Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Liebe fähig, daß sie der Gegenstand derselben sein
könne. Sie hatte ihn sehr geistreich gefunden;
seine fröhliche Laune, sein unerschöpflicher Hu-
mor und besonders sein bedeutendes Talent hat-
ten sie angezogen, und sie konnte sich nicht ver-
hehlen, daß er ihr vor ihrer Verlobung in einer
Weise begegnet sei, die ihr seine Neigung hätte
verrathen können, wenn sie damals auf irgend
Jemand, außer auf Reinhard, geachtet hätte.
Erlau's Liebe zu ihr betrübte sie, und doch
machte es ihr Freude, von ihm um jener Ei-
genschaften willen geliebt zu werden, welche sie
selbst in sich als eine Quelle poetischen Genus-
ses schätzte, und die Reinhard weniger beach-
tete. Sie hatte mit Erlau, wenn man so sa-
gen darf, eine moussirende Leichtigkeit des Gei-
stes gemein, die Scherz und Ernst auf wun-
dersame Weise zu mischen und das Leben wie
ein fröhliches Spiel zu nehmen begehrt, dessen
ernste Bedeutung sie trotz dem wohl verstand.

Liebe fähig, daß ſie der Gegenſtand derſelben ſein
könne. Sie hatte ihn ſehr geiſtreich gefunden;
ſeine fröhliche Laune, ſein unerſchöpflicher Hu-
mor und beſonders ſein bedeutendes Talent hat-
ten ſie angezogen, und ſie konnte ſich nicht ver-
hehlen, daß er ihr vor ihrer Verlobung in einer
Weiſe begegnet ſei, die ihr ſeine Neigung hätte
verrathen können, wenn ſie damals auf irgend
Jemand, außer auf Reinhard, geachtet hätte.
Erlau's Liebe zu ihr betrübte ſie, und doch
machte es ihr Freude, von ihm um jener Ei-
genſchaften willen geliebt zu werden, welche ſie
ſelbſt in ſich als eine Quelle poetiſchen Genuſ-
ſes ſchätzte, und die Reinhard weniger beach-
tete. Sie hatte mit Erlau, wenn man ſo ſa-
gen darf, eine mouſſirende Leichtigkeit des Gei-
ſtes gemein, die Scherz und Ernſt auf wun-
derſame Weiſe zu miſchen und das Leben wie
ein fröhliches Spiel zu nehmen begehrt, deſſen
ernſte Bedeutung ſie trotz dem wohl verſtand.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0410" n="402"/>
Liebe fähig, daß &#x017F;ie der Gegen&#x017F;tand der&#x017F;elben &#x017F;ein<lb/>
könne. Sie hatte ihn &#x017F;ehr gei&#x017F;treich gefunden;<lb/>
&#x017F;eine fröhliche Laune, &#x017F;ein uner&#x017F;chöpflicher Hu-<lb/>
mor und be&#x017F;onders &#x017F;ein bedeutendes Talent hat-<lb/>
ten &#x017F;ie angezogen, und &#x017F;ie konnte &#x017F;ich nicht ver-<lb/>
hehlen, daß er ihr vor ihrer Verlobung in einer<lb/>
Wei&#x017F;e begegnet &#x017F;ei, die ihr &#x017F;eine Neigung hätte<lb/>
verrathen können, wenn &#x017F;ie damals auf irgend<lb/>
Jemand, außer auf Reinhard, geachtet hätte.<lb/>
Erlau's Liebe zu ihr betrübte &#x017F;ie, und doch<lb/>
machte es ihr Freude, von ihm um jener Ei-<lb/>
gen&#x017F;chaften willen geliebt zu werden, welche &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t in &#x017F;ich als eine Quelle poeti&#x017F;chen Genu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es &#x017F;chätzte, und die Reinhard weniger beach-<lb/>
tete. Sie hatte mit Erlau, wenn man &#x017F;o &#x017F;a-<lb/>
gen darf, eine mou&#x017F;&#x017F;irende Leichtigkeit des Gei-<lb/>
&#x017F;tes gemein, die Scherz und Ern&#x017F;t auf wun-<lb/>
der&#x017F;ame Wei&#x017F;e zu mi&#x017F;chen und das Leben wie<lb/>
ein fröhliches Spiel zu nehmen begehrt, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ern&#x017F;te Bedeutung &#x017F;ie trotz dem wohl ver&#x017F;tand.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0410] Liebe fähig, daß ſie der Gegenſtand derſelben ſein könne. Sie hatte ihn ſehr geiſtreich gefunden; ſeine fröhliche Laune, ſein unerſchöpflicher Hu- mor und beſonders ſein bedeutendes Talent hat- ten ſie angezogen, und ſie konnte ſich nicht ver- hehlen, daß er ihr vor ihrer Verlobung in einer Weiſe begegnet ſei, die ihr ſeine Neigung hätte verrathen können, wenn ſie damals auf irgend Jemand, außer auf Reinhard, geachtet hätte. Erlau's Liebe zu ihr betrübte ſie, und doch machte es ihr Freude, von ihm um jener Ei- genſchaften willen geliebt zu werden, welche ſie ſelbſt in ſich als eine Quelle poetiſchen Genuſ- ſes ſchätzte, und die Reinhard weniger beach- tete. Sie hatte mit Erlau, wenn man ſo ſa- gen darf, eine mouſſirende Leichtigkeit des Gei- ſtes gemein, die Scherz und Ernſt auf wun- derſame Weiſe zu miſchen und das Leben wie ein fröhliches Spiel zu nehmen begehrt, deſſen ernſte Bedeutung ſie trotz dem wohl verſtand.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/410
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/410>, abgerufen am 02.05.2024.