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Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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det jede Rücksicht und vollends diesem Herzen gegenüber! Aber ich sah keine Möglichkeit dazu, als plötzlich Gott selbst, glaube ich, es der Mutter eingab, an Schlichting schreiben zu gehen. Ich saß an seinem Sopha; als die Mutter sich entfernt hatte, gab ich ihm die Hand. Ich hatte eine Ahnung, daß Sie kommen würden, sagte er, daß der Himmel mir diesen Trost vergönnen würde. Trost? fragte ich, wozu bedürfen Sie des Trostes? Sie werden genesen und -- Sie werden ja geliebt! Ich sagte das, weil ich es sagen mußte, fuhr sie sich entschuldigend fort, aber so ergriffen ich auch war, Klemenz' Erschütterung übertraf doch Alles, was ich erwartet hatte. Er hob beide Hände, wie in Ekstase in die Höhe und sagte: Gott, das will verdient sein, und ich will's verdienen, treu verdienen! Sagen Sie -- Da trat die Mutter ein, und er verstummte. Aber er hielt meine Hand fest, und als wir dann gingen, als ich mich neigte, noch einmal seine liebe Hand zu fassen, drückte er die meine mit Leidenschaft an seine Lippen und sprach noch einmal nur mir vernehmbar: Ich will's verdienen!

Sie schwieg, und ich -- was konnte ich sagen? -- Es war unwiderleglich, Klemenz hatte sich Carolinen genähert, weil er sie für eine schweigende und theilnehmende Vertraute seiner unglücklichen Liebe angesehen, und noch in dieser Stunde hatte er sie für einen Boten gehalten, den ich ihm zum Trost gesendet. Was daraus werden, wie das enden sollte, sah ich

det jede Rücksicht und vollends diesem Herzen gegenüber! Aber ich sah keine Möglichkeit dazu, als plötzlich Gott selbst, glaube ich, es der Mutter eingab, an Schlichting schreiben zu gehen. Ich saß an seinem Sopha; als die Mutter sich entfernt hatte, gab ich ihm die Hand. Ich hatte eine Ahnung, daß Sie kommen würden, sagte er, daß der Himmel mir diesen Trost vergönnen würde. Trost? fragte ich, wozu bedürfen Sie des Trostes? Sie werden genesen und — Sie werden ja geliebt! Ich sagte das, weil ich es sagen mußte, fuhr sie sich entschuldigend fort, aber so ergriffen ich auch war, Klemenz' Erschütterung übertraf doch Alles, was ich erwartet hatte. Er hob beide Hände, wie in Ekstase in die Höhe und sagte: Gott, das will verdient sein, und ich will's verdienen, treu verdienen! Sagen Sie — Da trat die Mutter ein, und er verstummte. Aber er hielt meine Hand fest, und als wir dann gingen, als ich mich neigte, noch einmal seine liebe Hand zu fassen, drückte er die meine mit Leidenschaft an seine Lippen und sprach noch einmal nur mir vernehmbar: Ich will's verdienen!

Sie schwieg, und ich — was konnte ich sagen? — Es war unwiderleglich, Klemenz hatte sich Carolinen genähert, weil er sie für eine schweigende und theilnehmende Vertraute seiner unglücklichen Liebe angesehen, und noch in dieser Stunde hatte er sie für einen Boten gehalten, den ich ihm zum Trost gesendet. Was daraus werden, wie das enden sollte, sah ich

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[0109] det jede Rücksicht und vollends diesem Herzen gegenüber! Aber ich sah keine Möglichkeit dazu, als plötzlich Gott selbst, glaube ich, es der Mutter eingab, an Schlichting schreiben zu gehen. Ich saß an seinem Sopha; als die Mutter sich entfernt hatte, gab ich ihm die Hand. Ich hatte eine Ahnung, daß Sie kommen würden, sagte er, daß der Himmel mir diesen Trost vergönnen würde. Trost? fragte ich, wozu bedürfen Sie des Trostes? Sie werden genesen und — Sie werden ja geliebt! Ich sagte das, weil ich es sagen mußte, fuhr sie sich entschuldigend fort, aber so ergriffen ich auch war, Klemenz' Erschütterung übertraf doch Alles, was ich erwartet hatte. Er hob beide Hände, wie in Ekstase in die Höhe und sagte: Gott, das will verdient sein, und ich will's verdienen, treu verdienen! Sagen Sie — Da trat die Mutter ein, und er verstummte. Aber er hielt meine Hand fest, und als wir dann gingen, als ich mich neigte, noch einmal seine liebe Hand zu fassen, drückte er die meine mit Leidenschaft an seine Lippen und sprach noch einmal nur mir vernehmbar: Ich will's verdienen! Sie schwieg, und ich — was konnte ich sagen? — Es war unwiderleglich, Klemenz hatte sich Carolinen genähert, weil er sie für eine schweigende und theilnehmende Vertraute seiner unglücklichen Liebe angesehen, und noch in dieser Stunde hatte er sie für einen Boten gehalten, den ich ihm zum Trost gesendet. Was daraus werden, wie das enden sollte, sah ich

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:16:08Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:16:08Z)

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Die Tante. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 14. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 69–193. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_tante_1910/109>, abgerufen am 25.11.2024.