Stelle empfahlen, als seine strenge Rechtlichkeit und seine reinen Sitten, zum Director zu wählen und bei der Regierung um seine Be- stätigung einzukommen. Meier war auf dem Gipfel des Glückes und in der Freude seines Herzens hatte er sich, nachdem er gewählt wor- den war, anheischig gemacht, auf das bedeu- tende Gehalt zu verzichten und es der Lazareth- kasse zufließen zu lassen, der es nöthiger sei als ihm. Einige Wochen waren in frohen Erwar- tungen hingeschwunden, er hatte die Glück- wünsche seiner Freunde empfangen und dachte bereits daran, seine Wohnung im elterlichen Hause mit der neuen Amtswohnung zu ver- tauschen, als der Bescheid der Regierung an- langte, welcher statt der erwarteten Bestätigung die Aufforderung enthielt, Meier möge zum Christenthume übertreten, da es ganz gegen die Ansichten der Regierung sei, einem Juden ir- gend eine Stelle anzuvertrauen. Vergebens
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Stelle empfahlen, als ſeine ſtrenge Rechtlichkeit und ſeine reinen Sitten, zum Director zu wählen und bei der Regierung um ſeine Be- ſtätigung einzukommen. Meier war auf dem Gipfel des Glückes und in der Freude ſeines Herzens hatte er ſich, nachdem er gewählt wor- den war, anheiſchig gemacht, auf das bedeu- tende Gehalt zu verzichten und es der Lazareth- kaſſe zufließen zu laſſen, der es nöthiger ſei als ihm. Einige Wochen waren in frohen Erwar- tungen hingeſchwunden, er hatte die Glück- wünſche ſeiner Freunde empfangen und dachte bereits daran, ſeine Wohnung im elterlichen Hauſe mit der neuen Amtswohnung zu ver- tauſchen, als der Beſcheid der Regierung an- langte, welcher ſtatt der erwarteten Beſtätigung die Aufforderung enthielt, Meier möge zum Chriſtenthume übertreten, da es ganz gegen die Anſichten der Regierung ſei, einem Juden ir- gend eine Stelle anzuvertrauen. Vergebens
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[51/0063]
Stelle empfahlen, als ſeine ſtrenge Rechtlichkeit
und ſeine reinen Sitten, zum Director zu
wählen und bei der Regierung um ſeine Be-
ſtätigung einzukommen. Meier war auf dem
Gipfel des Glückes und in der Freude ſeines
Herzens hatte er ſich, nachdem er gewählt wor-
den war, anheiſchig gemacht, auf das bedeu-
tende Gehalt zu verzichten und es der Lazareth-
kaſſe zufließen zu laſſen, der es nöthiger ſei als
ihm. Einige Wochen waren in frohen Erwar-
tungen hingeſchwunden, er hatte die Glück-
wünſche ſeiner Freunde empfangen und dachte
bereits daran, ſeine Wohnung im elterlichen
Hauſe mit der neuen Amtswohnung zu ver-
tauſchen, als der Beſcheid der Regierung an-
langte, welcher ſtatt der erwarteten Beſtätigung
die Aufforderung enthielt, Meier möge zum
Chriſtenthume übertreten, da es ganz gegen die
Anſichten der Regierung ſei, einem Juden ir-
gend eine Stelle anzuvertrauen. Vergebens
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/63>, abgerufen am 24.11.2024.
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