußeren künſtlichen Stö-<lb/>
rungen ohne Wirkung ſind, ſchlägt der praktiſche Arzt, um<lb/>
den Widerſtand der Lebensthätigkeit zu erhöhen, andere in-<lb/>
directe Wege ein, auf welche die vollendetſte Theorie, weder<lb/>ſcharfſichtiger noch richtiger, hätte führen können; er ver-<lb/>
mindert nämlich durch Blutentziehung die Anzahl der Trä-<lb/>
ger des Sauerſtoffs und damit die Bedingung des Stoff-<lb/>
wechſels; er ſchließt in der Speiſe alle Stoffe aus, welche<lb/>
die Fähigkeit beſitzen, zu Blut zu werden; er giebt ausſchließ-<lb/>
lich oder vorzugsweiſe nur ſtickſtofffreie Nahrung, welche den<lb/>
Reſpirationsproceß unterhält, ſo wie Obſt und Theile von<lb/>
Vegetabilien, welche die zu den Secreten nöthigen Alkalien<lb/>
enthalten.</p><lb/><p>Gelingt es ihm, die Einwirkung des Sauerſtoffs im Blute<lb/>
auf den kranken Körpertheil ſo weit zu vermindern, daß die<lb/>
Lebensthätigkeit des letztern, ſein Widerſtand, die chemiſche<lb/>
Action nur etwas überwiegt, und geſchieht dies, ohne den<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[265/0289]
im Thierorganismus.
zubringen. Es tritt eine vollkommne Hebung der urſprünglichen
Krankheit ein, wenn Widerſtand und Einwirkung an dem kranken
Körpertheil ins Gleichgewicht gebracht ſind. Es erfolgt Ge-
ſundheit, Wiederherſtellung des kranken Körpertheils in ſeinem
urſprünglichen Zuſtande, wenn es gelingt, die ſtörende
Action des Sauerſtoffs durch irgend ein Mittel ſo weit zu
ſchwächen, daß ſie kleiner wird, als der Widerſtand der un-
ausgeſetzt vorhandenen, wiewohl verminderten Lebensthätig-
keit; denn dies iſt die Bedingung der Zunahme an Maſſe
im lebendigen Organismus überhaupt.
In Fällen anderer Art, wo die äußeren künſtlichen Stö-
rungen ohne Wirkung ſind, ſchlägt der praktiſche Arzt, um
den Widerſtand der Lebensthätigkeit zu erhöhen, andere in-
directe Wege ein, auf welche die vollendetſte Theorie, weder
ſcharfſichtiger noch richtiger, hätte führen können; er ver-
mindert nämlich durch Blutentziehung die Anzahl der Trä-
ger des Sauerſtoffs und damit die Bedingung des Stoff-
wechſels; er ſchließt in der Speiſe alle Stoffe aus, welche
die Fähigkeit beſitzen, zu Blut zu werden; er giebt ausſchließ-
lich oder vorzugsweiſe nur ſtickſtofffreie Nahrung, welche den
Reſpirationsproceß unterhält, ſo wie Obſt und Theile von
Vegetabilien, welche die zu den Secreten nöthigen Alkalien
enthalten.
Gelingt es ihm, die Einwirkung des Sauerſtoffs im Blute
auf den kranken Körpertheil ſo weit zu vermindern, daß die
Lebensthätigkeit des letztern, ſein Widerſtand, die chemiſche
Action nur etwas überwiegt, und geſchieht dies, ohne den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/289>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.