Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Cultur.
einmal weiß, ob er je ein Bestandtheil dieses Bodens
war.

Die Methode der Cultur, die man in diesen Gegenden an-
wendet, erklärt diese Verhältnisse vollkommen; es ist in den
Augen unserer Landwirthe die schlechteste von allen, für diese
Gegenden hingegen die vortheilhafteste, die man wählen kann.
Man bebaut nemlich das Feld nur von drei zu drei Jahren,
und läßt es in der Zwischenzeit Viehheerden zu einer spärli-
chen Weide dienen. Während der zweijährigen Brache hat
das Feld keine andere Aenderung erlitten, als daß der Boden
den Einflüssen der Witterung ausgesetzt gewesen ist, eine ge-
wisse Menge der darinn enthaltenen Alkalien ist wieder in den
Zustand der Aufschließbarkeit übergegangen.

Man muß erwägen, daß die Thiere, welche auf diesen
Feldern sich ernährt haben, dem Boden nichts gaben, was er
nicht vorher besaß. Die Unkrautpflanzen, von denen sie lebten,
stammten von diesem Boden, was sie ihm in den Excrementen
zurückgaben, mußte jedenfalls weniger betragen, als was sie
von ihm empfingen. Durch das Beweiden hat das Feld nichts
gewonnen, es hat im Gegentheil von seinen Bestandtheilen
verloren.

Als Princip des Feldbaues betrachtet man die Erfahrung,
daß sich Weizen nicht mit Weizen verträgt; der Weizen gehört
wie der Taback zu den Pflanzen, welche den Boden erschöpfen.

Wenn aber der Humus dem Boden die Fähigkeit geben
kann, Getreide zu erzeugen, woher kommt es denn, daß der
humusreiche Boden in vielen Gegenden Brasiliens, daß auch
in unserm Klima der Weizen in reiner Holzerde nicht gedeiht,
daß der Halm keine Stärke erhält und sich frühzeitig umlegt?
Es kommt daher, weil die Festigkeit des Halmes von kiesel-
saurem Kali herrührt, weil das Korn phosphorsaure Bittererde

Die Cultur.
einmal weiß, ob er je ein Beſtandtheil dieſes Bodens
war.

Die Methode der Cultur, die man in dieſen Gegenden an-
wendet, erklärt dieſe Verhältniſſe vollkommen; es iſt in den
Augen unſerer Landwirthe die ſchlechteſte von allen, für dieſe
Gegenden hingegen die vortheilhafteſte, die man wählen kann.
Man bebaut nemlich das Feld nur von drei zu drei Jahren,
und läßt es in der Zwiſchenzeit Viehheerden zu einer ſpärli-
chen Weide dienen. Während der zweijährigen Brache hat
das Feld keine andere Aenderung erlitten, als daß der Boden
den Einflüſſen der Witterung ausgeſetzt geweſen iſt, eine ge-
wiſſe Menge der darinn enthaltenen Alkalien iſt wieder in den
Zuſtand der Aufſchließbarkeit übergegangen.

Man muß erwägen, daß die Thiere, welche auf dieſen
Feldern ſich ernährt haben, dem Boden nichts gaben, was er
nicht vorher beſaß. Die Unkrautpflanzen, von denen ſie lebten,
ſtammten von dieſem Boden, was ſie ihm in den Excrementen
zurückgaben, mußte jedenfalls weniger betragen, als was ſie
von ihm empfingen. Durch das Beweiden hat das Feld nichts
gewonnen, es hat im Gegentheil von ſeinen Beſtandtheilen
verloren.

Als Princip des Feldbaues betrachtet man die Erfahrung,
daß ſich Weizen nicht mit Weizen verträgt; der Weizen gehört
wie der Taback zu den Pflanzen, welche den Boden erſchöpfen.

