Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite


Jenny", meinte Therese, "da Du weißt, wie
unangenehm diese Scherze Deinem Bräutigam
sind, der mit Entzücken an seinen künftigen
Aufenthaltsort denkt."

"Ich wollte, sie ginge nach dem entzücken-
den Orte und ließe uns Jenny hier", sagte
Erlau leise zu Steinheim, und: "wer weiß,
wie gern sie das thäte", antwortete dieser
ebenfalls leise, während Therese versicherte,
für sie würde ein ganz eigner Reiz darin lie-
gen, einem Manne sein einziges Glück zu sein.
Je schlechter die Gegend, je weniger lockend
die äußern Verhältnisse, um so theurer müßte
ihm ja sein Haus und seine Frau werden!

"Gott bewahre mich vor solchem Glück!"
rief Jenny und legte den Pinsel fort; "das ist
ja, um mich bei Zeiten an biblische Wendun-
gen zu gewöhnen, der Weib gewordene Egois-
mus. Mein Mann sollte entbehren, damit ich
geliebt würde? Wie kann man so Etwas den-

17**


Jenny“, meinte Thereſe, „da Du weißt, wie
unangenehm dieſe Scherze Deinem Bräutigam
ſind, der mit Entzücken an ſeinen künftigen
Aufenthaltsort denkt.“

„Ich wollte, ſie ginge nach dem entzücken-
den Orte und ließe uns Jenny hier“, ſagte
Erlau leiſe zu Steinheim, und: „wer weiß,
wie gern ſie das thäte“, antwortete dieſer
ebenfalls leiſe, während Thereſe verſicherte,
für ſie würde ein ganz eigner Reiz darin lie-
gen, einem Manne ſein einziges Glück zu ſein.
Je ſchlechter die Gegend, je weniger lockend
die äußern Verhältniſſe, um ſo theurer müßte
ihm ja ſein Haus und ſeine Frau werden!

„Gott bewahre mich vor ſolchem Glück!“
rief Jenny und legte den Pinſel fort; „das iſt
ja, um mich bei Zeiten an bibliſche Wendun-
gen zu gewöhnen, der Weib gewordene Egois-
mus. Mein Mann ſollte entbehren, damit ich
geliebt würde? Wie kann man ſo Etwas den-

17**
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0401" n="393"/><lb/>
Jenny&#x201C;, meinte There&#x017F;e, &#x201E;da Du weißt, wie<lb/>
unangenehm die&#x017F;e Scherze Deinem Bräutigam<lb/>
&#x017F;ind, der mit Entzücken an &#x017F;einen künftigen<lb/>
Aufenthaltsort denkt.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich wollte, &#x017F;ie ginge nach dem entzücken-<lb/>
den Orte und ließe uns Jenny hier&#x201C;, &#x017F;agte<lb/>
Erlau lei&#x017F;e zu Steinheim, und: &#x201E;wer weiß,<lb/>
wie gern &#x017F;ie das thäte&#x201C;, antwortete die&#x017F;er<lb/>
ebenfalls lei&#x017F;e, während There&#x017F;e ver&#x017F;icherte,<lb/>
für &#x017F;ie würde ein ganz eigner Reiz darin lie-<lb/>
gen, einem Manne &#x017F;ein einziges Glück zu &#x017F;ein.<lb/>
Je &#x017F;chlechter die Gegend, je weniger lockend<lb/>
die äußern Verhältni&#x017F;&#x017F;e, um &#x017F;o theurer müßte<lb/>
ihm ja &#x017F;ein Haus und &#x017F;eine Frau werden!</p><lb/>
        <p>&#x201E;Gott bewahre mich vor &#x017F;olchem Glück!&#x201C;<lb/>
rief Jenny und legte den Pin&#x017F;el fort; &#x201E;das i&#x017F;t<lb/>
ja, um mich bei Zeiten an bibli&#x017F;che Wendun-<lb/>
gen zu gewöhnen, der Weib gewordene Egois-<lb/>
mus. Mein Mann &#x017F;ollte entbehren, damit ich<lb/>
geliebt würde? Wie kann man &#x017F;o Etwas den-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">17**</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[393/0401] Jenny“, meinte Thereſe, „da Du weißt, wie unangenehm dieſe Scherze Deinem Bräutigam ſind, der mit Entzücken an ſeinen künftigen Aufenthaltsort denkt.“ „Ich wollte, ſie ginge nach dem entzücken- den Orte und ließe uns Jenny hier“, ſagte Erlau leiſe zu Steinheim, und: „wer weiß, wie gern ſie das thäte“, antwortete dieſer ebenfalls leiſe, während Thereſe verſicherte, für ſie würde ein ganz eigner Reiz darin lie- gen, einem Manne ſein einziges Glück zu ſein. Je ſchlechter die Gegend, je weniger lockend die äußern Verhältniſſe, um ſo theurer müßte ihm ja ſein Haus und ſeine Frau werden! „Gott bewahre mich vor ſolchem Glück!“ rief Jenny und legte den Pinſel fort; „das iſt ja, um mich bei Zeiten an bibliſche Wendun- gen zu gewöhnen, der Weib gewordene Egois- mus. Mein Mann ſollte entbehren, damit ich geliebt würde? Wie kann man ſo Etwas den- 17**

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/401
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/401>, abgerufen am 22.11.2024.