die Nachricht von dem Entschlusse eines ent- fernten alten Verwandten bringe, zu seinen Gunsten eine Pfarrerstelle, die er bis jetzt be- kleidet, niederlegen zu wollen. Fröhlich, wie ihn die Aussicht machte, überhörte er die Be- merkung der Mutter, daß die Pfarre zu Schönfeld, von der eben die Rede war, in einer gar traurigen Gegend liege und glückli- cherweise entging ihm ebenso Jnny's Erbleichen bei seiner Mittheilung.
Heute gerade, wo Reinhard sich zufrieden und mit sich einig fühlte, war Jenny in ent- gegengesetzter Stimmung. Nachdem sie auf dem Wege zur Pfarrerin zum ersten Male an die Entbehrungen gedacht, die sie sich künftig werde auferlegen müssen, erschien ihr Alles, was sie bisher in der Wohnung ihrer Schwiegermutter idyllisch und behaglich gefunden, wie entzau- bert. Die kleine Lampe fand sie düster, die Zimmer eng und beklommen; und in so kleinen
die Nachricht von dem Entſchluſſe eines ent- fernten alten Verwandten bringe, zu ſeinen Gunſten eine Pfarrerſtelle, die er bis jetzt be- kleidet, niederlegen zu wollen. Fröhlich, wie ihn die Ausſicht machte, überhörte er die Be- merkung der Mutter, daß die Pfarre zu Schönfeld, von der eben die Rede war, in einer gar traurigen Gegend liege und glückli- cherweiſe entging ihm ebenſo Jnny's Erbleichen bei ſeiner Mittheilung.
Heute gerade, wo Reinhard ſich zufrieden und mit ſich einig fühlte, war Jenny in ent- gegengeſetzter Stimmung. Nachdem ſie auf dem Wege zur Pfarrerin zum erſten Male an die Entbehrungen gedacht, die ſie ſich künftig werde auferlegen müſſen, erſchien ihr Alles, was ſie bisher in der Wohnung ihrer Schwiegermutter idylliſch und behaglich gefunden, wie entzau- bert. Die kleine Lampe fand ſie düſter, die Zimmer eng und beklommen; und in ſo kleinen
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die Nachricht von dem Entſchluſſe eines ent-
fernten alten Verwandten bringe, zu ſeinen
Gunſten eine Pfarrerſtelle, die er bis jetzt be-
kleidet, niederlegen zu wollen. Fröhlich, wie
ihn die Ausſicht machte, überhörte er die Be-
merkung der Mutter, daß die Pfarre zu
Schönfeld, von der eben die Rede war, in
einer gar traurigen Gegend liege und glückli-
cherweiſe entging ihm ebenſo Jnny's Erbleichen
bei ſeiner Mittheilung.
Heute gerade, wo Reinhard ſich zufrieden
und mit ſich einig fühlte, war Jenny in ent-
gegengeſetzter Stimmung. Nachdem ſie auf dem
Wege zur Pfarrerin zum erſten Male an die
Entbehrungen gedacht, die ſie ſich künftig werde
auferlegen müſſen, erſchien ihr Alles, was ſie
bisher in der Wohnung ihrer Schwiegermutter
idylliſch und behaglich gefunden, wie entzau-
bert. Die kleine Lampe fand ſie düſter, die
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/338>, abgerufen am 22.11.2024.
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