Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.Die Bewegungserscheinungen neue Producte, welche die nächstliegenden Theile zu ihreneigenen vitalen Function nicht verwenden können, sind ihre Umgebungen unfähig, sie anderen Orten, wo sie eine Verän- derung erfahren können, zuzuführen, so erleiden sie an dem Orte selbst, wo sie sich gebildet haben, einen der Verwe- sung, Fäulniß oder Gährung ähnlichen Umsetzungsproceß. In gewissen Fällen beseitigt die Heilkunde diese Krank- Der raschere Stoffwechsel und die höhere Temperatur Die Bewegungserſcheinungen neue Producte, welche die nächſtliegenden Theile zu ihreneigenen vitalen Function nicht verwenden können, ſind ihre Umgebungen unfähig, ſie anderen Orten, wo ſie eine Verän- derung erfahren können, zuzuführen, ſo erleiden ſie an dem Orte ſelbſt, wo ſie ſich gebildet haben, einen der Verwe- ſung, Fäulniß oder Gährung ähnlichen Umſetzungsproceß. In gewiſſen Fällen beſeitigt die Heilkunde dieſe Krank- Der raſchere Stoffwechſel und die höhere Temperatur <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0288" n="264"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Bewegungserſcheinungen</hi></fw><lb/> neue Producte, welche die nächſtliegenden Theile zu ihren<lb/> eigenen vitalen Function nicht verwenden können, ſind ihre<lb/> Umgebungen unfähig, ſie anderen Orten, wo ſie eine Verän-<lb/> derung erfahren können, zuzuführen, ſo erleiden ſie an dem<lb/> Orte ſelbſt, wo ſie ſich gebildet haben, einen der Verwe-<lb/> ſung, Fäulniß oder Gährung ähnlichen Umſetzungsproceß.</p><lb/> <p>In gewiſſen Fällen beſeitigt die Heilkunde dieſe Krank-<lb/> heitszuſtände, indem ſie in der Nähe des kranken, oder an<lb/> irgend einem andern paſſenden Ort, einen künſtlichen Krank-<lb/> heitszuſtand (Blaſenpflaſter, Senfpflaſter, Haarſeil ꝛc.) her-<lb/> vorbringt, indem ſie an dieſen Orten den Widerſtand der<lb/> Lebensthätigkeit durch künſtliche Störungen vermindert; es ge-<lb/> lingt dem Arzte, den urſprünglichen Krankheitszuſtand zu he-<lb/> ben, wenn die hervorgebrachte Störung (der verringerte Wi-<lb/> derſtand) die zu beſiegende Krankheitsſtörung überwiegt.</p><lb/> <p>Der raſchere Stoffwechſel und die höhere Temperatur<lb/> an dem kranken Orte zeigt, daß der Widerſtand der Lebens-<lb/> thätigkeit an dem kranken Orte gegen den Sauerſtoff ſchwä-<lb/> cher iſt, wie im geſunden Zuſtande, aber erſt mit dem Tode<lb/> hört er völlig auf. Durch die künſtliche Verminderung des<lb/> Widerſtandes an einem andern Körpertheil wird der Wi-<lb/> derſtand des urſprünglich kranken Theils zwar direct nicht<lb/> verſtärkt, allein die chemiſche Action (die Urſache des Stoff-<lb/> wechſels) nimmt an dem kranken Körpertheil ab, indem ſie<lb/> einem andern Orte zugelenkt wird, wo es der Kunſt des<lb/> Arztes gelungen iſt, einen noch geringern Widerſtand gegen<lb/> Stoffwechſel (gegen die Einwirkung des Sauerſtoffs) hervor-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [264/0288]
Die Bewegungserſcheinungen
neue Producte, welche die nächſtliegenden Theile zu ihren
eigenen vitalen Function nicht verwenden können, ſind ihre
Umgebungen unfähig, ſie anderen Orten, wo ſie eine Verän-
derung erfahren können, zuzuführen, ſo erleiden ſie an dem
Orte ſelbſt, wo ſie ſich gebildet haben, einen der Verwe-
ſung, Fäulniß oder Gährung ähnlichen Umſetzungsproceß.
In gewiſſen Fällen beſeitigt die Heilkunde dieſe Krank-
heitszuſtände, indem ſie in der Nähe des kranken, oder an
irgend einem andern paſſenden Ort, einen künſtlichen Krank-
heitszuſtand (Blaſenpflaſter, Senfpflaſter, Haarſeil ꝛc.) her-
vorbringt, indem ſie an dieſen Orten den Widerſtand der
Lebensthätigkeit durch künſtliche Störungen vermindert; es ge-
lingt dem Arzte, den urſprünglichen Krankheitszuſtand zu he-
ben, wenn die hervorgebrachte Störung (der verringerte Wi-
derſtand) die zu beſiegende Krankheitsſtörung überwiegt.
Der raſchere Stoffwechſel und die höhere Temperatur
an dem kranken Orte zeigt, daß der Widerſtand der Lebens-
thätigkeit an dem kranken Orte gegen den Sauerſtoff ſchwä-
cher iſt, wie im geſunden Zuſtande, aber erſt mit dem Tode
hört er völlig auf. Durch die künſtliche Verminderung des
Widerſtandes an einem andern Körpertheil wird der Wi-
derſtand des urſprünglich kranken Theils zwar direct nicht
verſtärkt, allein die chemiſche Action (die Urſache des Stoff-
wechſels) nimmt an dem kranken Körpertheil ab, indem ſie
einem andern Orte zugelenkt wird, wo es der Kunſt des
Arztes gelungen iſt, einen noch geringern Widerſtand gegen
Stoffwechſel (gegen die Einwirkung des Sauerſtoffs) hervor-
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