ben gerathen; auch auf sein theures Haupt werde ich das Elend herabbeschwören, das mich nicht ruhen läßt, und das wird die erste Strafe sein, mit der Gott meine Sünden rächt."
In dieser Verfassung ihrer Seele vermehr- ten die Briefe Reinhard's ihr Leiden. Sie sprachen die heißeste Liebe und ein volles un- bedingtes Vertrauen aus. Er schilderte ihr das Glück einer Ehe, wie er sie an ihrer Seite erwarte, die, auf gleichen Ansichten, gleicher Ueberzeugung gegründet, in gemeinsamen Stre- ben nach Vollkommenheit, den Himmel auf Erden bieten müsse; und meldete ihr endlich mit Entzücken, daß der Tag zu seiner Ordi- nation bestimmt sei und er, sobald ihm diese Weihe geworden, zurückkehren werde, um sie heimzuführen. Seine Mutter, die seiner Or- dination beizuwohnen wünsche, sei bereits bei ihm und werde mit ihm zur Hochzeit nach Berghoff kommen. Dann wünsche er vor der-
ben gerathen; auch auf ſein theures Haupt werde ich das Elend herabbeſchwören, das mich nicht ruhen läßt, und das wird die erſte Strafe ſein, mit der Gott meine Sünden rächt.“
In dieſer Verfaſſung ihrer Seele vermehr- ten die Briefe Reinhard's ihr Leiden. Sie ſprachen die heißeſte Liebe und ein volles un- bedingtes Vertrauen aus. Er ſchilderte ihr das Glück einer Ehe, wie er ſie an ihrer Seite erwarte, die, auf gleichen Anſichten, gleicher Ueberzeugung gegründet, in gemeinſamen Stre- ben nach Vollkommenheit, den Himmel auf Erden bieten müſſe; und meldete ihr endlich mit Entzücken, daß der Tag zu ſeiner Ordi- nation beſtimmt ſei und er, ſobald ihm dieſe Weihe geworden, zurückkehren werde, um ſie heimzuführen. Seine Mutter, die ſeiner Or- dination beizuwohnen wünſche, ſei bereits bei ihm und werde mit ihm zur Hochzeit nach Berghoff kommen. Dann wünſche er vor der-
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ben gerathen; auch auf ſein theures Haupt
werde ich das Elend herabbeſchwören, das mich
nicht ruhen läßt, und das wird die erſte Strafe
ſein, mit der Gott meine Sünden rächt.“
In dieſer Verfaſſung ihrer Seele vermehr-
ten die Briefe Reinhard's ihr Leiden. Sie
ſprachen die heißeſte Liebe und ein volles un-
bedingtes Vertrauen aus. Er ſchilderte ihr
das Glück einer Ehe, wie er ſie an ihrer Seite
erwarte, die, auf gleichen Anſichten, gleicher
Ueberzeugung gegründet, in gemeinſamen Stre-
ben nach Vollkommenheit, den Himmel auf
Erden bieten müſſe; und meldete ihr endlich
mit Entzücken, daß der Tag zu ſeiner Ordi-
nation beſtimmt ſei und er, ſobald ihm dieſe
Weihe geworden, zurückkehren werde, um ſie
heimzuführen. Seine Mutter, die ſeiner Or-
dination beizuwohnen wünſche, ſei bereits bei
ihm und werde mit ihm zur Hochzeit nach
Berghoff kommen. Dann wünſche er vor der-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/134>, abgerufen am 26.11.2024.
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