Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Gift, Contagien, Miasmen.
Zersetzungsproceß zerstört wird, sie bewirkt, dem Blute einge-
impft, eine Metamorphose desselben, an der die andern Bestand-
theile keinen Antheil nehmen.

Wenn man sich an die Wirkungsweise der Unterhefe (s. S. 270)
erinnert, so kann man kaum über die der Kuhpockenlympfe
zweifelhaft sein.

Die Unterhefe und Oberhefe stammen beide aus Kleber,
ähnlich wie die Kuhpocken-Materie und das Blatterngift beide
aus dem Blute entspringen.

Die Oberhefe und das Blatterngift bewirken beide eine
stürmische tumultuarische Metamorphose, die erstere in Pflan-
zensäften, das andere im Blute, die ihre Bestandtheile enthal-
ten, sie erzeugen sich beide mit allen ihren Eigenschaften wieder.

Die Unterhefe wirkt lediglich nur auf den Zucker, sie ver-
anlaßt eine ausnehmend verlangsamte Zersetzung desselben, eine
Metamorphose, an welcher der Kleber keinen Antheil nimmt,
nur insofern die Luft dabei einwirkt, erleidet dieser eine neue
Form und Beschaffenheitsänderung, in Folge welcher sie eben-
falls wieder mit allen ihren Eigenschaften gebildet wird.

Aehnlich wie die Wirkungsweise der Unterhefe muß die der
Kuhpocken-Materie sein; ein Bestandtheil des Blutes geht
durch sie in Zersetzung über, aus einem zweiten erzeugt sie
sich wieder, aber in einer durchaus geänderten Zersetzungsweise;
das Product besitzt die milde Form, alle Eigenschaften der Kuh-
pockenlymphe.

Die Empfänglichkeit für Ansteckung durch Blatterngift muß
nach der Einimpfung der Kuhpocken aufhören, eben weil durch
einen künstlich erregten, besonderen Zersetzungsproceß diejenige
Materie zerstört und entfernt worden ist, deren Vorhandensein
die Empfänglichkeit bedingte. Sie kann sich in dem nämlichen
Individuum wieder erzeugen, es kann wieder empfänglich für

Gift, Contagien, Miasmen.
Zerſetzungsproceß zerſtört wird, ſie bewirkt, dem Blute einge-
impft, eine Metamorphoſe deſſelben, an der die andern Beſtand-
theile keinen Antheil nehmen.

Wenn man ſich an die Wirkungsweiſe der Unterhefe (ſ. S. 270)
erinnert, ſo kann man kaum über die der Kuhpockenlympfe
zweifelhaft ſein.

Die Unterhefe und Oberhefe ſtammen beide aus Kleber,
ähnlich wie die Kuhpocken-Materie und das Blatterngift beide
aus dem Blute entſpringen.

Die Oberhefe und das Blatterngift bewirken beide eine
ſtürmiſche tumultuariſche Metamorphoſe, die erſtere in Pflan-
zenſäften, das andere im Blute, die ihre Beſtandtheile enthal-
ten, ſie erzeugen ſich beide mit allen ihren Eigenſchaften wieder.

Die Unterhefe wirkt lediglich nur auf den Zucker, ſie ver-
anlaßt eine ausnehmend verlangſamte Zerſetzung deſſelben, eine
Metamorphoſe, an welcher der Kleber keinen Antheil nimmt,
nur inſofern die Luft dabei einwirkt, erleidet dieſer eine neue
Form und Beſchaffenheitsänderung, in Folge welcher ſie eben-
falls wieder mit allen ihren Eigenſchaften gebildet wird.

Aehnlich wie die Wirkungsweiſe der Unterhefe muß die der
Kuhpocken-Materie ſein; ein Beſtandtheil des Blutes geht
durch ſie in Zerſetzung über, aus einem zweiten erzeugt ſie
ſich wieder, aber in einer durchaus geänderten Zerſetzungsweiſe;
das Product beſitzt die milde Form, alle Eigenſchaften der Kuh-
pockenlymphe.

Die Empfänglichkeit für Anſteckung durch Blatterngift muß
nach der Einimpfung der Kuhpocken aufhören, eben weil durch
einen künſtlich erregten, beſonderen Zerſetzungsproceß diejenige
Materie zerſtört und entfernt worden iſt, deren Vorhandenſein
die Empfänglichkeit bedingte. Sie kann ſich in dem nämlichen
Individuum wieder erzeugen, es kann wieder empfänglich für

