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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Alles eilte nun zu den Waffen, nicht Jung, nicht Alt wollte von dem Kampfe für das Vaterland zurückbleiben. Dreimal hatte mein Bruder es versucht, zum Dienste zugelassen zu werden, und immer war er wie ein Verurtheilter heimgekehrt, wenn die Aerzte ihn zu schwach gefunden hatten. Wir weinten um sein Bleiben, wie man sonst das Fortgehen seiner Lieben zu beweinen pflegt.

Eines Morgens, als wir auch beisammen saßen, es war im Februar, trat der Onkel ein. Er war trotz seiner fünfzig Jahre noch ein schöner Mann und hatte die hohe, würdige Haltung seines alten, adeligen Geschlechtes; aber an jenem Tage war es, als ob noch eine ganz besondere Würdigkeit, ein ganz besondere Adel über ihm schwebten.

Ich komme Abschied nehmen, sagte er, da er sich nahte, und sein Gesicht leuchtete in hoher Freude. Abschied nehmen? fragte die Mutter, wohin wollen Sie denn gehen? Zum König nach Breslau. Es fehlt dem Heere an Offizieren, ich war einst Offizier und will's jetzt wieder werden, antwortete der Onkel, und während die Mutter mit plötzlich gefalteten Händen schweigend zu ihm, dem Stehenden, emporsah, fiel ich ihm in meiner Begeisterung um den Hals. Onkel! jubelte ich, ich habe dich immer lieb gehabt, immer sehr lieb, aber daß du nun gehst, daß du helfen willst, wo Alle helfen müssen, das vergesse ich dir in meinem Leben

Alles eilte nun zu den Waffen, nicht Jung, nicht Alt wollte von dem Kampfe für das Vaterland zurückbleiben. Dreimal hatte mein Bruder es versucht, zum Dienste zugelassen zu werden, und immer war er wie ein Verurtheilter heimgekehrt, wenn die Aerzte ihn zu schwach gefunden hatten. Wir weinten um sein Bleiben, wie man sonst das Fortgehen seiner Lieben zu beweinen pflegt.

Eines Morgens, als wir auch beisammen saßen, es war im Februar, trat der Onkel ein. Er war trotz seiner fünfzig Jahre noch ein schöner Mann und hatte die hohe, würdige Haltung seines alten, adeligen Geschlechtes; aber an jenem Tage war es, als ob noch eine ganz besondere Würdigkeit, ein ganz besondere Adel über ihm schwebten.

Ich komme Abschied nehmen, sagte er, da er sich nahte, und sein Gesicht leuchtete in hoher Freude. Abschied nehmen? fragte die Mutter, wohin wollen Sie denn gehen? Zum König nach Breslau. Es fehlt dem Heere an Offizieren, ich war einst Offizier und will's jetzt wieder werden, antwortete der Onkel, und während die Mutter mit plötzlich gefalteten Händen schweigend zu ihm, dem Stehenden, emporsah, fiel ich ihm in meiner Begeisterung um den Hals. Onkel! jubelte ich, ich habe dich immer lieb gehabt, immer sehr lieb, aber daß du nun gehst, daß du helfen willst, wo Alle helfen müssen, das vergesse ich dir in meinem Leben

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[0062] Alles eilte nun zu den Waffen, nicht Jung, nicht Alt wollte von dem Kampfe für das Vaterland zurückbleiben. Dreimal hatte mein Bruder es versucht, zum Dienste zugelassen zu werden, und immer war er wie ein Verurtheilter heimgekehrt, wenn die Aerzte ihn zu schwach gefunden hatten. Wir weinten um sein Bleiben, wie man sonst das Fortgehen seiner Lieben zu beweinen pflegt. Eines Morgens, als wir auch beisammen saßen, es war im Februar, trat der Onkel ein. Er war trotz seiner fünfzig Jahre noch ein schöner Mann und hatte die hohe, würdige Haltung seines alten, adeligen Geschlechtes; aber an jenem Tage war es, als ob noch eine ganz besondere Würdigkeit, ein ganz besondere Adel über ihm schwebten. Ich komme Abschied nehmen, sagte er, da er sich nahte, und sein Gesicht leuchtete in hoher Freude. Abschied nehmen? fragte die Mutter, wohin wollen Sie denn gehen? Zum König nach Breslau. Es fehlt dem Heere an Offizieren, ich war einst Offizier und will's jetzt wieder werden, antwortete der Onkel, und während die Mutter mit plötzlich gefalteten Händen schweigend zu ihm, dem Stehenden, emporsah, fiel ich ihm in meiner Begeisterung um den Hals. Onkel! jubelte ich, ich habe dich immer lieb gehabt, immer sehr lieb, aber daß du nun gehst, daß du helfen willst, wo Alle helfen müssen, das vergesse ich dir in meinem Leben

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/62>, abgerufen am 24.11.2024.