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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843.

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sie sich manchmal wie ausgeschlossen oder ver-
stoßen von den Ihren vor. Es sei ihr, als
wenn sie nicht mehr so ganz zu den Eltern
gehöre, obgleich sie sich doch Reinhard durch
die Taufe nicht näher gebracht fühle. Sie
fragte mich, was ich von dem Eide denke? ob
ich überhaupt glaube, daß alle sogenannten
Sünden auch Sünden vor Gott seien? und
äußerte sich überhaupt in einer Art, die mir
bei ihrem Geiste lächerlich und kindisch erschie-
nen wäre, wenn ich nicht darin eine vollkom-
mene, innere Verwirrung, einen Zwiespalt ge-
funden hätte, der mir herzlich leid that. Zu-
letzt sagte sie mir, sie könne den Gedanken
nicht fassen, nicht mit ihren Eltern auf dem-
selben Kirchhofe zu ruhen. Ich stellte ihr vor,
das sei eine Thorheit; auch wir, obgleich noch
Juden, könnten leicht fern von allen Freunden
eine Ruhestatt finden, und es sei gewiß höchst
gleichgültig, wo sie uns begraben würden. Sie

ſie ſich manchmal wie ausgeſchloſſen oder ver-
ſtoßen von den Ihren vor. Es ſei ihr, als
wenn ſie nicht mehr ſo ganz zu den Eltern
gehöre, obgleich ſie ſich doch Reinhard durch
die Taufe nicht näher gebracht fühle. Sie
fragte mich, was ich von dem Eide denke? ob
ich überhaupt glaube, daß alle ſogenannten
Sünden auch Sünden vor Gott ſeien? und
äußerte ſich überhaupt in einer Art, die mir
bei ihrem Geiſte lächerlich und kindiſch erſchie-
nen wäre, wenn ich nicht darin eine vollkom-
mene, innere Verwirrung, einen Zwieſpalt ge-
funden hätte, der mir herzlich leid that. Zu-
letzt ſagte ſie mir, ſie könne den Gedanken
nicht faſſen, nicht mit ihren Eltern auf dem-
ſelben Kirchhofe zu ruhen. Ich ſtellte ihr vor,
das ſei eine Thorheit; auch wir, obgleich noch
Juden, könnten leicht fern von allen Freunden
eine Ruheſtatt finden, und es ſei gewiß höchſt
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[118/0128] ſie ſich manchmal wie ausgeſchloſſen oder ver- ſtoßen von den Ihren vor. Es ſei ihr, als wenn ſie nicht mehr ſo ganz zu den Eltern gehöre, obgleich ſie ſich doch Reinhard durch die Taufe nicht näher gebracht fühle. Sie fragte mich, was ich von dem Eide denke? ob ich überhaupt glaube, daß alle ſogenannten Sünden auch Sünden vor Gott ſeien? und äußerte ſich überhaupt in einer Art, die mir bei ihrem Geiſte lächerlich und kindiſch erſchie- nen wäre, wenn ich nicht darin eine vollkom- mene, innere Verwirrung, einen Zwieſpalt ge- funden hätte, der mir herzlich leid that. Zu- letzt ſagte ſie mir, ſie könne den Gedanken nicht faſſen, nicht mit ihren Eltern auf dem- ſelben Kirchhofe zu ruhen. Ich ſtellte ihr vor, das ſei eine Thorheit; auch wir, obgleich noch Juden, könnten leicht fern von allen Freunden eine Ruheſtatt finden, und es ſei gewiß höchſt gleichgültig, wo ſie uns begraben würden. Sie

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 2. Leipzig, 1843, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny02_1843/128>, abgerufen am 25.11.2024.