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Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843.

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lieber Vater! bei der Wahl Deiner Gattin nur
Dein Herz gefragt."

"Das, glücklicherweise", ergänzte der Vater,
"nirgend gegen Bestehendes zu kämpfen hatte.
Doch das gehört nicht hierher. In einer
Stunde, wie diese, müssen kleinliche Rücksich-
ten nicht beachtet werden: ich sage es daher
offen, wir Alle wissen, daß Joseph Jenny liebt;
es war mein fester Wille, mein innigster
Wunsch, sie ihm zur Frau zu geben, und Dich,
Joseph, den ich wie einen Sohn liebe, wirklich
zu meinem Sohne zu machen."

"Jenny hat keine Neigung für mich",
sagte Joseph resignirt, doch sehr bewegt, "und
ihr Glück allein, Onkel, ihr Glück, das mir
unaussprechlich theuer ist, muß hier berücksich-
tigt werden. Sie würde vielleicht mit mir,
wie ich nun einmal bin, auch ohne Rein-
hard's Dazwischentreten niemals glücklich ge-
worden sein!"

lieber Vater! bei der Wahl Deiner Gattin nur
Dein Herz gefragt.“

„Das, glücklicherweiſe“, ergänzte der Vater,
„nirgend gegen Beſtehendes zu kämpfen hatte.
Doch das gehört nicht hierher. In einer
Stunde, wie dieſe, müſſen kleinliche Rückſich-
ten nicht beachtet werden: ich ſage es daher
offen, wir Alle wiſſen, daß Joſeph Jenny liebt;
es war mein feſter Wille, mein innigſter
Wunſch, ſie ihm zur Frau zu geben, und Dich,
Joſeph, den ich wie einen Sohn liebe, wirklich
zu meinem Sohne zu machen.“

„Jenny hat keine Neigung für mich“,
ſagte Joſeph reſignirt, doch ſehr bewegt, „und
ihr Glück allein, Onkel, ihr Glück, das mir
unausſprechlich theuer iſt, muß hier berückſich-
tigt werden. Sie würde vielleicht mit mir,
wie ich nun einmal bin, auch ohne Rein-
hard's Dazwiſchentreten niemals glücklich ge-
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[234/0246] lieber Vater! bei der Wahl Deiner Gattin nur Dein Herz gefragt.“ „Das, glücklicherweiſe“, ergänzte der Vater, „nirgend gegen Beſtehendes zu kämpfen hatte. Doch das gehört nicht hierher. In einer Stunde, wie dieſe, müſſen kleinliche Rückſich- ten nicht beachtet werden: ich ſage es daher offen, wir Alle wiſſen, daß Joſeph Jenny liebt; es war mein feſter Wille, mein innigſter Wunſch, ſie ihm zur Frau zu geben, und Dich, Joſeph, den ich wie einen Sohn liebe, wirklich zu meinem Sohne zu machen.“ „Jenny hat keine Neigung für mich“, ſagte Joſeph reſignirt, doch ſehr bewegt, „und ihr Glück allein, Onkel, ihr Glück, das mir unausſprechlich theuer iſt, muß hier berückſich- tigt werden. Sie würde vielleicht mit mir, wie ich nun einmal bin, auch ohne Rein- hard's Dazwiſchentreten niemals glücklich ge- worden ſein!“

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Zitationshilfe: Lewald, Fanny: Jenny. Bd. 1. Leipzig, 1843, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lewald_jenny01_1843/246>, abgerufen am 24.11.2024.