Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Cultur.
Die Cultur.

In dem Vorhergehenden sind die Bedingungen des Lebens
aller Vegetabilien betrachtet worden. Kohlensäure, Ammoniak
und Wasser liefern die Elemente aller Organe: Salze, Metall-
oxide, gewisse anorganische Materien, dienen zu besonderen Ver-
richtungen in dem Organismus der Pflanze, manche davon
müssen als Bestandtheile einzelner Pflanzentheile angesehen
werden.

Die atmosphärische Luft und der Boden bieten den Blät-
tern und Wurzeln einerlei Nahrungsmittel dar.

Die erstere enthält eine verhältnißmäßig unerschöpfliche
Menge Kohlensäure und Ammoniak, in dem Boden haben wir
in dem Humus eine sich stets erneuernde Quelle von Kohlen-
säure, den Winter hindurch häuft sich in dem Regen- und
Schneewasser, womit er durchdrungen wird, eine für die Ent-
wickelung der Blüthen und Blätter ausreichende Menge Am-
moniak.

Die völlige, ja man kann sagen, die absolute Unlöslichkeit
in kaltem Wasser der in Verwesung begriffenen Pflanzentheile
erscheint bei näherer Betrachtung als eine nicht minder weise
Natureinrichtung.

Wenn der Humus auch noch einen geringeren Grad von Lös-
lichkeit besäße, als man der sogenannten Humussäure zuschreibt,
so würde er der auflösenden Kraft des Regenwassers nicht wi-
derstehen können. Bei mehrwöchentlichem Wässern der Wiesen
müßte ein großer Theil davon aus dem Boden entführt wer-

Die Cultur.
Die Cultur.

In dem Vorhergehenden ſind die Bedingungen des Lebens
aller Vegetabilien betrachtet worden. Kohlenſäure, Ammoniak
und Waſſer liefern die Elemente aller Organe: Salze, Metall-
oxide, gewiſſe anorganiſche Materien, dienen zu beſonderen Ver-
richtungen in dem Organismus der Pflanze, manche davon
müſſen als Beſtandtheile einzelner Pflanzentheile angeſehen
werden.

Die atmoſphäriſche Luft und der Boden bieten den Blät-
tern und Wurzeln einerlei Nahrungsmittel dar.

Die erſtere enthält eine verhältnißmäßig unerſchöpfliche
Menge Kohlenſäure und Ammoniak, in dem Boden haben wir
in dem Humus eine ſich ſtets erneuernde Quelle von Kohlen-
ſäure, den Winter hindurch häuft ſich in dem Regen- und
Schneewaſſer, womit er durchdrungen wird, eine für die Ent-
wickelung der Blüthen und Blätter ausreichende Menge Am-
moniak.

Die völlige, ja man kann ſagen, die abſolute Unlöslichkeit
in kaltem Waſſer der in Verweſung begriffenen Pflanzentheile
erſcheint bei näherer Betrachtung als eine nicht minder weiſe
Natureinrichtung.

Wenn der Humus auch noch einen geringeren Grad von Lös-
lichkeit beſäße, als man der ſogenannten Humusſäure zuſchreibt,
ſo würde er der auflöſenden Kraft des Regenwaſſers nicht wi-
derſtehen können. Bei mehrwöchentlichem Wäſſern der Wieſen
müßte ein großer Theil davon aus dem Boden entführt wer-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0124" n="106"/>
        <fw place="top" type="header">Die Cultur.</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Cultur</hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>In dem Vorhergehenden &#x017F;ind die Bedingungen des Lebens<lb/>
aller Vegetabilien betrachtet worden. Kohlen&#x017F;äure, Ammoniak<lb/>
und Wa&#x017F;&#x017F;er liefern die Elemente aller Organe: Salze, Metall-<lb/>
oxide, gewi&#x017F;&#x017F;e anorgani&#x017F;che Materien, dienen zu be&#x017F;onderen Ver-<lb/>
richtungen in dem Organismus der Pflanze, manche davon<lb/>&#x017F;&#x017F;en als Be&#x017F;tandtheile einzelner Pflanzentheile ange&#x017F;ehen<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p>Die atmo&#x017F;phäri&#x017F;che Luft und der Boden bieten den Blät-<lb/>
tern und Wurzeln einerlei Nahrungsmittel dar.</p><lb/>
          <p>Die er&#x017F;tere enthält eine verhältnißmäßig uner&#x017F;chöpfliche<lb/>
Menge Kohlen&#x017F;äure und Ammoniak, in dem Boden haben wir<lb/>
in dem Humus eine &#x017F;ich &#x017F;tets erneuernde Quelle von Kohlen-<lb/>
&#x017F;äure, den Winter hindurch häuft &#x017F;ich in dem Regen- und<lb/>
Schneewa&#x017F;&#x017F;er, womit er durchdrungen wird, eine für die Ent-<lb/>
wickelung der Blüthen und Blätter ausreichende Menge Am-<lb/>
moniak.</p><lb/>
          <p>Die völlige, ja man kann &#x017F;agen, die ab&#x017F;olute Unlöslichkeit<lb/>
in kaltem Wa&#x017F;&#x017F;er der in Verwe&#x017F;ung begriffenen Pflanzentheile<lb/>
er&#x017F;cheint bei näherer Betrachtung als eine nicht minder wei&#x017F;e<lb/>
Natureinrichtung.</p><lb/>
          <p>Wenn der Humus auch noch einen geringeren Grad von Lös-<lb/>
lichkeit be&#x017F;äße, als man der &#x017F;ogenannten Humus&#x017F;äure zu&#x017F;chreibt,<lb/>
&#x017F;o würde er der auflö&#x017F;enden Kraft des Regenwa&#x017F;&#x017F;ers nicht wi-<lb/>
der&#x017F;tehen können. Bei mehrwöchentlichem Wä&#x017F;&#x017F;ern der Wie&#x017F;en<lb/>
müßte ein großer Theil davon aus dem Boden entführt wer-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0124] Die Cultur. Die Cultur. In dem Vorhergehenden ſind die Bedingungen des Lebens aller Vegetabilien betrachtet worden. Kohlenſäure, Ammoniak und Waſſer liefern die Elemente aller Organe: Salze, Metall- oxide, gewiſſe anorganiſche Materien, dienen zu beſonderen Ver- richtungen in dem Organismus der Pflanze, manche davon müſſen als Beſtandtheile einzelner Pflanzentheile angeſehen werden. Die atmoſphäriſche Luft und der Boden bieten den Blät- tern und Wurzeln einerlei Nahrungsmittel dar. Die erſtere enthält eine verhältnißmäßig unerſchöpfliche Menge Kohlenſäure und Ammoniak, in dem Boden haben wir in dem Humus eine ſich ſtets erneuernde Quelle von Kohlen- ſäure, den Winter hindurch häuft ſich in dem Regen- und Schneewaſſer, womit er durchdrungen wird, eine für die Ent- wickelung der Blüthen und Blätter ausreichende Menge Am- moniak. Die völlige, ja man kann ſagen, die abſolute Unlöslichkeit in kaltem Waſſer der in Verweſung begriffenen Pflanzentheile erſcheint bei näherer Betrachtung als eine nicht minder weiſe Natureinrichtung. Wenn der Humus auch noch einen geringeren Grad von Lös- lichkeit beſäße, als man der ſogenannten Humusſäure zuſchreibt, ſo würde er der auflöſenden Kraft des Regenwaſſers nicht wi- derſtehen können. Bei mehrwöchentlichem Wäſſern der Wieſen müßte ein großer Theil davon aus dem Boden entführt wer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/124
Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/124>, abgerufen am 21.11.2024.