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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.

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im Thierorganismus.

Da nun verschiedene Individuen in 24 Stunden, je nach der
zur Hervorbringung willkürlicher, mechanischer Effecte verwen-
deten Kraft, eine ungleiche Menge von ihren belebten Körper-
theilen verbrauchen, so muß für ein jedes, wenn die Bewe-
gungserscheinungen nicht ihre Grenze finden sollen, ein Zu-
stand eintreten, in welchem alle willkürlichen Bewegungen
völlig unterdrückt sind, wo also für diese kein Verbrauch
stattfindet. Dieser Zustand heißt Schlaf.

Auf die Fähigkeit der Zunahme an Masse eines Körpertheils,
dem sein Kraftmoment nicht genommen worden ist, kann der
Verbrauch desselben zu mechanischen Effecten in einem andern
Körpertheil, nicht den geringsten Einfluß äußern (der eine
kann an Masse zunehmen, während der andere abnimmt, ohne
daß sich beide Actionen stören), der Verbrauch in dem einen
kann den Ersatz in dem andern nicht vermindern und nicht
steigern.

Da nun der Verbrauch an mechanischer Kraft zu den un-
willkürlichen Bewegungen im Schlafe fortdauert, so ist klar,
daß auch ein Verbrauch an Stoff im Schlafe fortdauert, und
es muß, wenn das ursprüngliche Gleichgewicht wieder eintre-
ten soll, vorausgesetzt werden, daß während des Schlafes eine
eben so große Quantität von Kraft (in der Form belebter
Körpertheile) sich wieder sammelt, als in der vorherge-
gangenen Zeit des Wachens zu den willkürlichen und unwill-
kürlichen mechanischen Effecten verwendet worden ist.

Wird das Gleichgewicht in Ersatz und Verbrauch von
Stoff im mindesten gestört, so giebt sich dies sogleich in

im Thierorganismus.

Da nun verſchiedene Individuen in 24 Stunden, je nach der
zur Hervorbringung willkürlicher, mechaniſcher Effecte verwen-
deten Kraft, eine ungleiche Menge von ihren belebten Körper-
theilen verbrauchen, ſo muß für ein jedes, wenn die Bewe-
gungserſcheinungen nicht ihre Grenze finden ſollen, ein Zu-
ſtand eintreten, in welchem alle willkürlichen Bewegungen
völlig unterdrückt ſind, wo alſo für dieſe kein Verbrauch
ſtattfindet. Dieſer Zuſtand heißt Schlaf.

Auf die Fähigkeit der Zunahme an Maſſe eines Körpertheils,
dem ſein Kraftmoment nicht genommen worden iſt, kann der
Verbrauch deſſelben zu mechaniſchen Effecten in einem andern
Körpertheil, nicht den geringſten Einfluß äußern (der eine
kann an Maſſe zunehmen, während der andere abnimmt, ohne
daß ſich beide Actionen ſtören), der Verbrauch in dem einen
kann den Erſatz in dem andern nicht vermindern und nicht
ſteigern.

Da nun der Verbrauch an mechaniſcher Kraft zu den un-
willkürlichen Bewegungen im Schlafe fortdauert, ſo iſt klar,
daß auch ein Verbrauch an Stoff im Schlafe fortdauert, und
es muß, wenn das urſprüngliche Gleichgewicht wieder eintre-
ten ſoll, vorausgeſetzt werden, daß während des Schlafes eine
eben ſo große Quantität von Kraft (in der Form belebter
Körpertheile) ſich wieder ſammelt, als in der vorherge-
gangenen Zeit des Wachens zu den willkürlichen und unwill-
kürlichen mechaniſchen Effecten verwendet worden iſt.

Wird das Gleichgewicht in Erſatz und Verbrauch von
Stoff im mindeſten geſtört, ſo giebt ſich dies ſogleich in

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[233/0257] im Thierorganismus. Da nun verſchiedene Individuen in 24 Stunden, je nach der zur Hervorbringung willkürlicher, mechaniſcher Effecte verwen- deten Kraft, eine ungleiche Menge von ihren belebten Körper- theilen verbrauchen, ſo muß für ein jedes, wenn die Bewe- gungserſcheinungen nicht ihre Grenze finden ſollen, ein Zu- ſtand eintreten, in welchem alle willkürlichen Bewegungen völlig unterdrückt ſind, wo alſo für dieſe kein Verbrauch ſtattfindet. Dieſer Zuſtand heißt Schlaf. Auf die Fähigkeit der Zunahme an Maſſe eines Körpertheils, dem ſein Kraftmoment nicht genommen worden iſt, kann der Verbrauch deſſelben zu mechaniſchen Effecten in einem andern Körpertheil, nicht den geringſten Einfluß äußern (der eine kann an Maſſe zunehmen, während der andere abnimmt, ohne daß ſich beide Actionen ſtören), der Verbrauch in dem einen kann den Erſatz in dem andern nicht vermindern und nicht ſteigern. Da nun der Verbrauch an mechaniſcher Kraft zu den un- willkürlichen Bewegungen im Schlafe fortdauert, ſo iſt klar, daß auch ein Verbrauch an Stoff im Schlafe fortdauert, und es muß, wenn das urſprüngliche Gleichgewicht wieder eintre- ten ſoll, vorausgeſetzt werden, daß während des Schlafes eine eben ſo große Quantität von Kraft (in der Form belebter Körpertheile) ſich wieder ſammelt, als in der vorherge- gangenen Zeit des Wachens zu den willkürlichen und unwill- kürlichen mechaniſchen Effecten verwendet worden iſt. Wird das Gleichgewicht in Erſatz und Verbrauch von Stoff im mindeſten geſtört, ſo giebt ſich dies ſogleich in

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/257>, abgerufen am 22.11.2024.