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Leyser, Polycarp: Eine Christliche Leichpredigt/ Bey der Begräbnuß/ deß ... Fritzen von der Schullenburg ... Frankfurt (Main), 1589.

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Es ist aber diese vnmenschliche Störigkeit nicht allein bey eintzelen Personen geblieben / sondern hat vor zeiten wol gantze Völcker eyngenommen. Dann man in den alten Historien liset / wie die Thraces jhre Todten mit Freudengesäng / als wann jnen eine grosse Wolthat begegnet were / begraben haben. Item / die Tracusi haben den Gebrauch gehabt: Wann jhnen ein Kind geborn / so haben sie geweinet / wann hinwider ein anders gestorben ist / so haben sie sich gefreuwet.

Welches zumal alles ein gantz Viehisch Vnsinnigkeit gewesen ist / da die arme blinde Leut nicht erkannt haben / daß das Leben ein Geschenck vnd grosse Gab Gotts sey / für welche zu dancken / vnd daß Gott den Menschen solche [fremdsprachliches Material], Affecten vnd Zuneigung ins Hertz gepflantzet habe / damit man nach den Gott entweder guts thut oder straffet / mit den Frölichen frölich / vnd mit den Trawrigen trawrig sey. Sondern sie haben den Menschen gantz zu einem Klotz vnd Stein gemacht / die auch widerumb nicht wehrt sind / daß man sie für Menschen halten sol.

Entgegen aber vnd zum andern / so sind auch Leut gefunden worden / welche vber den Leichen jhrer Verwandten / sich allzu kläglich vnnd klein mütig erzeiget haben. Wie dann Homerus bezeuget von dem Achille / der sonst ein gantz Rittermässiger Held gewesen ist / aber da er seinen guten Freund Patroclum verlohren / sich so Weibisch erzeiget / daß er jhm selbs für leid die Haar außgeraufft / mit denselben seines Freunds Leich vnnd Baar zieren wöllen / vnd gantz kläglich geheulet vnd geweinet hat. Vnnd diese Kleinmütigkeit hat bey den Heyden so weit vmb sich gefressen / daß gleiche Vnart auch vnder die Jüden gekomen / die dazumal Gottes Volck gewesen / also daß vngeachtet deß ernsten verbott Gottes / da er wil / daß sie den Heyden in diesem fall nicht gleich werden sollen / Leuit. 19. vnd Deut. 14. Sie dennoch zu den zeiten / da der HERR Christus im Fleisch gewandelt hat / jhre praeficas / Klagweiber vnnd Pfeiffer gehalten haben / damit jhre vbermässige Trawrigkeit zuerweisen / wie solches auß dem Euangelisten Mattheo am 9. zu ersehen ist.

Vns Christen nun lehret Gottes Wort das rechte Mittel halten. Daß nemlich / wann Gott vnsere Verwandte / oder sonsten fromme fürneme Leut / auß diesem Jammerthal abfordert / daß wir es nicht liederlich in wind schlagen / sondern solche beklagen vnd beweinen sollen / als sey vns groß leid geschehen. Syr. 38. Sintemal wann der Gerechte stirbet / vnnd niemandt ist / der es zu hertzen nimmet / noch deßwegen betrübt ist / Gott der HERR solches zu Vngnaden auffnimmet vnd zu straffen dräuwet / Jes. 57.

Es ist aber diese vnmenschliche Störigkeit nicht allein bey eintzelen Personen geblieben / sondern hat vor zeiten wol gantze Völcker eyngenommen. Dann man in den alten Historien liset / wie die Thraces jhre Todten mit Freudengesäng / als wann jnen eine grosse Wolthat begegnet were / begraben haben. Item / die Tracusi haben den Gebrauch gehabt: Wann jhnen ein Kind geborn / so haben sie geweinet / wann hinwider ein anders gestorben ist / so haben sie sich gefreuwet.

Welches zumal alles ein gantz Viehisch Vnsinnigkeit gewesen ist / da die arme blinde Leut nicht erkañt haben / daß das Leben ein Geschenck vnd grosse Gab Gotts sey / für welche zu dancken / vnd daß Gott den Menschen solche [fremdsprachliches Material], Affecten vñ Zuneigung ins Hertz gepflantzet habe / damit man nach dẽ Gott entweder guts thut oder straffet / mit den Frölichen frölich / vnd mit den Trawrigen trawrig sey. Sondern sie habẽ den Menschen gantz zu einem Klotz vnd Stein gemacht / die auch widerumb nicht wehrt sind / daß man sie für Menschen halten sol.

Entgegen aber vnd zum andern / so sind auch Leut gefunden worden / welche vber den Leichen jhrer Verwandten / sich allzu kläglich vnnd klein mütig erzeiget haben. Wie dann Homerus bezeuget von dem Achille / der sonst ein gantz Rittermässiger Held gewesen ist / aber da er seinen guten Freund Patroclum verlohren / sich so Weibisch erzeiget / daß er jhm selbs für leid die Haar außgeraufft / mit denselben seines Freunds Leich vnnd Baar zieren wöllen / vnd gantz kläglich geheulet vnd geweinet hat. Vnnd diese Kleinmütigkeit hat bey den Heyden so weit vmb sich gefressen / daß gleiche Vnart auch vnder die Jüden gekomen / die dazumal Gottes Volck gewesen / also daß vngeachtet deß ernsten verbott Gottes / da er wil / daß sie den Heyden in diesem fall nicht gleich werden sollen / Leuit. 19. vnd Deut. 14. Sie dennoch zu den zeiten / da der HERR Christus im Fleisch gewandelt hat / jhre praeficas / Klagweiber vnnd Pfeiffer gehalten haben / damit jhre vbermässige Trawrigkeit zuerweisen / wie solches auß dem Euangelisten Mattheo am 9. zu ersehen ist.

Vns Christen nun lehret Gottes Wort das rechte Mittel halten. Daß nemlich / wann Gott vnsere Verwandte / oder sonsten fromme fürneme Leut / auß diesem Jammerthal abfordert / daß wir es nicht liederlich in wind schlagen / sondern solche beklagen vnd beweinen sollen / als sey vns groß leid geschehen. Syr. 38. Sintemal wann der Gerechte stirbet / vnnd niemandt ist / der es zu hertzen nimmet / noch deßwegen betrübt ist / Gott der HERR solches zu Vngnaden auffnim̃et vnd zu straffen dräuwet / Jes. 57.

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Zitationshilfe: Leyser, Polycarp: Eine Christliche Leichpredigt/ Bey der Begräbnuß/ deß ... Fritzen von der Schullenburg ... Frankfurt (Main), 1589, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/leyser_leichpredigt_1589/6>, abgerufen am 29.03.2024.