Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

hochgeschätzt, weil sie nicht gefürchtet, ihn je-
mals entbehren zu müssen. Auch wäre das
gar nicht nöthig, wenn Reinhard nicht so
wunderlich wäre, dachte sie weiter. Warum
sollte sie nicht alle diese kleinen Bequemlichkei-
ten auch in ihrem Hause haben können, da
ihr Vater nur zu glücklich sein würde, ihr
Alles zu gewähren? Aber Das gerade wünschte
Reinhard nicht. Das erlaubte sein Stolz ihm
nicht, den er ihr nicht zum Opfer bringen
wollte, während sie Alles opfern mußte: Hei-
mat, Eltern, Freunde und ihre Ueberzeugung,
und es so gern, so bereitwillig that, um des
Geliebten willen. Ertrug sie doch jetzt eben
Furcht und Bangigkeit aus Liebe zu ihm!
Wie ernst strebte sie, den Gedanken der Drei-
einigkeit zu fassen um seinetwillen! Denn sie
selbst konnte glücklich sein auch ohne diese Er-
kenntniß -- aber ohne Reinhard nicht.

Je dunkler es wurde, um so mehr beschleu-

14**

hochgeſchätzt, weil ſie nicht gefürchtet, ihn je-
mals entbehren zu müſſen. Auch wäre das
gar nicht nöthig, wenn Reinhard nicht ſo
wunderlich wäre, dachte ſie weiter. Warum
ſollte ſie nicht alle dieſe kleinen Bequemlichkei-
ten auch in ihrem Hauſe haben können, da
ihr Vater nur zu glücklich ſein würde, ihr
Alles zu gewähren? Aber Das gerade wünſchte
Reinhard nicht. Das erlaubte ſein Stolz ihm
nicht, den er ihr nicht zum Opfer bringen
wollte, während ſie Alles opfern mußte: Hei-
mat, Eltern, Freunde und ihre Ueberzeugung,
und es ſo gern, ſo bereitwillig that, um des
Geliebten willen. Ertrug ſie doch jetzt eben
Furcht und Bangigkeit aus Liebe zu ihm!
Wie ernſt ſtrebte ſie, den Gedanken der Drei-
einigkeit zu faſſen um ſeinetwillen! Denn ſie
ſelbſt konnte glücklich ſein auch ohne dieſe Er-
kenntniß — aber ohne Reinhard nicht.

Je dunkler es wurde, um ſo mehr beſchleu-

14**
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0329" n="321"/>
hochge&#x017F;chätzt, weil &#x017F;ie nicht gefürchtet, ihn je-<lb/>
mals entbehren zu mü&#x017F;&#x017F;en. Auch wäre das<lb/>
gar nicht nöthig, wenn Reinhard nicht &#x017F;o<lb/>
wunderlich wäre, dachte &#x017F;ie weiter. Warum<lb/>
&#x017F;ollte &#x017F;ie nicht alle die&#x017F;e kleinen Bequemlichkei-<lb/>
ten auch in ihrem Hau&#x017F;e haben können, da<lb/>
ihr Vater nur zu glücklich &#x017F;ein würde, ihr<lb/>
Alles zu gewähren? Aber Das gerade wün&#x017F;chte<lb/>
Reinhard nicht. Das erlaubte &#x017F;ein Stolz ihm<lb/>
nicht, den er ihr nicht zum Opfer bringen<lb/>
wollte, während &#x017F;ie Alles opfern mußte: Hei-<lb/>
mat, Eltern, Freunde und ihre Ueberzeugung,<lb/>
und es &#x017F;o gern, &#x017F;o bereitwillig that, um des<lb/>
Geliebten willen. Ertrug &#x017F;ie doch jetzt eben<lb/>
Furcht und Bangigkeit aus Liebe zu ihm!<lb/>
Wie ern&#x017F;t &#x017F;trebte &#x017F;ie, den Gedanken der Drei-<lb/>
einigkeit zu fa&#x017F;&#x017F;en um &#x017F;einetwillen! Denn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t konnte glücklich &#x017F;ein auch ohne die&#x017F;e Er-<lb/>
kenntniß &#x2014; aber ohne Reinhard nicht.</p><lb/>
        <p>Je dunkler es wurde, um &#x017F;o mehr be&#x017F;chleu-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">14**</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0329] hochgeſchätzt, weil ſie nicht gefürchtet, ihn je- mals entbehren zu müſſen. Auch wäre das gar nicht nöthig, wenn Reinhard nicht ſo wunderlich wäre, dachte ſie weiter. Warum ſollte ſie nicht alle dieſe kleinen Bequemlichkei- ten auch in ihrem Hauſe haben können, da ihr Vater nur zu glücklich ſein würde, ihr Alles zu gewähren? Aber Das gerade wünſchte Reinhard nicht. Das erlaubte ſein Stolz ihm nicht, den er ihr nicht zum Opfer bringen wollte, während ſie Alles opfern mußte: Hei- mat, Eltern, Freunde und ihre Ueberzeugung, und es ſo gern, ſo bereitwillig that, um des Geliebten willen. Ertrug ſie doch jetzt eben Furcht und Bangigkeit aus Liebe zu ihm! Wie ernſt ſtrebte ſie, den Gedanken der Drei- einigkeit zu faſſen um ſeinetwillen! Denn ſie ſelbſt konnte glücklich ſein auch ohne dieſe Er- kenntniß — aber ohne Reinhard nicht. Je dunkler es wurde, um ſo mehr beſchleu- 14**

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/329
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/329>, abgerufen am 23.11.2024.