den Erstgebornen. Das Band nun zwischen diesem Gedanken Gottes und Gott ist der hei- lige Geist. Man kann also Gott allein, ohne Jesus und den heiligen Geist denken, nicht aber die letztern ohne Gott -- denn nur in ihm sind sie." --
Als Jenny diese Erklärung vernommen, rief sie freudig: "O! Sie geben mir das Le- ben wieder, indem sie mir sagen, ich dürfe Gott denken, ohne Christus und den heiligen Geist! Das ist mein lieber Gott, den man mich von Kindheit an gelehrt, der uns Alle beschützt. So vermag ich zu glauben."
"Nein, meine liebe Tochter!" wandte der Greis ein, erstaunt über die willkürliche Aus- legung, welche Jenny seinen Worten gegeben. "Nein, Sie täuschen sich selbst! Ich habe Ihnen gesagt, daß wir Gott allein zu denken vermögen, aber es konnte unmöglich meine Ab- sicht sein, Ihnen den Glauben an die Dreifal-
I. 14
den Erſtgebornen. Das Band nun zwiſchen dieſem Gedanken Gottes und Gott iſt der hei- lige Geiſt. Man kann alſo Gott allein, ohne Jeſus und den heiligen Geiſt denken, nicht aber die letztern ohne Gott — denn nur in ihm ſind ſie.“ —
Als Jenny dieſe Erklärung vernommen, rief ſie freudig: „O! Sie geben mir das Le- ben wieder, indem ſie mir ſagen, ich dürfe Gott denken, ohne Chriſtus und den heiligen Geiſt! Das iſt mein lieber Gott, den man mich von Kindheit an gelehrt, der uns Alle beſchützt. So vermag ich zu glauben.“
„Nein, meine liebe Tochter!“ wandte der Greis ein, erſtaunt über die willkürliche Aus- legung, welche Jenny ſeinen Worten gegeben. „Nein, Sie täuſchen ſich ſelbſt! Ich habe Ihnen geſagt, daß wir Gott allein zu denken vermögen, aber es konnte unmöglich meine Ab- ſicht ſein, Ihnen den Glauben an die Dreifal-
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den Erſtgebornen. Das Band nun zwiſchen
dieſem Gedanken Gottes und Gott iſt der hei-
lige Geiſt. Man kann alſo Gott allein, ohne
Jeſus und den heiligen Geiſt denken, nicht
aber die letztern ohne Gott — denn nur in
ihm ſind ſie.“ —
Als Jenny dieſe Erklärung vernommen,
rief ſie freudig: „O! Sie geben mir das Le-
ben wieder, indem ſie mir ſagen, ich dürfe
Gott denken, ohne Chriſtus und den heiligen
Geiſt! Das iſt mein lieber Gott, den man
mich von Kindheit an gelehrt, der uns Alle
beſchützt. So vermag ich zu glauben.“
„Nein, meine liebe Tochter!“ wandte der
Greis ein, erſtaunt über die willkürliche Aus-
legung, welche Jenny ſeinen Worten gegeben.
„Nein, Sie täuſchen ſich ſelbſt! Ich habe
Ihnen geſagt, daß wir Gott allein zu denken
vermögen, aber es konnte unmöglich meine Ab-
ſicht ſein, Ihnen den Glauben an die Dreifal-
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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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