Wenn aber der Humus dem Boden die Fähigkeit geben
kann, Getreide zu erzeugen, woher kommt es denn, daß der
humusreiche Boden in vielen Gegenden Braſiliens, daß auch
in unſerm Klima der Weizen in reiner Holzerde nicht gedeiht,
daß der Halm keine Stärke erhält und ſich frühzeitig umlegt?
Es kommt daher, weil die Feſtigkeit des Halmes von kieſel-
ſaurem Kali herrührt, weil das Korn phosphorſaure Bittererde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0153" n="135"/><fw place="top" type="header">Die Cultur.</fw><lb/>
einmal weiß, ob er je ein Be&#x017F;tandtheil die&#x017F;es Bodens<lb/>
war.</p><lb/>
          <p>Die Methode der Cultur, die man in die&#x017F;en Gegenden an-<lb/>
wendet, erklärt die&#x017F;e Verhältni&#x017F;&#x017F;e vollkommen; es i&#x017F;t in den<lb/>
Augen un&#x017F;erer Landwirthe die &#x017F;chlechte&#x017F;te von allen, für die&#x017F;e<lb/>
Gegenden hingegen die vortheilhafte&#x017F;te, die man wählen kann.<lb/>
Man bebaut nemlich das Feld nur von drei zu drei Jahren,<lb/>
und läßt es in der Zwi&#x017F;chenzeit Viehheerden zu einer &#x017F;pärli-<lb/>
chen Weide dienen. Während der zweijährigen Brache hat<lb/>
das Feld keine andere Aenderung erlitten, als daß der Boden<lb/>
den Einflü&#x017F;&#x017F;en der Witterung ausge&#x017F;etzt gewe&#x017F;en i&#x017F;t, eine ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e Menge der darinn enthaltenen Alkalien i&#x017F;t wieder in den<lb/>
Zu&#x017F;tand der Auf&#x017F;chließbarkeit übergegangen.</p><lb/>
          <p>Man muß erwägen, daß die Thiere, welche auf die&#x017F;en<lb/>
Feldern &#x017F;ich ernährt haben, dem Boden nichts gaben, was er<lb/>
nicht vorher be&#x017F;aß. Die Unkrautpflanzen, von denen &#x017F;ie lebten,<lb/>
&#x017F;tammten von die&#x017F;em Boden, was &#x017F;ie ihm in den Excrementen<lb/>
zurückgaben, mußte jedenfalls weniger betragen, als was &#x017F;ie<lb/>
von ihm empfingen. Durch das Beweiden hat das Feld nichts<lb/>
gewonnen, es hat im Gegentheil von &#x017F;einen Be&#x017F;tandtheilen<lb/>
verloren.</p><lb/>
          <p>Als Princip des Feldbaues betrachtet man die Erfahrung,<lb/>
daß &#x017F;ich Weizen nicht mit Weizen verträgt; der Weizen gehört<lb/>
wie der Taback zu den Pflanzen, welche den Boden er&#x017F;chöpfen.</p><lb/>
          <p>Wenn aber der Humus dem Boden die Fähigkeit geben<lb/>
kann, Getreide zu erzeugen, woher kommt es denn, daß der<lb/>
humusreiche Boden in vielen Gegenden Bra&#x017F;iliens, daß auch<lb/>
in un&#x017F;erm Klima der Weizen in reiner Holzerde nicht gedeiht,<lb/>
daß der Halm keine Stärke erhält und &#x017F;ich frühzeitig umlegt?<lb/>
Es kommt daher, weil die Fe&#x017F;tigkeit des Halmes von kie&#x017F;el-<lb/>
&#x017F;aurem Kali herrührt, weil das Korn phosphor&#x017F;aure Bittererde<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0153] Die Cultur. einmal weiß, ob er je ein Beſtandtheil dieſes Bodens war. Die Methode der Cultur, die man in dieſen Gegenden an- wendet, erklärt dieſe Verhältniſſe vollkommen; es iſt in den Augen unſerer Landwirthe die ſchlechteſte von allen, für dieſe Gegenden hingegen die vortheilhafteſte, die man wählen kann. Man bebaut nemlich das Feld nur von drei zu drei Jahren, und läßt es in der Zwiſchenzeit Viehheerden zu einer ſpärli- chen Weide dienen. Während der zweijährigen Brache hat das Feld keine andere Aenderung erlitten, als daß der Boden den Einflüſſen der Witterung ausgeſetzt geweſen iſt, eine ge- wiſſe Menge der darinn enthaltenen Alkalien iſt wieder in den Zuſtand der Aufſchließbarkeit übergegangen. Man muß erwägen, daß die Thiere, welche auf dieſen Feldern ſich ernährt haben, dem Boden nichts gaben, was er nicht vorher beſaß. Die Unkrautpflanzen, von denen ſie lebten, ſtammten von dieſem Boden, was ſie ihm in den Excrementen zurückgaben, mußte jedenfalls weniger betragen, als was ſie von ihm empfingen. Durch das Beweiden hat das Feld nichts gewonnen, es hat im Gegentheil von ſeinen Beſtandtheilen verloren. Als Princip des Feldbaues betrachtet man die Erfahrung, daß ſich Weizen nicht mit Weizen verträgt; der Weizen gehört wie der Taback zu den Pflanzen, welche den Boden erſchöpfen. Wenn aber der Humus dem Boden die Fähigkeit geben kann, Getreide zu erzeugen, woher kommt es denn, daß der humusreiche Boden in vielen Gegenden Braſiliens, daß auch in unſerm Klima der Weizen in reiner Holzerde nicht gedeiht, daß der Halm keine Stärke erhält und ſich frühzeitig umlegt? Es kommt daher, weil die Feſtigkeit des Halmes von kieſel- ſaurem Kali herrührt, weil das Korn phosphorſaure Bittererde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/153
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/153>, abgerufen am 05.05.2024.