Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842.
im Thierorganismus. ten werden, wenn man erwägt, daß in dem Act der Thätig-keitsäußerung eines belebten Körpertheils die Elemente der Nahrungsstoffe in einer andern Ordnung zusammentreten, so ist völlig gewiß, daß das Kraft- oder Bewegungsmoment der Lebenskraft stärker war, als die zwischen den Elementen der Nahrung sich äußernde chemische Anziehung *). Die chemische Kraft, welche die Bestandtheile zusammen- Wären beide gleich gewesen, so würde keine Art von Wenn wir uns nun denken, daß eine gewisse Quantität *) Die Hände eines Mannes, welcher mit einem Seile 30 Pfund 100
Fuß hoch hebt, legen einen Weg von 100 Fuß zurück, während seine Muskelthätigkeit einem Widerstand (Druck) von 30 Pfunden das Gleich- gewicht hält. Wäre die von dem Manne anwendbare Kraft nicht größer, als um dem Druck von dreißig Pfunden das Gleichgewicht zu halten, so würde er nicht vermögend sein, das Gewicht zu der an- gegebenen Höhe zu heben. im Thierorganismus. ten werden, wenn man erwägt, daß in dem Act der Thätig-keitsäußerung eines belebten Körpertheils die Elemente der Nahrungsſtoffe in einer andern Ordnung zuſammentreten, ſo iſt völlig gewiß, daß das Kraft- oder Bewegungsmoment der Lebenskraft ſtärker war, als die zwiſchen den Elementen der Nahrung ſich äußernde chemiſche Anziehung *). Die chemiſche Kraft, welche die Beſtandtheile zuſammen- Wären beide gleich geweſen, ſo würde keine Art von Wenn wir uns nun denken, daß eine gewiſſe Quantität *) Die Hände eines Mannes, welcher mit einem Seile 30 Pfund 100
Fuß hoch hebt, legen einen Weg von 100 Fuß zurück, während ſeine Muskelthätigkeit einem Widerſtand (Druck) von 30 Pfunden das Gleich- gewicht hält. Wäre die von dem Manne anwendbare Kraft nicht größer, als um dem Druck von dreißig Pfunden das Gleichgewicht zu halten, ſo würde er nicht vermögend ſein, das Gewicht zu der an- gegebenen Höhe zu heben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0239" n="215"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">im Thierorganismus</hi>.</fw><lb/> ten werden, wenn man erwägt, daß in dem Act der Thätig-<lb/> keitsäußerung eines belebten Körpertheils die Elemente der<lb/> Nahrungsſtoffe in einer andern Ordnung zuſammentreten, ſo<lb/> iſt völlig gewiß, daß das Kraft- oder Bewegungsmoment<lb/> der Lebenskraft ſtärker war, als die zwiſchen den Elementen<lb/> der Nahrung ſich äußernde chemiſche Anziehung <note place="foot" n="*)">Die Hände eines Mannes, welcher mit einem Seile 30 Pfund 100<lb/> Fuß hoch hebt, legen einen Weg von 100 Fuß zurück, während ſeine<lb/> Muskelthätigkeit einem Widerſtand (Druck) von 30 Pfunden das Gleich-<lb/> gewicht hält. Wäre die von dem Manne anwendbare Kraft nicht<lb/> größer, als um dem Druck von dreißig Pfunden das Gleichgewicht<lb/> zu halten, ſo würde er nicht vermögend ſein, das Gewicht zu der an-<lb/> gegebenen Höhe zu heben.</note>.</p><lb/> <p>Die chemiſche Kraft, welche die Beſtandtheile zuſammen-<lb/> hielt, wirkte gleich einem Widerſtande, welcher überwunden<lb/> wurde durch die active Lebenskraft.</p><lb/> <p>Wären beide gleich geweſen, ſo würde keine Art von<lb/> wahrnehmbarer Wirkung eingetreten ſein; bei überwiegen-<lb/> der chemiſcher Action würde der belebte Körpertheil eine<lb/> Veränderung erlitten haben.</p><lb/> <p>Wenn wir uns nun denken, daß eine gewiſſe Quantität<lb/> von Lebenskraft dazu verwendet werden mußte, um ſich mit<lb/> der chemiſchen Kraft ins Gleichgewicht zu ſetzen, ſo bleibt<lb/> immer noch ein Ueberſchuß von Kraft, durch welchen die<lb/> Zerſetzung bewirkt wurde; in dieſem Ueberſchuß beſteht das<lb/> Kraftmoment des belebten Körpertheils, durch den die Zer-<lb/> ſetzung bewerkſtelligt wurde; er erhält durch ihn ein dauern-<lb/> des Vermögen, weitere Zerſetzungen zu bewirken und ſeinen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [215/0239]
im Thierorganismus.
ten werden, wenn man erwägt, daß in dem Act der Thätig-
keitsäußerung eines belebten Körpertheils die Elemente der
Nahrungsſtoffe in einer andern Ordnung zuſammentreten, ſo
iſt völlig gewiß, daß das Kraft- oder Bewegungsmoment
der Lebenskraft ſtärker war, als die zwiſchen den Elementen
der Nahrung ſich äußernde chemiſche Anziehung *).
Die chemiſche Kraft, welche die Beſtandtheile zuſammen-
hielt, wirkte gleich einem Widerſtande, welcher überwunden
wurde durch die active Lebenskraft.
Wären beide gleich geweſen, ſo würde keine Art von
wahrnehmbarer Wirkung eingetreten ſein; bei überwiegen-
der chemiſcher Action würde der belebte Körpertheil eine
Veränderung erlitten haben.
Wenn wir uns nun denken, daß eine gewiſſe Quantität
von Lebenskraft dazu verwendet werden mußte, um ſich mit
der chemiſchen Kraft ins Gleichgewicht zu ſetzen, ſo bleibt
immer noch ein Ueberſchuß von Kraft, durch welchen die
Zerſetzung bewirkt wurde; in dieſem Ueberſchuß beſteht das
Kraftmoment des belebten Körpertheils, durch den die Zer-
ſetzung bewerkſtelligt wurde; er erhält durch ihn ein dauern-
des Vermögen, weitere Zerſetzungen zu bewirken und ſeinen
*) Die Hände eines Mannes, welcher mit einem Seile 30 Pfund 100
Fuß hoch hebt, legen einen Weg von 100 Fuß zurück, während ſeine
Muskelthätigkeit einem Widerſtand (Druck) von 30 Pfunden das Gleich-
gewicht hält. Wäre die von dem Manne anwendbare Kraft nicht
größer, als um dem Druck von dreißig Pfunden das Gleichgewicht
zu halten, ſo würde er nicht vermögend ſein, das Gewicht zu der an-
gegebenen Höhe zu heben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/239 |
| Zitationshilfe: | Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/239>, abgerufen am 25.11.2024. |
