Ton, dem man den tief gekränkten Stolz an- hörte, hinzu: "Darauf war ich nicht vorbereitet."
Ruhig nahm Herr Meier Walter's Hand und zog ihm zu dem Sitze nieder, von dem er aufgestanden war.
"Verstehen Sie mich nicht falsch", sagte er. "Ich glaube, Ihnen durch mein Betragen gegen Sie gezeigt zu haben, daß ich Sie achte, Sie für einen edlen Menschen halte. Sie selbst wissen, daß Ihre Stellung in der Welt den Ansprüchen des ehrgeizigsten Vaters genügen müßte. Aber Sie würden Jenny zu einem Range erheben, dessen die gräflich Waltersche Familie die Tochter eines Juden nicht würdig achten könnte. Davor möchte ich Jenny be- wahren und Sie vor der schweren Pflicht, Ihre Frau gegen die Vorurtheile Ihrer Familie und Ihrer Standesgenossen zu schützen."
"Und glauben Sie, daß mir dazu der Wille oder die Kraft fehlte?" fragte Walter. "Glau-
II. 10
Ton, dem man den tief gekränkten Stolz an- hörte, hinzu: „Darauf war ich nicht vorbereitet.“
Ruhig nahm Herr Meier Walter's Hand und zog ihm zu dem Sitze nieder, von dem er aufgeſtanden war.
„Verſtehen Sie mich nicht falſch“, ſagte er. „Ich glaube, Ihnen durch mein Betragen gegen Sie gezeigt zu haben, daß ich Sie achte, Sie für einen edlen Menſchen halte. Sie ſelbſt wiſſen, daß Ihre Stellung in der Welt den Anſprüchen des ehrgeizigſten Vaters genügen müßte. Aber Sie würden Jenny zu einem Range erheben, deſſen die gräflich Walterſche Familie die Tochter eines Juden nicht würdig achten könnte. Davor möchte ich Jenny be- wahren und Sie vor der ſchweren Pflicht, Ihre Frau gegen die Vorurtheile Ihrer Familie und Ihrer Standesgenoſſen zu ſchützen.“
„Und glauben Sie, daß mir dazu der Wille oder die Kraft fehlte?“ fragte Walter. „Glau-
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Ton, dem man den tief gekränkten Stolz an-
hörte, hinzu: „Darauf war ich nicht vorbereitet.“
Ruhig nahm Herr Meier Walter's Hand
und zog ihm zu dem Sitze nieder, von dem er
aufgeſtanden war.
„Verſtehen Sie mich nicht falſch“, ſagte er.
„Ich glaube, Ihnen durch mein Betragen gegen
Sie gezeigt zu haben, daß ich Sie achte, Sie
für einen edlen Menſchen halte. Sie ſelbſt
wiſſen, daß Ihre Stellung in der Welt den
Anſprüchen des ehrgeizigſten Vaters genügen
müßte. Aber Sie würden Jenny zu einem
Range erheben, deſſen die gräflich Walterſche
Familie die Tochter eines Juden nicht würdig
achten könnte. Davor möchte ich Jenny be-
wahren und Sie vor der ſchweren Pflicht, Ihre
Frau gegen die Vorurtheile Ihrer Familie und
Ihrer Standesgenoſſen zu ſchützen.“
„Und glauben Sie, daß mir dazu der Wille
oder die Kraft fehlte?“ fragte Walter. „Glau-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/227>, abgerufen am 25.11.2024.
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