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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die Assimilation des Kohlenstoffs.
Kresse, Kürbis in reinen carrarischen Marmor und begossen
ihn mit kohlensäurehaltigem Wasser, die Saamen gingen auf,
allein die Pflanzen waren nicht bis zur Entwickelung des drit-
ten Blättchens zu bringen.

Sie ließen in andern Fällen das Wasser von unten hinauf
in den Marmor dringen, aber vergebens, alle starben; merk-
würdiger Weise brachten es Andere in reinem destillirten Wasser
weiter, als in der Kohlensäure, aber sie gingen dennoch zu
Grunde.

Andere säeten Saamen von Pflanzen in Schwefelblumen,
in Schwerspath, und suchten sie mit Kohlensäure zu nähren,
allein ohne Erfolg; diese Klasse von Versuchen sind es im All-
gemeinen, welche als positive Beweise betrachtet werden, daß
die Kohlensäure nicht nähre, allein sie sind gegen alle Regeln einer
rationellen Naturforschung, gegen alle Regeln der Chemie an-
gestellt.

Zum Leben einer Pflanze gehören mehrere, für besondere
Pflanzengattungen besondere Bedingungen, giebt man der
Pflanze sonst alles, und schließt nur eine einzige Bedingung
aus, so wird sie nicht zur Entwickelung gelangen.

Die Organe einer Pflanze, wie die eines Thieres, enthal-
ten Materien von der verschiedensten Zusammensetzung, stick-
stoffhaltige und stickstofffreie, sie enthalten Metalloxide in der
Form von Salzen.

Die Nahrungsmittel welche zur Reproduction aller Organe
dienen sollen, müssen nothwendig alle ihre Elemente enthalten.
Diese unerläßlichsten aller Bedingungen hinsichtlich der chemi-
schen Beschaffenheit eines Nahrungsmittels, können in einem
einzelnen Stoffe sich vereinigt vorfinden, oder es können mehrere
sein, in welchem Falle denn der eine enthält, was dem an-
dern fehlt.

Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs.
Kreſſe, Kürbis in reinen carrariſchen Marmor und begoſſen
ihn mit kohlenſäurehaltigem Waſſer, die Saamen gingen auf,
allein die Pflanzen waren nicht bis zur Entwickelung des drit-
ten Blättchens zu bringen.

Sie ließen in andern Fällen das Waſſer von unten hinauf
in den Marmor dringen, aber vergebens, alle ſtarben; merk-
würdiger Weiſe brachten es Andere in reinem deſtillirten Waſſer
weiter, als in der Kohlenſäure, aber ſie gingen dennoch zu
Grunde.

Andere ſäeten Saamen von Pflanzen in Schwefelblumen,
in Schwerſpath, und ſuchten ſie mit Kohlenſäure zu nähren,
allein ohne Erfolg; dieſe Klaſſe von Verſuchen ſind es im All-
gemeinen, welche als poſitive Beweiſe betrachtet werden, daß
die Kohlenſäure nicht nähre, allein ſie ſind gegen alle Regeln einer
rationellen Naturforſchung, gegen alle Regeln der Chemie an-
geſtellt.

Zum Leben einer Pflanze gehören mehrere, für beſondere
Pflanzengattungen beſondere Bedingungen, giebt man der
Pflanze ſonſt alles, und ſchließt nur eine einzige Bedingung
aus, ſo wird ſie nicht zur Entwickelung gelangen.

Die Organe einer Pflanze, wie die eines Thieres, enthal-
ten Materien von der verſchiedenſten Zuſammenſetzung, ſtick-
ſtoffhaltige und ſtickſtofffreie, ſie enthalten Metalloxide in der
Form von Salzen.

Die Nahrungsmittel welche zur Reproduction aller Organe
dienen ſollen, müſſen nothwendig alle ihre Elemente enthalten.
Dieſe unerläßlichſten aller Bedingungen hinſichtlich der chemi-
ſchen Beſchaffenheit eines Nahrungsmittels, können in einem
einzelnen Stoffe ſich vereinigt vorfinden, oder es können mehrere
ſein, in welchem Falle denn der eine enthält, was dem an-
dern fehlt.

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[38/0056] Die Aſſimilation des Kohlenſtoffs. Kreſſe, Kürbis in reinen carrariſchen Marmor und begoſſen ihn mit kohlenſäurehaltigem Waſſer, die Saamen gingen auf, allein die Pflanzen waren nicht bis zur Entwickelung des drit- ten Blättchens zu bringen. Sie ließen in andern Fällen das Waſſer von unten hinauf in den Marmor dringen, aber vergebens, alle ſtarben; merk- würdiger Weiſe brachten es Andere in reinem deſtillirten Waſſer weiter, als in der Kohlenſäure, aber ſie gingen dennoch zu Grunde. Andere ſäeten Saamen von Pflanzen in Schwefelblumen, in Schwerſpath, und ſuchten ſie mit Kohlenſäure zu nähren, allein ohne Erfolg; dieſe Klaſſe von Verſuchen ſind es im All- gemeinen, welche als poſitive Beweiſe betrachtet werden, daß die Kohlenſäure nicht nähre, allein ſie ſind gegen alle Regeln einer rationellen Naturforſchung, gegen alle Regeln der Chemie an- geſtellt. Zum Leben einer Pflanze gehören mehrere, für beſondere Pflanzengattungen beſondere Bedingungen, giebt man der Pflanze ſonſt alles, und ſchließt nur eine einzige Bedingung aus, ſo wird ſie nicht zur Entwickelung gelangen. Die Organe einer Pflanze, wie die eines Thieres, enthal- ten Materien von der verſchiedenſten Zuſammenſetzung, ſtick- ſtoffhaltige und ſtickſtofffreie, ſie enthalten Metalloxide in der Form von Salzen. Die Nahrungsmittel welche zur Reproduction aller Organe dienen ſollen, müſſen nothwendig alle ihre Elemente enthalten. Dieſe unerläßlichſten aller Bedingungen hinſichtlich der chemi- ſchen Beſchaffenheit eines Nahrungsmittels, können in einem einzelnen Stoffe ſich vereinigt vorfinden, oder es können mehrere ſein, in welchem Falle denn der eine enthält, was dem an- dern fehlt.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/56>, abgerufen am 24.11.2024.