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Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840.

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Die anorganischen Bestandtheile der Vegetabilien.
wickelung einer Pflanze abhängig von der Gegenwart von Al-
kalien oder alkalischen Erden. Mit ihrer gänzlichen Abwesen-
heit muß ihrer Ausbildung eine bestimmte Grenze gesetzt sein;
beim Mangel an diesen Basen wird ihre Ausbildung gehemmt
sein.

Vergleichen wir, um zu bestimmten Anwendungen zu kom-
men, zwei Holzarten mit einander, welche ungleiche Mengen
alkalischer Basen enthalten, so ergiebt sich von selbst, daß die
eine auf manchen Bodenarten kräftig sich entwickeln kann, auf
welchem die andere nur kümmerlich vegetirt. 10,000 Theile
Eichenholz geben 250 Theile Asche, 10,000 Theile Tannen-
holz nur 83, dieselbe Quantität Lindenholz giebt 500, Rocken
440 und Kartoffelkraut 1500 Theile*).

Auf Granit, auf kahlem Sandboden und Haiden wird die
Tanne und Fichte noch hinreichende Mengen alkalischer Basen
finden, auf welchen Eichen nicht fortkommen, und Weizen wird
auf einem Boden, wo Linden gedeihen, diejenigen Basen in
hinreichender Menge vorfinden, die er zu seiner völligen Ent-
wickelung bedarf.

Diese für die Forst- und Feldwirthschaft im hohen Grade
wichtigen Folgerungen lassen sich mit den evidentsten Thatsa-
chen beweisen.

Alle Grasarten, die Equisetaceen z. B., enthalten eine
große Menge Kieselsäure und Kali, abgelagert in dem äußern
Saum der Blätter und in dem Halm als saures kieselsaures
Kali; auf einem Getreidefeld ändert sich der Gehalt an diesem
Salze nicht merklich, denn es wird ihm in der Form von
Dünger, als verwes'tes Stroh, wieder zugeführt.

Ganz anders stellt sich dieses Verhältniß auf einer Wiese;

*) Berthier in den Ann. d. chimie et de physique T. XXX. 248.

Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien.
wickelung einer Pflanze abhängig von der Gegenwart von Al-
kalien oder alkaliſchen Erden. Mit ihrer gänzlichen Abweſen-
heit muß ihrer Ausbildung eine beſtimmte Grenze geſetzt ſein;
beim Mangel an dieſen Baſen wird ihre Ausbildung gehemmt
ſein.

Vergleichen wir, um zu beſtimmten Anwendungen zu kom-
men, zwei Holzarten mit einander, welche ungleiche Mengen
alkaliſcher Baſen enthalten, ſo ergiebt ſich von ſelbſt, daß die
eine auf manchen Bodenarten kräftig ſich entwickeln kann, auf
welchem die andere nur kümmerlich vegetirt. 10,000 Theile
Eichenholz geben 250 Theile Aſche, 10,000 Theile Tannen-
holz nur 83, dieſelbe Quantität Lindenholz giebt 500, Rocken
440 und Kartoffelkraut 1500 Theile*).

Auf Granit, auf kahlem Sandboden und Haiden wird die
Tanne und Fichte noch hinreichende Mengen alkaliſcher Baſen
finden, auf welchen Eichen nicht fortkommen, und Weizen wird
auf einem Boden, wo Linden gedeihen, diejenigen Baſen in
hinreichender Menge vorfinden, die er zu ſeiner völligen Ent-
wickelung bedarf.

Dieſe für die Forſt- und Feldwirthſchaft im hohen Grade
wichtigen Folgerungen laſſen ſich mit den evidentſten Thatſa-
chen beweiſen.

Alle Grasarten, die Equiſetaceen z. B., enthalten eine
große Menge Kieſelſäure und Kali, abgelagert in dem äußern
Saum der Blätter und in dem Halm als ſaures kieſelſaures
Kali; auf einem Getreidefeld ändert ſich der Gehalt an dieſem
Salze nicht merklich, denn es wird ihm in der Form von
Dünger, als verweſ’tes Stroh, wieder zugeführt.

Ganz anders ſtellt ſich dieſes Verhältniß auf einer Wieſe;

*) Berthier in den Ann. d. chimie et de physique T. XXX. 248.
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[96/0114] Die anorganiſchen Beſtandtheile der Vegetabilien. wickelung einer Pflanze abhängig von der Gegenwart von Al- kalien oder alkaliſchen Erden. Mit ihrer gänzlichen Abweſen- heit muß ihrer Ausbildung eine beſtimmte Grenze geſetzt ſein; beim Mangel an dieſen Baſen wird ihre Ausbildung gehemmt ſein. Vergleichen wir, um zu beſtimmten Anwendungen zu kom- men, zwei Holzarten mit einander, welche ungleiche Mengen alkaliſcher Baſen enthalten, ſo ergiebt ſich von ſelbſt, daß die eine auf manchen Bodenarten kräftig ſich entwickeln kann, auf welchem die andere nur kümmerlich vegetirt. 10,000 Theile Eichenholz geben 250 Theile Aſche, 10,000 Theile Tannen- holz nur 83, dieſelbe Quantität Lindenholz giebt 500, Rocken 440 und Kartoffelkraut 1500 Theile *). Auf Granit, auf kahlem Sandboden und Haiden wird die Tanne und Fichte noch hinreichende Mengen alkaliſcher Baſen finden, auf welchen Eichen nicht fortkommen, und Weizen wird auf einem Boden, wo Linden gedeihen, diejenigen Baſen in hinreichender Menge vorfinden, die er zu ſeiner völligen Ent- wickelung bedarf. Dieſe für die Forſt- und Feldwirthſchaft im hohen Grade wichtigen Folgerungen laſſen ſich mit den evidentſten Thatſa- chen beweiſen. Alle Grasarten, die Equiſetaceen z. B., enthalten eine große Menge Kieſelſäure und Kali, abgelagert in dem äußern Saum der Blätter und in dem Halm als ſaures kieſelſaures Kali; auf einem Getreidefeld ändert ſich der Gehalt an dieſem Salze nicht merklich, denn es wird ihm in der Form von Dünger, als verweſ’tes Stroh, wieder zugeführt. Ganz anders ſtellt ſich dieſes Verhältniß auf einer Wieſe; *) Berthier in den Ann. d. chimie et de physique T. XXX. 248.

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Zitationshilfe: Liebig, Justus von: Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie. Braunschweig, 1840, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liebig_agricultur_1840/114>, abgerufen am 22.11.2024.