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0353" n="335"/><fw place="top" type="header">Gift, Contagien, Miasmen.</fw><lb/>
Zer&#x017F;etzungsproceß zer&#x017F;tört wird, &#x017F;ie bewirkt, dem Blute einge-<lb/>
impft, eine Metamorpho&#x017F;e de&#x017F;&#x017F;elben, an der die andern Be&#x017F;tand-<lb/>
theile keinen Antheil nehmen.</p><lb/>
          <p>Wenn man &#x017F;ich an die Wirkungswei&#x017F;e der Unterhefe (&#x017F;. S. 270)<lb/>
erinnert, &#x017F;o kann man kaum über die der Kuhpockenlympfe<lb/>
zweifelhaft &#x017F;ein.</p><lb/>
          <p>Die Unterhefe und Oberhefe &#x017F;tammen beide aus Kleber,<lb/>
ähnlich wie die Kuhpocken-Materie und das Blatterngift beide<lb/>
aus dem Blute ent&#x017F;pringen.</p><lb/>
          <p>Die Oberhefe und das Blatterngift bewirken beide eine<lb/>
&#x017F;türmi&#x017F;che tumultuari&#x017F;che Metamorpho&#x017F;e, die er&#x017F;tere in Pflan-<lb/>
zen&#x017F;äften, das andere im Blute, die ihre Be&#x017F;tandtheile enthal-<lb/>
ten, &#x017F;ie erzeugen &#x017F;ich beide mit allen ihren Eigen&#x017F;chaften wieder.</p><lb/>
          <p>Die Unterhefe wirkt lediglich nur auf den Zucker, &#x017F;ie ver-<lb/>
anlaßt eine ausnehmend verlang&#x017F;amte Zer&#x017F;etzung de&#x017F;&#x017F;elben, eine<lb/>
Metamorpho&#x017F;e, an welcher der Kleber keinen Antheil nimmt,<lb/>
nur in&#x017F;ofern die Luft dabei einwirkt, erleidet die&#x017F;er eine neue<lb/>
Form und Be&#x017F;chaffenheitsänderung, in Folge welcher &#x017F;ie eben-<lb/>
falls wieder mit allen ihren Eigen&#x017F;chaften gebildet wird.</p><lb/>
          <p>Aehnlich wie die Wirkungswei&#x017F;e der Unterhefe muß die der<lb/>
Kuhpocken-Materie &#x017F;ein; ein Be&#x017F;tandtheil des Blutes geht<lb/>
durch &#x017F;ie in Zer&#x017F;etzung über, aus einem zweiten erzeugt &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich wieder, aber in einer durchaus geänderten Zer&#x017F;etzungswei&#x017F;e;<lb/>
das Product be&#x017F;itzt die milde Form, alle Eigen&#x017F;chaften der Kuh-<lb/>
pockenlymphe.</p><lb/>
          <p>Die Empfänglichkeit für An&#x017F;teckung durch Blatterngift muß<lb/>
nach der Einimpfung der Kuhpocken aufhören, eben weil durch<lb/>
einen kün&#x017F;tlich erregten, be&#x017F;onderen Zer&#x017F;etzungsproceß diejenige<lb/>
Materie zer&#x017F;tört und entfernt worden i&#x017F;t, deren Vorhanden&#x017F;ein<lb/>
die Empfänglichkeit bedingte. Sie kann &#x017F;ich in dem nämlichen<lb/>
Individuum wieder erzeugen, es kann wieder empfänglich für<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0353] Gift, Contagien, Miasmen. Zerſetzungsproceß zerſtört wird, ſie bewirkt, dem Blute einge- impft, eine Metamorphoſe deſſelben, an der die andern Beſtand- theile keinen Antheil nehmen. Wenn man ſich an die Wirkungsweiſe der Unterhefe (ſ. S. 270) erinnert, ſo kann man kaum über die der Kuhpockenlympfe zweifelhaft ſein. Die Unterhefe und Oberhefe ſtammen beide aus Kleber, ähnlich wie die Kuhpocken-Materie und das Blatterngift beide aus dem Blute entſpringen. Die Oberhefe und das Blatterngift bewirken beide eine ſtürmiſche tumultuariſche Metamorphoſe, die erſtere in Pflan- zenſäften, das andere im Blute, die ihre Beſtandtheile enthal- ten, ſie erzeugen ſich beide mit allen ihren Eigenſchaften wieder. Die Unterhefe wirkt lediglich nur auf den Zucker, ſie ver- anlaßt eine ausnehmend verlangſamte Zerſetzung deſſelben, eine Metamorphoſe, an welcher der Kleber keinen Antheil nimmt, nur inſofern die Luft dabei einwirkt, erleidet dieſer eine neue Form und Beſchaffenheitsänderung, in Folge welcher ſie eben- falls wieder mit allen ihren Eigenſchaften gebildet wird. Aehnlich wie die Wirkungsweiſe der Unterhefe muß die der Kuhpocken-Materie ſein; ein Beſtandtheil des Blutes geht durch ſie in Zerſetzung über, aus einem zweiten erzeugt ſie ſich wieder, aber in einer durchaus geänderten Zerſetzungsweiſe; das Product beſitzt die milde Form, alle Eigenſchaften der Kuh- pockenlymphe. Die Empfänglichkeit für Anſteckung durch Blatterngift muß nach der Einimpfung der Kuhpocken aufhören, eben weil durch einen künſtlich erregten, beſonderen Zerſetzungsproceß diejenige Materie zerſtört und entfernt worden iſt, deren Vorhandenſein die Empfänglichkeit bedingte. Sie kann ſich in dem nämlichen Individuum wieder erzeugen, es kann wieder empfänglich für

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/353
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/353>, abgerufen am 24.11.2024.