genwart dieser Ammoniaksalze im Harn; dieser Harn reagirt sauer.
Im graden Gegensatz hierzu finden wir in dem Harn der Gras-fressenden Thiere eine überwiegende Menge von Natron und zwar nicht an Schwefelsäure oder Phosphor- säure gebunden, sondern an Kohlensäure, Benzoesäure oder Hippursäure.
66. Diese wohlbegründeten Erfahrungen beweisen, daß die Gras-fressenden Thiere eine weit größere Menge Natron genießen als zur Neubildung ihres täglichen Bedarfes an Blut erforderlich ist. In ihrer Nahrung finden wir alle Bedingungen vereinigt zur Erzeugung einer zweiten Natron- verbindung, welche zum Respirationsmittel bestimmt ist, und nur eine geringe Erfahrung in dem Wesen der mit so großer Weisheit geordneten Natureinrichtungen dürfte den Natrongehalt der Speise und des Harns der Gras-fressen- den Thiere für zufällig erklären.
Es kann kein Zufall sein, daß das Leben, die Entwicke- lung einer Pflanze abhängig ist von der Gegenwart der Al- kalien, die sie dem Boden entzieht; diese Pflanze dient zur Nahrung einer großen Thierklasse, deren vitale Processe aufs engste an die Gegenwart dieser Alkalien geknüpft ist. Wir finden diese Alkalien in der Galle, ihre Gegenwart im Thier- körper ist die unerläßliche Bedingung zur Erzeugung des ersten Nahrungsstoffs des jungen Thieres, ohne eine reich- liche Menge Kali kann die Bildung der Milch nicht gedacht werden.
Der chemiſche Proceß der
genwart dieſer Ammoniakſalze im Harn; dieſer Harn reagirt ſauer.
Im graden Gegenſatz hierzu finden wir in dem Harn der Gras-freſſenden Thiere eine überwiegende Menge von Natron und zwar nicht an Schwefelſäure oder Phosphor- ſäure gebunden, ſondern an Kohlenſäure, Benzoeſäure oder Hippurſäure.
66. Dieſe wohlbegründeten Erfahrungen beweiſen, daß die Gras-freſſenden Thiere eine weit größere Menge Natron genießen als zur Neubildung ihres täglichen Bedarfes an Blut erforderlich iſt. In ihrer Nahrung finden wir alle Bedingungen vereinigt zur Erzeugung einer zweiten Natron- verbindung, welche zum Reſpirationsmittel beſtimmt iſt, und nur eine geringe Erfahrung in dem Weſen der mit ſo großer Weisheit geordneten Natureinrichtungen dürfte den Natrongehalt der Speiſe und des Harns der Gras-freſſen- den Thiere für zufällig erklären.
Es kann kein Zufall ſein, daß das Leben, die Entwicke- lung einer Pflanze abhängig iſt von der Gegenwart der Al- kalien, die ſie dem Boden entzieht; dieſe Pflanze dient zur Nahrung einer großen Thierklaſſe, deren vitale Proceſſe aufs engſte an die Gegenwart dieſer Alkalien geknüpft iſt. Wir finden dieſe Alkalien in der Galle, ihre Gegenwart im Thier- körper iſt die unerläßliche Bedingung zur Erzeugung des erſten Nahrungsſtoffs des jungen Thieres, ohne eine reich- liche Menge Kali kann die Bildung der Milch nicht gedacht werden.
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Der chemiſche Proceß der
genwart dieſer Ammoniakſalze im Harn; dieſer Harn reagirt
ſauer.
Im graden Gegenſatz hierzu finden wir in dem Harn
der Gras-freſſenden Thiere eine überwiegende Menge von
Natron und zwar nicht an Schwefelſäure oder Phosphor-
ſäure gebunden, ſondern an Kohlenſäure, Benzoeſäure oder
Hippurſäure.
66. Dieſe wohlbegründeten Erfahrungen beweiſen, daß
die Gras-freſſenden Thiere eine weit größere Menge Natron
genießen als zur Neubildung ihres täglichen Bedarfes an
Blut erforderlich iſt. In ihrer Nahrung finden wir alle
Bedingungen vereinigt zur Erzeugung einer zweiten Natron-
verbindung, welche zum Reſpirationsmittel beſtimmt iſt, und
nur eine geringe Erfahrung in dem Weſen der mit ſo
großer Weisheit geordneten Natureinrichtungen dürfte den
Natrongehalt der Speiſe und des Harns der Gras-freſſen-
den Thiere für zufällig erklären.
Es kann kein Zufall ſein, daß das Leben, die Entwicke-
lung einer Pflanze abhängig iſt von der Gegenwart der Al-
kalien, die ſie dem Boden entzieht; dieſe Pflanze dient zur
Nahrung einer großen Thierklaſſe, deren vitale Proceſſe aufs
engſte an die Gegenwart dieſer Alkalien geknüpft iſt. Wir
finden dieſe Alkalien in der Galle, ihre Gegenwart im Thier-
körper iſt die unerläßliche Bedingung zur Erzeugung des
erſten Nahrungsſtoffs des jungen Thieres, ohne eine reich-
liche Menge Kali kann die Bildung der Milch nicht gedacht
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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Physiologie und Pathologie. Braunschweig, 1842, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_physiologie_1842/192>, abgerufen am 23.11.2024.
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