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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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Der Abend war schwül und dunkel, als
Walter aus den glänzend erleuchteten Zimmern
der Geheimräthin in die nächtliche Dämmerung
hinausschritt. Er hatte im Laufe des Tages
die Antwort seines Onkels erhalten, der es ihm
nicht verbarg, wie diese Verbindung mit Jenny
entschieden gegen seine Ansichten und seine
Wünsche sei. "Was ich aber nicht hindern
kann", schrieb er, "mag ich auch nicht tadeln.
Du bist unwiderruflich entschlossen und so wün-
sche ich von Herzen, daß Du in der Persön-
lichkeit Deiner künftigen Gattin, in ihrer Liebe
Ersatz finden mögest, für die unerhört großen
Opfer, die Du ihr bringen willst. Sobald
Deine Verlobung erklärt ist und Du mit
Deiner Braut in unsere Gegend kommst, denke
ich Dich zu treffen, um das Mädchen kennen
zu lernen, das Dir würdig scheint, den Namen
einer Gräfin Walter zu tragen; eine Ehre, um
die manche hochgeborne Jungfrau sie beneiden

Der Abend war ſchwül und dunkel, als
Walter aus den glänzend erleuchteten Zimmern
der Geheimräthin in die nächtliche Dämmerung
hinausſchritt. Er hatte im Laufe des Tages
die Antwort ſeines Onkels erhalten, der es ihm
nicht verbarg, wie dieſe Verbindung mit Jenny
entſchieden gegen ſeine Anſichten und ſeine
Wünſche ſei. „Was ich aber nicht hindern
kann“, ſchrieb er, „mag ich auch nicht tadeln.
Du biſt unwiderruflich entſchloſſen und ſo wün-
ſche ich von Herzen, daß Du in der Perſön-
lichkeit Deiner künftigen Gattin, in ihrer Liebe
Erſatz finden mögeſt, für die unerhört großen
Opfer, die Du ihr bringen willſt. Sobald
Deine Verlobung erklärt iſt und Du mit
Deiner Braut in unſere Gegend kommſt, denke
ich Dich zu treffen, um das Mädchen kennen
zu lernen, das Dir würdig ſcheint, den Namen
einer Gräfin Walter zu tragen; eine Ehre, um
die manche hochgeborne Jungfrau ſie beneiden

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[263/0273] Der Abend war ſchwül und dunkel, als Walter aus den glänzend erleuchteten Zimmern der Geheimräthin in die nächtliche Dämmerung hinausſchritt. Er hatte im Laufe des Tages die Antwort ſeines Onkels erhalten, der es ihm nicht verbarg, wie dieſe Verbindung mit Jenny entſchieden gegen ſeine Anſichten und ſeine Wünſche ſei. „Was ich aber nicht hindern kann“, ſchrieb er, „mag ich auch nicht tadeln. Du biſt unwiderruflich entſchloſſen und ſo wün- ſche ich von Herzen, daß Du in der Perſön- lichkeit Deiner künftigen Gattin, in ihrer Liebe Erſatz finden mögeſt, für die unerhört großen Opfer, die Du ihr bringen willſt. Sobald Deine Verlobung erklärt iſt und Du mit Deiner Braut in unſere Gegend kommſt, denke ich Dich zu treffen, um das Mädchen kennen zu lernen, das Dir würdig ſcheint, den Namen einer Gräfin Walter zu tragen; eine Ehre, um die manche hochgeborne Jungfrau ſie beneiden

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/273>, abgerufen am 10.05.2024.