Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

auch das macht mich besorgt. Reinhard ist zu
strenggläubig, um sich den Ansichten einer Jü-
din mit Toleranz hinzugeben."

"Ach, Vater!" rief Eduard dazwischen,
wen das Weib liebt, dem glaubt sie! Jeder
Mann ist seiner Geliebten der Verkünder eines
neuen Glaubens; Liebe ist die Offenbarung, in
der das Weib den Geliebten als den gottge-
sandten Messias erblickt. Wenn Jenny wahr-
haft liebt, wie ich gewiß bin, mag sie glau-
ben, woran sie will! Sie wird glücklich machen
und das ist genug, auch glücklich zu sein."

"Meinst Du?" fragte der Vater -- "Die
Mutter ist nur zu sehr für den Plan einge-
nommen, ihr ist es lieb, daß Jenny Christin
wird, sie schätzt die Pfarrerin und Reinhard
hoch -- und bei Gott! das thue ich auch.
Nur will mich bedünken, als ob Jenny und
Reinhard absolut nicht zusammengehören. Da
Reinhard glücklicherweise noch keine Stellung

auch das macht mich beſorgt. Reinhard iſt zu
ſtrenggläubig, um ſich den Anſichten einer Jü-
din mit Toleranz hinzugeben.“

„Ach, Vater!“ rief Eduard dazwiſchen,
wen das Weib liebt, dem glaubt ſie! Jeder
Mann iſt ſeiner Geliebten der Verkünder eines
neuen Glaubens; Liebe iſt die Offenbarung, in
der das Weib den Geliebten als den gottge-
ſandten Meſſias erblickt. Wenn Jenny wahr-
haft liebt, wie ich gewiß bin, mag ſie glau-
ben, woran ſie will! Sie wird glücklich machen
und das iſt genug, auch glücklich zu ſein.“

„Meinſt Du?“ fragte der Vater — „Die
Mutter iſt nur zu ſehr für den Plan einge-
nommen, ihr iſt es lieb, daß Jenny Chriſtin
wird, ſie ſchätzt die Pfarrerin und Reinhard
hoch — und bei Gott! das thue ich auch.
Nur will mich bedünken, als ob Jenny und
Reinhard abſolut nicht zuſammengehören. Da
Reinhard glücklicherweiſe noch keine Stellung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="238"/>
auch das macht mich be&#x017F;orgt. Reinhard i&#x017F;t zu<lb/>
&#x017F;trenggläubig, um &#x017F;ich den An&#x017F;ichten einer Jü-<lb/>
din mit Toleranz hinzugeben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ach, Vater!&#x201C; rief Eduard dazwi&#x017F;chen,<lb/>
wen das Weib liebt, dem glaubt &#x017F;ie! Jeder<lb/>
Mann i&#x017F;t &#x017F;einer Geliebten der Verkünder eines<lb/>
neuen Glaubens; Liebe i&#x017F;t die Offenbarung, in<lb/>
der das Weib den Geliebten als den gottge-<lb/>
&#x017F;andten Me&#x017F;&#x017F;ias erblickt. Wenn Jenny wahr-<lb/>
haft liebt, wie ich gewiß bin, mag &#x017F;ie glau-<lb/>
ben, woran &#x017F;ie will! Sie wird glücklich machen<lb/>
und das i&#x017F;t genug, auch glücklich zu &#x017F;ein.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein&#x017F;t Du?&#x201C; fragte der Vater &#x2014; &#x201E;Die<lb/>
Mutter i&#x017F;t nur zu &#x017F;ehr für den Plan einge-<lb/>
nommen, ihr i&#x017F;t es lieb, daß Jenny Chri&#x017F;tin<lb/>
wird, &#x017F;ie &#x017F;chätzt die Pfarrerin und Reinhard<lb/>
hoch &#x2014; und bei Gott! das thue ich auch.<lb/>
Nur will mich bedünken, als ob Jenny und<lb/>
Reinhard ab&#x017F;olut nicht zu&#x017F;ammengehören. Da<lb/>
Reinhard glücklicherwei&#x017F;e noch keine Stellung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0250] auch das macht mich beſorgt. Reinhard iſt zu ſtrenggläubig, um ſich den Anſichten einer Jü- din mit Toleranz hinzugeben.“ „Ach, Vater!“ rief Eduard dazwiſchen, wen das Weib liebt, dem glaubt ſie! Jeder Mann iſt ſeiner Geliebten der Verkünder eines neuen Glaubens; Liebe iſt die Offenbarung, in der das Weib den Geliebten als den gottge- ſandten Meſſias erblickt. Wenn Jenny wahr- haft liebt, wie ich gewiß bin, mag ſie glau- ben, woran ſie will! Sie wird glücklich machen und das iſt genug, auch glücklich zu ſein.“ „Meinſt Du?“ fragte der Vater — „Die Mutter iſt nur zu ſehr für den Plan einge- nommen, ihr iſt es lieb, daß Jenny Chriſtin wird, ſie ſchätzt die Pfarrerin und Reinhard hoch — und bei Gott! das thue ich auch. Nur will mich bedünken, als ob Jenny und Reinhard abſolut nicht zuſammengehören. Da Reinhard glücklicherweiſe noch keine Stellung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/250
Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/250>, abgerufen am 25.11.2024.