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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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Uebrigens muß man auch der armen Leidenden
die kleine Zerstreuung gönnen, die Jenny's Ge-
sellschaft ihr gewährt."

"Aber heute bleibt Fräulein Jenny doch
ungewöhnlich lange dort", sagte Walter, als
man Anstalten machte, sich für den Abend zu
trennen, ohne Jenny's Rückkehr zu erwarten.

"Meine Tochter hat den Wagen erst nach
elf Uhr bestellt. Die Geheimräthin leidet an
Schlaflosigkeit und Jenny wollte versuchen, ob
es ihr nicht gelänge, sie durch leises, gleichmäßi-
ges Vorlesen oder auf irgend eine andere Weise
in Schlaf zu wiegen. Ich wünsche der liebens-
würdigen Frau und Euch eine gute Nacht."

Mit den Worten entfernte sich Herr Meier;
auch Clara und William zogen sich zurück und
ließen Walter allein. Es war ihm zu früh,
sich zur Ruhe zu begeben. Er ging hinab ins
Freie, um noch eine Stunde der Kühlung zu
genießen, denn er fühlte sich verdrießlich, un-

Uebrigens muß man auch der armen Leidenden
die kleine Zerſtreuung gönnen, die Jenny's Ge-
ſellſchaft ihr gewährt.“

„Aber heute bleibt Fräulein Jenny doch
ungewöhnlich lange dort“, ſagte Walter, als
man Anſtalten machte, ſich für den Abend zu
trennen, ohne Jenny's Rückkehr zu erwarten.

„Meine Tochter hat den Wagen erſt nach
elf Uhr beſtellt. Die Geheimräthin leidet an
Schlafloſigkeit und Jenny wollte verſuchen, ob
es ihr nicht gelänge, ſie durch leiſes, gleichmäßi-
ges Vorleſen oder auf irgend eine andere Weiſe
in Schlaf zu wiegen. Ich wünſche der liebens-
würdigen Frau und Euch eine gute Nacht.“

Mit den Worten entfernte ſich Herr Meier;
auch Clara und William zogen ſich zurück und
ließen Walter allein. Es war ihm zu früh,
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Freie, um noch eine Stunde der Kühlung zu
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[198/0208] Uebrigens muß man auch der armen Leidenden die kleine Zerſtreuung gönnen, die Jenny's Ge- ſellſchaft ihr gewährt.“ „Aber heute bleibt Fräulein Jenny doch ungewöhnlich lange dort“, ſagte Walter, als man Anſtalten machte, ſich für den Abend zu trennen, ohne Jenny's Rückkehr zu erwarten. „Meine Tochter hat den Wagen erſt nach elf Uhr beſtellt. Die Geheimräthin leidet an Schlafloſigkeit und Jenny wollte verſuchen, ob es ihr nicht gelänge, ſie durch leiſes, gleichmäßi- ges Vorleſen oder auf irgend eine andere Weiſe in Schlaf zu wiegen. Ich wünſche der liebens- würdigen Frau und Euch eine gute Nacht.“ Mit den Worten entfernte ſich Herr Meier; auch Clara und William zogen ſich zurück und ließen Walter allein. Es war ihm zu früh, ſich zur Ruhe zu begeben. Er ging hinab ins Freie, um noch eine Stunde der Kühlung zu genießen, denn er fühlte ſich verdrießlich, un-

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/208>, abgerufen am 27.04.2024.